Mit der Zeit
Sie scheint mit den technischen Problemen vertraut, die sich ergeben, wenn Patienten, denen eine Spritze verpaßt werden soll, kein Vertrauen zum Onkel Doktor haben. Wenn sie allerdings als Krankenschwester gearbeitet hat, dann in der Sorte von Klinik, um die ich hoffentlich immer einen Bogen machen werde. Ein bißchen paranoid kam sie mir schon vor. Sie machte dunkle Andeutungen von mysteriösen Feinden, die ihr Leben bedrohen, Mr. Pike. Was soll denn das alles bedeuten?«
»Ich wundere mich über Sie.« Er nippte an seinem Drink. »Es mögen Fehler gemacht worden sein, das habe ich zugegeben. Aber Sie können doch nicht in so kurzer Zeit die Informationen vergessen haben, die Ihnen Mr. McGuire in New York gegeben hat. Es muß Ihnen doch klar sein, daß jedes Buch, das die internen Strukturen der terroristischen Internationale aufzeigt, für diese kriminellen Verschwörer eine große Bedrohung darstellt. Die werden alles tun, um zu verhindern, daß es geschrieben wird. Und gibt es da einen besseren Weg, als seine Autoren umzubringen?«
»Einer der angeblichen Autoren ist bereits tot. Woher sollen sie wissen, daß das Buch geschrieben wird? Ich bin sicher, Sie würden es ihnen nicht sagen.«
Die Augen blitzten mich an. »Mit dem ›angeblichen Autor ‹ meinen Sie Netschajew?«
»Natürlich, Mr. Pike.«
»An dem Netschajew-Manuskript ist nichts ›angeblich‹. Seine Existenz ist eine weithin bekannte Tatsache, und seine Bedeutung steht außer Frage. Die volle und endgültige Beglaubigung seiner Echtheit wird in allernächster Zukunft vorliegen. Hat Ihnen das Pacioli nicht gesagt? Ich habe die englische Übersetzung hier zu Ihrer Verfügung. Und dann, nennen Sie mich bitte nicht Mr. Pike. So heiße ich nicht.«
»Als ich Sie fragte, wie Sie von mir genannt werden wollen, waren Sie gekränkt.«
»Weil die Art und Weise, wie Sie fragten, kränkend war.«
»Also dann, in aller Höflichkeit: Wie soll ich Sie anreden?«
»Sie könnten mich als Doktor anreden, oder als Zander.«
»Also gut, Doktor, dann soll es Zander sein. Aber Sie müssen auch meine Probleme sehen. Ihren Brief auf der Ansichtskarte von Bagdad unterschrieben Sie beispielsweise mit Karlis Zander.«
»Das war zu Ihrer Hilfe gedacht, Mr. Halliday. Damit konnten Sie mich ein wenig überprüfen, Spuren verfolgen.«
»Das verstehe ich. So war zum Beispiel die Firma Zander Pharmaceuticals in Miami eingetragen, und dort wurde auch das Päckchen mit der Bombe aufgegeben. Interessant. Aber welcher Ihrer Namen wird eigentlich in dem Buch stehen? Das muß doch wohl Luccio sein?«
»Aber nein.«
»Was geschieht dann mit der Geschichte, die mir McGuire zu dem Manuskript erzählt hat, daß Luccio es nämlich geerbt habe, weil er Netschajews Urenkel sei? War das auch nur erträumt, zur Hilfe für mich? Und jetzt vergessen wir es einfach wieder?«
»Aber nein, ganz gewiß nicht.« Die Augen waren nun zusammengekniffen und machten aus dem einfältigen fast ein gehässiges Lächeln. »Der Teil Ihrer Unterweisung durch Mr. McGuire sollte als wahr angesehen werden.«
»Was meinen Sie mit ›als wahr angesehen‹? Daß es wahr ist oder daß wir nach Ihrer Vorstellung so tun sollen, als sei es wahr, einfach so zum Jux und weil es mich vielleicht freundlicher stimmen könnte?«
»Lassen Sie uns für den Augenblick einfach sagen, daß das Manuskript einem Nachkommen Netschajews zugefallen ist und daß ich es von ihm gekauft habe.«
»Und das Recht zur Veröffentlichung? Haben Sie das auch gekauft?«
»Ja, ja gewiß.«
»Dann könnten Sie tatsächlich Ihren Kommentar als der Entdecker und rechtmäßige Besitzer dieser lange verschollenen und historisch bedeutsamen Papiere schreiben. Na also, das ist doch schon mal was. Versuchen wir darauf aufzubauen. Sie stellen mich zum Redigieren des Buches ein. Und wenn Sie nun Ihren wirklichen Namen in dem Buch angeben? Nein, Mr. Zander, lassen Sie mich ausreden. Laut McGuire hoffen Sie, mit diesem Buch auf Regierungen und ihre Politik Einfluß zu nehmen. Sie schielen nicht nach den Bestsellerlisten. Sie wollen ernst genommen werden. Richtig? Ich muß Ihnen sagen, wenn Sie sich bei einem solchen Thema hinter einem Pseudonym verschanzen, ruinieren Sie damit alle Chancen, daß es zu dem Erfolg wird, den Sie sich wünschen. Wenn Sie zum Thema des organisierten internationalen Terrorismus auch nur gehört werden wollen – daß man Ihnen richtig zuhört und Glauben schenkt, davon wollen wir erst gar nicht reden –, dann
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