Mit der Zeit
wirkte, ein hinterhältiger, mörderischer, skrupelloser Dreckskerl sein konnte, der die Absicht hatte, ihn bei der nächstbesten günstigen Gelegenheit umlegen zu lassen. Selbst die sicherheitsbewußte Simone hatte eine Zeitlang gezögert, an diese Möglichkeit zu glauben. Vielleicht hatten sie gerade deshalb, weil es so leicht war, ihn zu verachten, vergessen, wie gefährlich die Verrückten und Bösen sein können. Vielleicht hatte Schelm den springenden Punkt angesprochen, als er gesagt hatte, länger anhaltende Kontakte mit der arabischen Welt könnten bei Leuten, die aus dem Westen kommen, oft zu bizarren Denkgewohnheiten führen. Und es konnte auch sein, daß ich als der Außenstehende, der zufällig aus bloßer Unkenntnis der Fakten auf die Wahrheit gestoßen war, mir nicht einbilden durfte, ich hätte logisch gedacht und als einziger das Naheliegende erkannt.
Als wir auf den Herrscher zugingen, würdigte er Zander keines Blickes. Zu mir sagte er: »Ich heiße Sie, Mr. Halliday, in der berühmten Petrucher-Mine willkommen.« Der Akzent war britisch, die Stimmlage ein heller Tenor.
Es gelang mir, die erforderliche Verbeugung zuwege zu bringen, ohne zu übertreiben. Im Schatten des Herrschers schnalzte ein kleiner schwarzgekleideter Mann – das mußte der Finanzberater sein – leise mit den Fingern, und herein kam ein dienstfreier Leibwächter mit einem zweistöckigen Silbertablett, das an feinen Ketten hing. Auf beiden Ebenen des Tabletts standen kleine Tassen mit Minztee. Der Herrscher nahm in einem Sessel mit hoher Lehne am Kopfende eines langen Tisches Platz und gab mit einer Geste zu verstehen, daß wir anderen uns auch setzen sollten. Als wir alle am Tisch Platz genommen hatten und der Tee serviert worden war, nickte mir der Herrscher kühl zu.
»Nun, Mr. Halliday«, sagte er, »werden wir uns Ihre Bitte anhören.«
Wovon zum Teufel redete er denn da? Was für eine Bitte? Mein Blick ging hilfesuchend zu Zander, aber der starrte respektvoll auf den gedachten Heiligenschein über dem Kopf des Herrschers. Offensichtlich stellte man mich auf die Probe, vielleicht um zu sehen, ob ich geistige Purzelbäume schlagen konnte, ohne auf die Nase zu fallen. Also gab ich mir Mühe und dachte an das, was mir Simone über Zeremoniell und Ernsthaftigkeit gesagt hatte.
»Was ich zu sagen habe, Eure Hoheit, ist seinem Wesen nach eher ein Vorschlag als eine Bitte. Wie der Erste Sekretär Ihnen eben in Erinnerung gerufen hat, haben Sie schon vor Monaten die Anweisung gegeben, mich zu verpflichten. Der Gedanke, daß meine Dienste hier gebraucht werden könnten, ging Eurer Hoheit sicherlich schon zu dem Zeitpunkt durch den Kopf. Meine Vermutung oder Deutung ist, daß Sie in Ihrer weitsichtigen Art die politischen Schwierigkeiten voraussahen, die Ihre Entscheidung, hier für Ihrer Untertanen Gesundheit und Wohlergehen eine Klinik zu bauen, möglicherweise auslösen würde. Ein Fernsehinterview, in dem die Absurdität der Schwierigkeiten aufgezeigt wird, die man Ihnen hier in den Weg legt, ein kurzer Film, den Public-Service-Fernsehanstalten in Amerika und den Fernsehgesellschaften der Nachbarn Österreichs kostenlos zur Verfügung gestellt, würde gewaltige Auswirkungen haben. Sie würden den Markt der Meinungsmacher hier beherrschen. «
»Beherrschen? Wie?«
»Die österreichische Öffentlichkeit verfolgt nicht nur das österreichische, sondern ebensosehr das deutsche und das deutschsprachige Schweizer Fernsehen. Der ORF würde es nicht wagen, Ihrem Interview eine gute Sendezeit zu verweigern oder die Teile herauszuschneiden, die ihnen mißfallen. Und falls Sie der Meinung sein sollten, das amerikanische Publikum sei nicht an österreichischen Kliniken interessiert, möchte ich – mit Ihrer Erlaubnis – Eurer Hoheit Aufmerksamkeit auf einen Faktor in dieser Gleichung lenken, den Ihre Bescheidenheit Sie möglicherweise nicht hat sehen lassen. Der Arabische Golf ist heute von einzigartiger Bedeutung für die Welt. Doch wer ist draußen als Sprecher für die Golfstaaten zu sehen und zu hören? Leise und pro-westliche Saudis, die von Cliquen innerhalb der OPEC benannt werden. Wann, so müssen sich die Leute fragen, bekommen wir endlich einen Mann zu hören, der mit unabhängiger Stimme spricht? Was sind das eigentlich für Männer, die in diesen fernen Wüstenländern regieren? Zeit, daß Sie sich sehen und hören lassen, Eure Hoheit.«
Er schwieg, und schon glaubte ich, ich hätte zu dick aufgetragen. Schließlich war
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