Mit der Zeit
müssen Sie alles sagen und Namen nennen.«
Er starrte mich einen Augenblick lang an, griff dann nach der Sprechanlage auf seinem Schreibtisch, schaltete sie ein und redete. Das einzige Wort, das ich dabei verstand, war »Sandwiches«. Als er die Anlage wieder ausgeschaltet hatte, fiel sein Blick auf mein halbleeres Glas, dann schob er sein eigenes zur Seite. Einige weitere Sekunden vergingen, ehe ihm endlich klar war, wie er am besten antwortete.
Er redete so, als werde seine Aussage protokolliert. »Mr. Halliday, eben weil ich bereit bin, alles zu sagen und Namen zu nennen –«, er streckte wieder die Hände aus, als seien sie frisch geschrubbt, » und weil das bekanntgeworden ist , wollen mich meine Feinde umbringen.«
»Mit anderen Worten, Doktor, Sie sind bereit, deren Namen zu nennen, nicht aber Ihren eigenen. Gehe ich recht in der Annahme, daß Ihr Problem auch das der Selbstbeschuldigung ist?«
Wieder entstand eine Pause, bis er bereit war, seinen Eiertanz fortzusetzen. Der melancholische Anflug, den er in sein einfältiges Lächeln zauberte, war eindrucksvoll. »Mr. Halliday, selbst das wenige, die unwesentlichen Fakten, die Sie in Amerika über mich erfahren konnten, haben Ihnen doch sicher klargemacht, daß ich umsichtig sein muß.« Die ausgestreckten Hände sanken langsam. »Mein Platz«, sagte er, »ist im Schatten.«
»Dann gehen wir doch mal von einer strikt kommerziellen Basis aus. Wessen Bild sehen wir denn auf dem Buchumschlag? Bei wem findet unser Verleger Trost und Beistand, wenn seine Anwälte ihm klarmachen, daß mit dem Alles-Sagen und mit dem Namen-Nennen eine ganze Menge gerichtlich verfolgbares Material verbunden ist? Und wenn er sich auf Wahrnehmung berechtigter Interessen beruft, wer unterstützt ihn dann mit eidlichen Aussagen?«
Sofort hellte sich seine Miene auf. »So laß ich es mir gefallen, Mr. Halliday. Handfeste Argumente, wie? Nun, lassen Sie mich folgendes sagen: erstens werden diejenigen, die genannt werden, nicht wagen, aus ihren Löchern zu kriechen. Und zweitens meine ich, wenn sich unser Verleger von seinen eigenen Anwälten Angst machen läßt, dann sollten wir uns nach einem anderen umsehen. Gibt es nicht auch andere Verleger, mit besseren Nerven?«
»Mr. Zander, es gibt immer andere Verleger, aber …«
»Gut. So, hier ist etwas zu essen.«
Chihani hatte auf einer Platte einige Brötchen hereingebracht, die mit Salami belegt zu sein schienen. Ich verzichtete darauf, erhob aber keinen Einspruch, als Zander sie anwies, mein Glas wieder zu füllen. Ich hatte mehr als einen üblen Geschmack im Mund, und dagegen hätte ein weiterer starker Drink wahrscheinlich geholfen. Ich dachte mir auch, die Beschäftigung mit dem Drink könnte ihre Aufmerksamkeit von mir ablenken, während ich versuchte, zu einer Entscheidung zu kommen. Sollte ich etwas sagen, das die ganze Sache auf der Stelle platzen lassen würde, oder sollte ich warten und Pacioli Bescheid sagen, damit er meinen Ausstieg auf seine Weise handhaben konnte?
Aber Zander gab mir keine Gelegenheit, irgend etwas zu entscheiden. Während er anfing, geräuschvoll ein Sandwich zu essen, machte er eine überraschende Aussage. »Mr. Halliday«, sagte er, »hat einen klugen Vorschlag gemacht.«
»Er ist ein kluger Mensch.« Sie sagte es fast so, als meine sie das wirklich.
»Ja, das ist er in der Tat. Er hat vorgeschlagen, daß wir alle Entscheidungen über die Veröffentlichung des Buches zurückstellen, bis unsere Arbeit getan und das Manuskript vollständig ist. Das ist eine sehr professionelle Einstellung, finde ich.«
»Ausgezeichnet.« Sie stellte sein aufgefülltes Glas vor ihn hin und drehte sich um, um auch mir nachzugießen. Ich fragte mich, warum sie wohl plötzlich so entspannt wirkte.
Zander biß wieder in sein Sandwich. »Wie haben Sie sich den Arbeitsplan vorgestellt, Mr. Halliday?«
»Es ist naheliegend, daß ich als erstes die Aufzeichnungen von Netschajew lesen muß. Wenn sie die Grundlage unserer Arbeit sein sollen, kann ich mich nicht früh genug damit vertraut machen. Und was ist mit Ihrer eigenen Vorarbeit, Doktor? Damit sollte ich mich auch befassen.«
Er gab vor, über den Vorschlag nachzudenken, ehe er den Kopf schüttelte. »Mr. Halliday, ich glaube, es ist besser, wenn wir erst später zu meiner Arbeit kommen. Es sind hauptsächlich Notizen, und sie sind nicht geordnet. Wir fangen besser mit dem Anfang an.«
Ich habe von trägen oder faulen Kunden schon sehr viele Variationen dieses
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