Mit der Liebe spielt man nicht
musterte Ariana mit einer Mischung aus Neugierde und Skepsis. Auch er trug eine Brille. Doch im Vergleich zu Arianas modischer Fassung bestand die seine aus einem schlichten schwarzen Rahmen, der das warme Braun seiner Augen hervorhob und ausgezeichnet zu seinem tiefschwarzen Haar passte.
Ariana spürte, wie sie unter dem prüfenden Blick verlegen wurde. Hatte sie den Mann beleidigt? Sie wandte sich an ihren Bruder, der mit seinen achtundzwanzig Jahren zwei Jahre jünger war als sie und sie trotzdem gerne wie eine kleine Schwester behandelte.
„Ich habe ihn doch gar nicht beleidigt, Dennis“, verteidigte sie sich. „Ich habe lediglich gesagt, dass ein gewöhnlicher Zauberer ja wohl kaum viel verdienen kann. Er lebt wahrscheinlich von der Hand in den Mund, habe ich recht?“
„Einen Mann zu fragen, warum er nicht einen ganz normalen Beruf mit einem regelmäßigen Einkommen ausübt, wird oft als Beleidigung aufgefasst“, gab Dennis trocken zurück.
„Besonders, wenn dieser Mann in meinem Alter ist“, fügte Lucian hinzu. „Ich bin fast vierzig, und da ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass ich mein Leben noch einmal grundlegend ändern werde. Ich werde wohl das bleiben, was ich bin.“ Herausfordernd sah er Ariana an - und sie war sich dessen nur allzu bewusst.
„Sei vernünftig, Ariana“, ermahnte Dennis seine Schwester und zwinkerte ihr scherzhaft zu. „Du bist doch heute Abend nicht zu meiner Party gekommen, um nach einem zukünftigen Ehemann Ausschau zu halten, oder? Du bist hier, um einen Magier um Hilfe zu bitten.“
„Nun, vor Ihnen steht ein Magier, der Ihnen vielleicht helfen wird“, sagte Lucian und verbeugte sich leicht.
„Vielleicht?“ Ariana fuhr herum. „Wie meinen Sie das? Sind Sie nun an diesem Job interessiert oder nicht?“
„Zuerst einmal bin ich daran interessiert zu erfahren, worum es eigentlich geht“, erwiderte Lucian ruhig. „Wie wäre es, wenn Dennis sich wieder um seine anderen Gäste kümmert und wir beide uns ein stilles Plätzchen suchen, um die Angelegenheit in Ruhe zu besprechen?“ Er nahm Arianas Arm und nickte Dennis schmunzelnd zu. „Keine Angst, Dennis. Ich rufe um Hilfe, wenn ich mit ihren Beleidigungen nicht mehr allein fertig werde.“
„Moment mal!“, rief Ariana empört.
„In Ordnung, wir sehen uns dann später“, meinte Dennis, ohne auf ihren Einspruch zu achten. „Versucht es doch mal in meinem Arbeitszimmer. Dort müsste es eigentlich ziemlich ruhig sein. Sei nett zu ihm, Ariana“, riet er seiner Schwester. „Du brauchst ihn für das, was du vorhast. Und außerdem hat er recht. Es ist im Allgemeinen nicht sehr klug, Zauberer zu beleidigen.“
Bevor Ariana etwas erwidern konnte, hatte ihr Bruder sich schon wieder unter seine Gäste gemischt. Auf Dennis’ Partys gab es immer eine Menge interessanter, exzentrischer und manchmal auch etwas seltsamer Leute. Er bat sie zu sich ohne jede Rücksicht auf sozialen Status oder finanzielle Situation. Die einzige Voraussetzung, um auf Dennis’ Partys eingeladen zu werden, bestand darin, interessant zu sein. Dennis war von Beruf Erfinder und der festen Meinung, dass er diese Abende brauchte, um sich inspirieren zu lassen.
Ariana musste daran denken, dass er letztes Jahr versucht hatte, auch das Finanzamt davon zu überzeugen. Aber die Behörde hatte sich geweigert, seinen Vorschlag, diese Partys als Geschäftsausgaben von der Steuer abzusetzen, zu akzeptieren. Und wie immer, wenn es um finanzielle Probleme ging, wurde Ariana zu Hilfe gerufen. Sie hatte dann auch einen Weg gefunden, um beide Seiten zufriedenzustellen.
Ariana fing an, sich über die Art, mit der Lucian sie durch die Menge der Partygäste führte, zu ärgern. Er hielt ihren Arm so fest, dass sie sich völlig wehrlos fühlte.
„Ich glaube, ich schaffe es auch allein bis ins Arbeitszimmer“, sagte sie trocken und versuchte vergeblich, sich aus seinem Griff zu lösen. „Würden Sie so freundlich sein und mich loslassen? Sie zerdrücken mir ja den Arm!“
„Tut mir leid. Ich wollte lediglich verhindern, dass Sie mir in dieser Masse von Leuten verloren gehen.“
„Es ist ja wohl höchst unwahrscheinlich, dass ich zwischen Wohn- und Arbeitszimmer plötzlich verschwinde, oder?“, fragte Ariana bissig.
„Ein guter Zauberer kann Sie innerhalb von zwei Sekunden verschwinden lassen“, erwiderte Lucian trocken. „Aber solange ich Sie festhalte, sind Sie in Sicherheit.“
„Vielen Dank“, meinte Ariana spitz. „Sind denn noch
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