Mit den Augen eines Kindes
zuerst noch auf dem Koska-Grundstück um», teilte Helga Beske mit.
«Das halte ich für keine gute Idee», sagte ich.
«Warum nicht?», fragte Rudolf Grovian. «Sie waren doch am Sonntag auch da.»
«Da waren die beiden Kerle aber unterwegs», sagte ich. «Die sind mir erst auf dem Rückweg begegnet.»
«Bleib mal lieber weg da, Helga», sagte Rudolf Grovian noch. Zu spät, Helga Beske war bereits ausgestiegen und gab durch, was sie sah. Der düstere Klotz machte denselben verlassenen Eindruck wie sonntags. Alle Rollläden unten, nirgendwo ein roter Golf zu sehen. Aber in dem weißen Nissan meinte sie, braune Flecken auf den Rücksitzen auszumachen.
Und knappe zehn Minuten später meldete der Kollege, der mein Telefon bewachte, Frau Koska habe die Verabredung für den Abend abgesagt. Einen Grund hatte sie nicht genannt.
«Vielleicht hat sie kein Zimmer mehr bekommen», meinte Rudolf Grovian. Daran glaubte er wohl selbst nicht. Es gab ja auch mehr als ein Hotel in Köln.
«Vielleicht hätte Frau Beske sich diese Eigenmächtigkeit verkneifen sollen», hielt ich dagegen.
«Ach was, das kann nichts miteinander zu tun haben. Nur ein Vollidiot quartiert sich mit einer Geisel im Elternhaus einer Komplizin ein, wenn ein fünfjähriger Junge abgehauen ist. Ihr Kleiner hätte ja schon letzten Montag alle Welt rebellisch machen können.»
«Hat er aber nicht», sagte ich. «Vielleicht ist Rex ein Vollidiot. Am Sonntag war er jedenfalls auf dem Weg dahin.»
Nun grinste Rudolf Grovian. «Vielleicht nur, um seine Sachen rauszuholen und sich zu verkrümeln. Wenn Frau Koska ein Verhältnis mit Herrn Godberg hat, und danach sieht mir das aus, Schlafzimmer verkauft man gerne, wenn man der Freundin nicht zumuten will, das Bett der Frau zu benutzen. Vielleicht hat sie die Tracht Prügel deswegen bezogen.»
«Wenn Sie meinen», sagte ich. «Dann kann ich ja gleich nach Hause fahren.»
«Nichts da», erklärte er. «Wer sich mit einem Teufelsweib einlässt, muss dumme Bemerkungen wegstecken können. Legen Sie sich für die nächsten Stunden mal ein dickeres Fell zu, sonst kriegen wir beide ein Problem. Ich kann Leute nicht ab, die sich immer gleich auf den Schlips getreten fühlen. Ich sagte ja, vielleicht. Ebenso gut könnte sich die Absage in einem angekündigten Besuch ihrer Komplizen begründen.»
Binnen weniger Minuten organisierte er den ersten Großeinsatz. Thomas Scholl erhielt die Anweisung, auf jeden Fall vor Ort zu bleiben, um Godbergs Haus und Helga Beske im Auge zu behalten. Damit die tüchtige Helga nicht noch eigenmächtig zur Festnahme schritt, weil sie meinte, nun hätte man alle Täter beisammen, da könne man zufassen. Im Verhör käme schon raus, wo die entführte Frau sei.
Rudolf Grovian trommelte weitere Leute zusammen, die in der Dienststelle oder auf den Straßen nicht unbedingt gebraucht wurden. Vier Kollegen von der Schutzpolizei wurden mit Ferngläsern, Fotoapparaten und mobilen Funkgeräten ausgestattet und angewiesen, ihre Uniformen gegen Zivilkleidung zu tauschen. Zwei von ihnen sollten sich einen Hund organisieren und dem Tier etwas Auslauf verschaffen. Spaziergänger mit Hund waren unverfänglicher als solche, die nur herumliefen und nicht wussten, wohin sie schauen sollten. Die beiden anderen, ein Pärchen, wurden zu Koskas Grundstück abkommandiert, um Liebespaar zu mimen. Er glaubte zwar nicht, dass sich dort jemand aufhielt, aber sicher war sicher. Mich behielt er an seiner Seite wie der Meister den Lehrling.
Eine halbe Stunde später bezogen wir Posten in der Querstraße, in der ich am vergangenen Abend auf Jochen gewartet hatte. Die beiden Kollegen mit Hund tollten bereits mit dem Tier hinter den Gärten vorbei. Dort boten Bäume, Büsche, Zäune und Hecken genügend Deckung, um Funkgeräte, Fotoapparate und Ferngläser unauffällig zum Einsatz zu bringen. Die Rückseite von Godbergs Grundstück hatten sie gut im Blick. Für Thomas Scholl und Helga Beske galt an Kremers Küchenfenster dasselbe für die Vorderfront.
Die Verständigung über Funk war ausgezeichnet, der Eindruck friedlich. Alex Godberg saß im Arbeitszimmer am Computer. Maren lief mit Handy am Ohr im Wohnzimmer herum und machte dabei einen gut gelaunten Eindruck. Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, ging sie zu Alex, unterhielt sich mit ihm. Er lächelte zu ihr auf, als herrsche zwischen ihnen bestes Einvernehmen.
Um sieben begab Alex sich in die Küche, die nicht eingesehen werden konnte. Es war nur ein Stück der Diele zu sehen,
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