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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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nicht, was das alles soll«, sagte er. »Als wir uns in Velden weisungsgemäß melden, warten dort ein Lotse und ein Typ namens Rainer auf uns. Rainer ist vom österreichischen Fernsehen und wird den Film entwickeln. Aber nicht er bezahlt uns. Und auch New York bezahlt uns nicht. Eine Bank in München bezahlt uns, und zwar bar. Läuft das bei Ihnen genau so?«
    »Nein, ich werde von der Syncom-Sentinel bezahlt, per Scheck.«
    »Dann habe ich wohl die besseren Bedingungen.«
    »Da mögen Sie recht haben. Im Augenblick bleibt uns allerdings wenig Zeit, um über Vertragsbedingungen zu reden. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich ganz gerne klären, ob wir dieses Interview unten in der Mine drehen können, an einem Ort, den sie den oberen Stollen nennen. Ich glaube, es könnte dort zu viele Probleme geben, aber Sie sollten es sich erst ansehen, bevor wir nach Alternativen suchen.«
    »Probleme welcher Art?«
    »Hauptsächlich tropfendes Wasser und Echo, aber das ist möglicherweise nicht alles. Einen Netzanschluß gibt es jedenfalls dort unten.«
    Der Kameramann brummte. »Aber kommt man an den Strom auch ran? Wo doch überall das Wasser runtertropft, meine ich. In feuchten Bergwerken ist in der Regel alles, was mit Hochspannung zu tun hat, völlig unzugänglich, damit sich nicht irgendwelche Narren umbringen, wenn sie Dinge tun, die sie nicht tun sollten.«
    Der Erste Sekretär mischte sich ein, um ihn zu beruhigen. »Es gibt besonders abgeschirmte Steckdosen in dem Stollen. Sie werden für die Heizgeräte gebraucht, mit denen Seine Hoheit gelegentlich Hände und Füße wärmt. Sicher würden ihn statt dessen Ihre Scheinwerfer ausreichend wärmen.«
    »Gehen wir doch einfach runter und sehen es uns an«, sagte ich. »Dann können wir so oder so entscheiden.«
    Die Treppen zum oberen Stollen hinunterzugehen, war zwar interessant, aber unangenehm. Die interessanten Aspekte lieferten die Kalksteinwände mit ihren seltsamen Formen. Manchmal waren in den Wänden auch merkwürdige Löcher zu sehen. Sie waren glatt und schräg, wie Rutschbahnen. Nach Auskunft des Ersten Sekretärs hatten die Bergarbeiter sie einst als Kriechlöcher benutzt, um auch noch die letzten Reste des silberhaltigen Erzes herauszukratzen, die zu den Brechwerken transportiert werden konnten. Diese Brechwerke hatten auf der anderen Seite des Tales gestanden. Das war der Grund, weshalb keine Schlackenhaufen zurückgeblieben waren. Petrucher hatte all das niedergeschrieben. Wir sollten es lesen. Unangenehm war der Abstieg wegen der Feuchtigkeit, der Kälte und des Morasts. Mir ging durch den Kopf, daß der Doktorfreund des Generals in Brüssel recht gehabt hatte. Wenn das alles hier gegen Bronchitis und Asthma half, dann half auch die österreichische Verkehrspolizei für hohen Blutdruck.
    Klüvers’ dichter Haarschopf war makellos sauber, und es gefiel ihm gar nicht, daß schmutziges Wasser auf ihn herabtropfte. Während wir die dritte Treppe hinunterklapperten, brummte er, das sei alles lächerlich, aber er ging weiter. Auf der fünften Treppe konnten wir dann einen ersten Blick auf den oberen Stollen werfen.
    Der beleuchtete Teil war ein etwa zwanzig Meter langer und vier Meter breiter Raum. Er hatte – hinter einem Eisengitter am Fuß der Treppe – einen Hartholzboden, der aus einzelnen Abschnitten bestand und auf Stahlträgern ruhte. Erstaunlicherweise war der Boden ganz trocken. Als wir hinkamen, konnten wir sehen, warum. Unter dem Felsengewölbe des Stollens war eine leicht gekrümmte falsche Decke eingezogen worden, die aus einem gerippten Plastikmaterial bestand. Das ganze Tropfwasser in dem Stollen wurde in Abflußrinnen gesammelt, die an den Seiten angebracht waren. In der Mitte dieses Raumes standen vier klinisch wirkende Liegestühle. Einer von ihnen war größer als die anderen und war offensichtlich dem Herrscher vorbehalten. Wichtiger war für uns im Augenblick die Tatsache, daß unter dieser Plastik-Zwischendecke das Echo sehr viel geringer war.
    »Vom Ton her wäre das hier gar nicht schlecht«, sagte Klüvers.
    »Das Tropfen ist trotzdem zu hören«, sagte der Tontechniker. »Das ist hier überall. Wir sind doch nicht sehr tief. Wo kommt bloß das Wasser her?«
    »Es ist der Schnee vom letzten Winter, von den Bergen herunter«, erklärte der Erste Sekretär. »Es dauert viele Wochen, bis er schmilzt und hierher durchsickert. In zwei Monaten wird es schon viel trockener sein.«
    Der Kameramann überprüfte die Steckdosen. »Die

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