Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mit der Hoelle haette ich leben koennen

Titel: Mit der Hoelle haette ich leben koennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Matijevic
Vom Netzwerk:
verständnisvolle Beratung«, erwiderte ich ironisch. »Dann fahre ich eben gleich zum Sozialamt.«
    Doch ehe ich sein Büro verlassen konnte, sagte der Beamte: »Dort müssen Sie einen Termin machen. So einfach geht es ja nun auch wieder nicht!«
    Wutschnaubend riss ich die Tür auf und rannte zum Auto. Unterwegs erinnerte ich mich daran, was einst mein Kommandant zu mir sagte, als ich eine förmliche Anerkennung wegen vorbildlicher Pflichterfüllung bekommen hatte:
    »Deutschland ist froh und stolz, einen Soldaten wie Sie in seinen Diensten zu wissen.«

    Im Warteraum des Sozialamts fühlte ich mich genauso unwohl wie beim Arbeitsamt; es warteten dort auch genauso viele Menschen. Ein Paar trug seine Streitigkeiten lautstark aus. Ein Mann schnäuzte sich mehrfach in seinen Jackenärmel. Eine Frau war gleich mit ihrem kompletten Hausstand erschienen, der offensichtlich in drei große Plastiktüten passte.
    Wo bin ich hier nur gelandet?, fragte ich mich, kam jedoch nicht groß zum Nachdenken, weil ich aufgerufen wurde.
    Hinter großen Brillengläsern hervor musterte mich die dunkelhaarige Dame mittleren Alters skeptisch.
    »Guten Morgen«, sagte sie. »Was kann ich für Sie tun?«
    Ich begann zu erzählen, doch weit kam ich nicht. Bereits nach den ersten Sätzen winkte die Sachbearbeiterin ab und machte mir klar, dass sie nicht für mich zuständig sei.

    »Sie sind gar kein Fall fürs Sozialamt«, belehrte sie mich. »Sie müssen sich an das Versorgungsamt wenden.«
    Ich protestierte: »Aber das Arbeitsamt hat mich zu Ihnen geschickt.«
    »Ach so … Also. So sicher bin ich mir da jetzt auch nicht. Aber sprechen Sie doch mal im Versorgungsamt vor. Die Kollegen werden Ihnen schon weiterhelfen können.«
    Damit schien der Fall für sie erledigt. Sie bedachte mich mit einem Lächeln, das gleichzeitig als Aufforderung zum Verlassen ihres Büros gedacht war.
    Einen Moment lang stand ich wie angewurzelt da. Wenn diese Frau hier schon nicht Bescheid wusste, wie sollte ich dann klar sehen? Natürlich, für sie war ich nur ein Fall von vielen. Mir aber, die ich enorm viel Willenskraft aufbieten musste, um mich zu jedem Schritt und erst recht zu jedem Ämtergang aufzuraffen, kam es vor, als würden mir alle ständig nur Steine in den Weg legen. Und ich hatte nicht die Kraft, die Steine aus dem Weg zu räumen.
    Ich fuhr zum Versorgungsamt. Wieder musste ich warten. Ein mulmiges Gefühl machte sich in meinem Bauch breit. Was, wenn ich hier auch nicht richtig bin?, schoss es mir durch den Kopf. Wo soll ich denn noch überall vorsprechen? Beim Bürgermeister? Oder beim Bundeskanzler?
    Schließlich wurde ich aufgerufen und betrat das mir zugewiesene Büro. Es roch nach abgestandenem Rauch und Schweiß. Mir gegenüber saß eine knapp einen Meter sechzig große, geschätzte hundert Kilo schwere Person mit adrett blond gefärbten und am Ansatz pechschwarzen Haaren.
    Wieder einmal berichtete ich von meiner Lage und schloss mit den Worten: »Ich hoffe, dass ich bei Ihnen endlich an der richtigen Stelle bin, dass Sie mir weiterhelfen können.«
    Da sagte sie: »Ich hab auch schon viele schlimme Dinge erlebt und heule nicht rum. Also reißen Sie sich mal zusammen!«

    Sprachlos saß ich wie erstarrt da und rechnete jeden Moment damit, dass jemand aus dem Schrank sprang und »Überraschung, war doch nur ein Spaß!« schrie - doch nein, die Frau vom Versorgungsamt meinte es ernst.
    Sie sammelte meine Unterlagen ein und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ihre Situation ist so heikel, da wird es vermutlich ein paar Wochen dauern, bis ein Bescheid kommt«, meinte sie lapidar. »Es können aber auch ein paar Monate werden.«
    Ich schnappte nach Luft. »Das geht doch nicht!«, sagte ich entsetzt. »Wie soll ich denn bis dahin meine Miete bezahlen?«
    Da beugte sich die unangenehm nach Nikotin riechende Sachbearbeiterin zu mir herüber und sagte: »Herzchen, niemand hat Sie gezwungen, zum Bund zu gehen. Seien Sie froh, wenn wir überhaupt irgendetwas anerkennen.«
    Mir traten Tränen in die Augen, dabei konnte ich seit meiner Rückkehr aus dem Kosovo kaum noch weinen. Doch waren es keine Tränen der Trauer, es waren Tränen der Wut. Bodenloser Wut.
    Jemanden wie dich müsste man mal achtundvierzig Stunden in den Einsatz schicken! Gern hätte ich diese unverschämte Person höchstpersönlich bis nach Prizren geprügelt.
    Ich sprang auf und sah zu, dass ich aus dem muffigen Büro kam, ehe ich mich vergaß. Das Letzte, was ich in meiner

Weitere Kostenlose Bücher