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Mit der Hoelle haette ich leben koennen

Titel: Mit der Hoelle haette ich leben koennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Matijevic
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nicht kleinkriegen zu lassen. Nein, ich würde alles tun, damit es mir eines Tages wieder besser ginge. Damit ich irgendwann wieder so etwas wie Normalität erleben dürfte.
    Als ich bei einem Familienessen mein Leid klagte, schwiegen alle betroffen. Meine Familie unterstützte mich, so gut es ging, aber sie war verunsichert, mehr: mit meiner Situation überfordert, weshalb wir das Thema - mich und meine Krankheit - meist komplett ausklammerten.

    Wenn ich doch einmal zu erklären versuchte, dass es sich in meinem Fall nicht um eine simple Depression handelte, lautete der lapidare Kommentar: »Du brauchst aber auch immer eine Extrawurst.« Und damit war das Thema vom Tisch. Ich nahm ihnen keine Silbe übel, hätte ich doch selbst nicht gewusst, wie ich in ihrer Situation reagiert hätte.
    Irgendwann gab ich es auf, den Menschen um mich herum zu erläutern, was in mir vorging. Sie konnten es nicht nachvollziehen. Entweder deprimierte es sie dermaßen, dass sie gleich den Kontakt zu mir abbrachen. Oder sie waren genervt, weil ich Verabredungen oft kurzfristig absagte, wenn es mir wieder mal nicht gutging, und verloren über kurz oder lang das Interesse an mir. So gingen einige Freundschaften zu Bruch, und auch die Beziehung zu meiner Freundin war nicht stark genug, um dieser hohen emotionalen Belastung standzuhalten.

Kannst du sehen,
was ich sehe?
Spüren, was mein Herz spricht?
Meinen Schmerz empfinden?
Natürlich nicht.
Du bist nicht mein Freund,
du bist meine Geißel.
Sitzt mir im Nacken
und flüsterst mir Niederträchtigkeiten ins Ohr,
während ich versuche,
dir die Daseinsberechtigung zu entziehen.
Vertraut-verhasste Schuld.
    14.
    Inzwischen waren drei Jahre nach der Diagnose »Posttraumatische Belastungsstörung« vergangen, und ich hatte mich mit einer ganzen Reihe von Leuten unterhalten, die meine Problematik weder kannten noch bereit waren, auch nur ein Mindestmaß an Verständnis für mich und meine Situation aufzubringen.
    Eine typische Unterhaltung mit einem Bundeswehrangehörigen unmittelbar nach meiner Rückkehr aus dem Einsatz verlief in etwa so:
    Er: »Seit wann sind Sie wieder zurück?«
    Ich: »Seit ungefähr zwei Monaten.«
    Er: »War es schlimm?«
    Ich: »Ja, war es.«
    Er: »Nun, dann können Sie ja froh sein, dass Sie zurück sind.«
    Danke für das Gespräch!

    Nicht alle Unterhaltungen hatten dieses Niveau, aber kaum eine war für mich wirklich hilfreich. All die hoch qualifizierten Therapeuten redeten lange und ausführlich mit mir und gaben ihr Bestes, daran zweifele ich nicht, doch helfen konnten sie mir nicht.
    Wie erklärt man jemandem den Krieg?
    Wie erklärt man jemandem, wie es sich anfühlt, in den eigenen vier Wänden, hier in Deutschland, zu fürchten, unter Beschuss zu geraten, wenn man auf die Toilette muss?
    Wie erklärt man jemandem, wie viel Mut, Willen, Energie es kostet, Eltern beizubringen, dass ihr Kind tot ist?
    Wie bringt man einem Blinden die Schönheit einer Blume nahe?
    Ganz gewiss will ich niemandem einen Vorwurf machen. Vermutlich entspricht es der Natur des Menschen, Sachverhalte, die er nicht kennt, die ihm fremd oder ungewöhnlich erscheinen, erst einmal abzulehnen.
    In dieser schweren Phase brach der Kontakt zu einem meiner Untergebenen ab, mit dem ich mich nach der Rückkehr aus dem Kosovo ein paarmal getroffen hatte. Er meldete sich nicht mehr, reagierte auch nicht auf meine Nachrichten oder Anrufe.
    Doch vor kurzem sind wir uns zufällig wiederbegegnet - im Internet. Wir haben uns lange per Skype unterhalten. Er ist inzwischen ebenfalls nicht mehr bei der Bundeswehr, unterrichtet an einer Eliteuniversität in den USA. In unserem Internetgespräch erklärte er mir verlegen, dass es ihm irgendwann nicht mehr möglich war, mich weiterhin zu treffen.
    »Der Unterschied zwischen der Daniela im Kosovo und der Daniela, die zurückgekommen ist, war einfach zu groß. Sorry, aber damit konnte ich nicht umgehen«, gestand er.
    »Damals hat es mich schwer getroffen, dass du einfach verschwunden bist«, meinte ich, »Inzwischen kann ich es verstehen.«
    »Ich kann es mir bis heute nicht verzeihen, dass ich die Anzeichen deiner Krankheit nicht ernst genommen habe. Du warst
der härteste Soldat, den ich kannte. So etwas konnte unmöglich dir passieren, dachte ich.«
    »Mich hat das auch total unvorbereitet getroffen.«
    Wie hätte ich ihm sein Verhalten verübeln können? Mir selbst war vollkommen schleierhaft, was mit mir geschehen war. Es war ein Lichtblick, dass

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