Mit der Zeit
Freund. Gehen Sie zu ihm und geben Sie ihm den Film, den er haben will, und danken Sie ihm für seine tüchtige Hilfe. Sagen Sie ihm, wir können jetzt selber auf uns aufpassen.«
» Können wir denn selber auf uns aufpassen? Ich sehe nicht, daß sich etwas geändert hätte. Nach wie vor sitzt uns ein Rasmuk-Kommando im Genick. Was Sie da über Raoul Bourger als halbwüchsigen Killer erzählt haben, klang nicht so, als sei er der Typ, der mit den Jahren weicher wird. Hat die Tatsache, daß Sie ihn einmal kannten, zu einem Sinneswandel bei Ihnen geführt? Sieht es jetzt vielleicht doch so aus, als ob Sie mit denen handeln und sich frei kaufen könnten?«
Es gefiel ihm immer noch nicht, daß ich ihm so respektlos direkte Fragen stellte. »Das Mukhabarat-Zentrum kann in seinen Kommandos mit weichen Leuten nichts anfangen, Mr. Halliday«, sagte er. »Überlassen Sie meinen Job am besten mir. Ihr Job ist es, Ihren Fernsehfreund da draußen glatt und ohne Aufhebens loszuwerden. Ich möchte mich hier von ihm trennen. In Ordnung? Lassen Sie sich Zeit. Keine Eile. Aber werden Sie ihn los.«
»Ganz wie Sie meinen, Patron.«
Ich nahm das Filmpäckchen aus dem Handschuhfach und stieg aus. Selbst aus acht bis zehn Metern Entfernung konnte ich sehen, daß Rainer wegen des Halts, den wir unerwartet eingelegt hatten, mit tiefem Argwohn auf mich wartete. Erst noch am Vormittag hatte ich ihn um eine Eskorte bis unmittelbar an die Grenze bei Thörl gebeten. Und nun, wo wir fast dort wagen, hielt ich plötzlich an. Um nachzutanken? Nein. Ich war eben erst an zwei Tankstellen vorbeigefahren. War es eine Kaffeepause? Eine letzte Tasse des echten österreichischen Gebräus mit Sahne? Absurd. Nein, die einzige Erklärung war, daß ich auf irgendeine hinterlistige Art und aus irgendwelchen gemeinen, unerfindlichen Gründen versuchen wollte, unsere Abmachungen zu brechen. Oder vielleicht hatte ich es nicht geschafft, auch nur einen Meter Film zu belichten, und hatte den peinlichen Augenblick hinausgezögert, in dem ich es zugeben mußte. Nun, wie immer die schlechte Nachricht aussehen mochte, er war jedenfalls nicht bereit, mich so leicht davonkommen zu lassen.
»Wo ist denn diese internationale Sicherheitstruppe, von der Sie mir wunder was erzählt haben?« fragte er, als ich auf ihn zuging. »Ich habe nur diesen Citroën da hinten gesehen, der kurz nach Judenburg unsere Verfolgung aufnahm. Weshalb haben wir angehalten? Die scheinen mir reichlich harmlos.«
»Deshalb haben wir ja angehalten. Ich möchte nicht, daß Sie noch mehr Zeit damit vergeuden, uns abzuschirmen. Wie sich herausstellte, war es das Wachpersonal an der Mine, das uns die größten Schwierigkeiten machte. Die versuchten, den Film zu konfiszieren.«
»Hatten sie Erfolg?«
Ich gab ihm das Päckchen. »Das können Sie selber beantworten, wenn Sie diese Rolle hier entwickelt haben. Es ist Seine Hoheit vor der Kamera, und er erzählt Ihnen die ganze Geschichte. Ich glaube, es wird Ihnen gefallen. Ich habe Ihren Rat befolgt.«
»In bezug auf die zu stellenden Fragen?«
»Nein. Ich hatte meine eigenen Fragen. Ich meinte Ihren Rat, meine Rolle vor dem Interview nicht zu proben. Das hat sich bewährt, glaube ich. Ich hörte zu, er redete. Das Resultat war einigermaßen überraschend. Aber es ist ohnehin alles auf diesem Film, jedenfalls alles, was für Sie von Bedeutung ist. Haben Sie mit New York gesprochen?«
»Ja, das ist alles abgeklärt. Was meinen Sie mit ›alles was von Bedeutung ist‹? Gibt es noch mehr?«
»Überleitungen, Nachgestelltes, Hintergrundaufnahmen vom Stollen. Das kann ich Ihnen leider nicht geben. Bedaure.«
»Man hat es Ihnen abgenommen?«
»Sie haben mir zwei Rollen abgenommen. Ich mußte ihnen ja irgendwas geben. Was Sie da in der Hand haben, ist das, was Sie wollten, und einiges mehr. Es sind vielleicht die besten Passagen. Je früher es ins Labor kommt, desto besser, und ich würde Ihnen raten, keine Zeit zu verlieren. Die werden Ihnen mit Sicherheit die Anwälte auf den Hals hetzen. Keine Frage. Wenn Sie es aber sofort ausstrahlen, müssen die sich etwas anderes einfallen lassen. Er hat selber dafür gesorgt, daß er in dieser Sache keine Chance mehr hat. Ich habe ihm keine einzige Frage gestellt, gegen die ein Rechtsanwalt das geringste einwenden könnte.«
Er hatte die äußere Verpackung aufgemacht. Nun faßte er einen Entschluß. Er sagte sich, zutreffend, daß ich einigermaßen ehrlich zu ihm war. Drum konnte er auch zu mir
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