Mit der Zeit
der irakische Nachrichtendienst gewußt, was in der Luft lag, dann hätten sie nicht Zander aufs Korn genommen, sondern seinen Patron, jene Persönlichkeit also, die wir fortan respektvoll aber diskret – darauf hatten wir uns geeinigt – nur noch den ›Herrscher‹ nennen wollten. Und die Irakis hätten sich nicht erst um die Dienste Rasmuks bemüht. Sie hatten ihre eigenen geschulten Mordkommandos, stets bereit und begierig, allein der Ehre wegen ihren Auftrag zu erfüllen.
In dem Punkt, das mußte ich zugeben, hatte er allerdings recht. Aber wer war denn nun bereit, die zwanzig Millionen auf Zanders Kopf auszusetzen? Es blieb nur noch eine mögliche Antwort übrig. Man mußte an die Prinzenfreunde des Herrschers denken und unter ihnen suchen.
Der souveräne Staat, der sich nun ›Vereinigte Arabische Emirate ‹ nennt, ist eine Konföderation aus sieben Scheichtümern, die an und vor den Ufern im Süden des Persischen Golfes liegen. Bevor es zur Föderation kam, waren sie als ›Vertragsstaaten‹ unter britischer Schutzherrschaft. In den alten Tagen, bevor das Öl gefunden wurde, kam der reichste unter diesen Staaten, damals Dubai, hauptsächlich dadurch zu Geld, daß er für auswärtige Kaufleute Gold nach Indien schmuggelte. Mit der Entdeckung des Öls hat sich das alles geändert. Selbst die kleinen ortsgebundenen Bevölkerungsgruppen der Wüstennomaden, Fischer und Oasenfarmer, die früher gerade das Nötigste zum Leben hatten, haben heute – zumindest auf dem Papier – ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Westdeutsche oder New Yorker. Sie haben heute auch eine ganze Menge anderer Dinge, darunter solche, die sie nach Meinung engstirniger Außenstehender weder wollen noch brauchen – vier internationale Flughäfen und fünfzig Banken, ein Kommunikationssatellitensystem und einen europäischen Manager für den Profifußball, gewaltige Bürohochhäuser und riesige Sportarenen, eine Aluminium-Schmelzhütte und eine ganze Reihe der schlimmsten und zugleich teuersten modernen Hotels der Welt. Die Föderation zeichnet sich aber auch durch andere Besonderheiten aus. Sie ist möglicherweise das einzige arabische Land mit seiner eigenen Bruderschaft der Anonymen Alkoholiker, und unter den vielen Tausenden selbständiger Unternehmer mit fremder Staatsangehörigkeit sind einige die wohlhabendsten und unverschämtesten Betrüger, die man sich überhaupt vorstellen kann.
Und natürlich hat die Föderation ihre sieben Prinzen und Herrscher.
Unter ihnen gibt es gebildete Männer, die versuchen, ihre jährlichen Milliarden weise und zum Wohl ihrer Untertanen einzusetzen. Sie bauen Straßen und lassen Pläne für medizinische Kliniken anfertigen. Aber sie haben es nicht leicht. Ihre Vorfahren waren Piraten, und ihre eigenen Väter sicherten sich die Titel, die sie heute tragen, dadurch, daß sie sowohl Verwandte und enge Freunde als auch neiderfüllte und ehrgeizige Nachbarn umbrachten. Solche Verhaltensmuster behaupten sich hartnäckig – wenn auch nicht immer in Taten, so doch in Gedanken –, und daran ändert sich auch nicht viel, wenn einer klassisches Arabisch schreiben, das Wall Street Journal lesen und mit einem Taschenrechner umgehen kann. Daß einer einen Herrscherkollegen ermordet, um kundzutun, daß er dessen politische und soziale Machenschaften mißbilligt, gilt heute zwar als ungehörig; daß man statt dessen aber seinen wichtigsten Berater ermordet, kann durchaus als akzeptable Alternative angesehen werden. Die Verpflichtung eines bekanntermaßen teuren Mordkommandos für diesen Job kann als feine brüderliche Geste des Bedauerns für die so entstehenden Unannehmlichkeiten verstanden werden.
Der Versuch, im Mailänder Mittagsverkehr die Beschatter von Rasmuk zu entdecken, erwies sich als Zeitverschwendung, doch als wir auf der Autostrada waren, fielen mir augenblicklich drei von ihnen auf. Es waren zwei in einem Wagen und einer auf einem Motorrad. Sie hielten ihren Abstand, und von einem zweiten Team, das gegebenenfalls einspringen konnte, war nichts zu sehen. Sie versuchten keine Tricks. Sie schenkten sich die üblichen Methoden, mit denen alte Hasen ein unerfahrenes Opfer hereinlegen, beispielsweise, indem sie es überholen und eine Zeitlang von vorne beschatten. Sie folgten uns einfach in einem gleichbleibenden Abstand. Ich durfte offenbar ruhig bemerken, daß ich verfolgt wurde, aber sie machten es mir nicht leicht, ihre Gesichter zu erkennen.
Auf den meisten Flughäfen im Westen herrscht
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