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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Tod ihrer Mutter hatte ihr Vater viermal Kautionsgelder in die USA schicken müssen. Da meldeten sich immer irgendwelche Rechtsanwälte, weil sie in Schwierigkeiten war. Sie nahm Männer aus, sollte einige sogar betäubt haben, um sie risikoloser bestehlen und verschwinden zu können.
    Nach dem Tod der Mutter und den vier Monaten in der Heimat war es noch schlimmer geworden mit ihr. An allen Ecken und Enden der Welt trieb sie sich herum. Nirgendwo blieb sie lange. Ein Vermögen hatte sie ihren Vater gekostet, bis sie vor zwei Jahren nach Deutschland zurückkam und in Hamburg zu arbeiten begann. Ihr armer Vater hatte glauben wollen, sie habe sich die Hörner abgestoßen und sei nun zur Vernunft gekommen. Gewartet hatte er, immerzu gewartet, dass sie einmal zu Besuch käme, tat sie aber nicht.
    Im ersten Jahr rief sie nur an, wenn sie Geld brauchte, weil ihre Geschäfte schlecht liefen. Im zweiten Jahr verdiente sie dann entweder genug oder ließ sich aushalten von einem, der genug hatte. Bei jedem Anruf hatte sie ihrem Vater von der großen Liebe vorgeschwärmt. Einem überaus tüchtigen Menschen mit Namen Helmut Odenwald, den sie Papi gerne einmal persönlich vorgestellt hätte. Leider war ihre große Liebe zu beschäftigt für eine Fahrt nach Kerpen. Und alleine kam sie auch nicht.
    Erst als Fred Pavlow sie informierte, dass es mit ihrem Vater zu Ende ginge, ließ sie sich einmal daheim blicken. Wollte sich wohl ansehen, was vom Erbe noch da war. In einem Ferrari war sie vorgefahren und hatte bedauert, dass ihre große Liebe nicht abkömmlich gewesen sei. Aber immerhin stand der Beweis seiner Tüchtigkeit nun vor der Haustür. Die rote Protzkiste sollte Helmut Odenwald gehört haben. Leider war dieser überaus fleißige Mensch dann – laut Maren – nur zwei Tage nach dem Tod des alten Koska mit seinem Ferrari tödlich verunglückt.
    Damit hatte sie ihre Abwesenheit bei der Beerdigung ihres Vaters entschuldigt. Sie müsse sich in Hamburg ebenfalls um ein Begräbnis kümmern, fühle sich nach dem schrecklichen Verlust von gleich zwei lieben Menschen binnen weniger Tage vor Trauer wie gelähmt und wisse gar nicht, wo ihr der Kopf stehe, hatte sie am Telefon verlauten lassen.
    Sie war aber gut genug beisammen, sofort ihre Interessen wahrzunehmen. Die Verwaltung der Mietwohnungen, die bis dahin Fred Pavlows Metier gewesen war, hatte sie umgehend nach Hamburg geholt und ihm sowie zwei weiteren Angestellten gekündigt. Nicht fristlos, wie meine Mutter meinte. Zum ersten März, dann sollte die Firma aufgelöst werden. Bis dahin sollten sie zusehen, den Gebrauchtwagenpark und die noch vorhandenen Baumaschinen zu verkaufen.
    Das war ihnen nicht ganz gelungen. Aber da Maren pünktlich zum ersten März die Schlösser an ihrem Elternhaus austauschen ließ, konnte niemand weiterarbeiten. Die Büroräume befanden sich im Erdgeschoss. Fred Pavlow war bis in den April hinein noch häufig zu seinem früheren Arbeitsplatz gepilgert, um zu sehen, was dort vorging, wer sich dort breit gemacht hatte. Und um Kniefälle zu tun. Er hatte schließlich fast zwanzig Jahre für die Firma Koska gearbeitet und meinte, er hätte das Recht auf eine Abfindung. Aber da war nichts zu machen. Die Woche über konnte er Sturm klingeln, es kam niemand an die Tür. Es brüllte nur manchmal jemand aus dem Innern des Hauses, er solle sich zum Teufel scheren, wenn ihm etwas an seinen Zähnen läge.
    An den Wochenenden hatte Maren ihm zweimal geöffnet, aber nicht mit sich reden lassen. Sie habe nichts zu verschenken, hatte sie einmal gesagt. Und beim zweiten Mal, er habe der Firma genug Schaden zugefügt und solle dankbar sein, dass man ihn nicht verklage.
    Dass er nach dem Tod des alten Koska ein bisschen in die eigene Tasche gewirtschaftet haben könnte, bestritt Fred Pavlow vehement. Vielleicht den einen oder anderen Gebrauchtwagen etwas unter Wert verkauft. Er hatte eben von diesem Geschäft keine Ahnung gehabt und einmal so eine alte Rostlaube, die ohnehin niemand mehr gekauft hätte, an einen armen Schlucker verschenkt.
    Zu dem Fiesling aus Hamburg konnte Fred Pavlow nicht viel sagen, hatte ihn ja meist nur brüllen hören und war nicht einmal sicher, ob dieser widerwärtige Mensch tatsächlich aus Hamburg stammte. Das war nur eine Vermutung, weil sie dort wohnte. Gesehen hatte Fred Pavlow den Widerling nur ein einziges Mal, weit hinten im dämmrigen Hausflur, während er selbst im Sonnenlicht vor der Haustür stand. Da waren bloß die Konturen eines

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