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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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unverbraucht gewesen war, wie er zu glauben schien. Ich hatte zum erstenmal von ihr gehört, als ich im Libanon arbeitete, damals, als Beirut noch das Paris des Mittleren Ostens war. Der europäische Stützpunkt der Rasd war eben nach Rom verlegt worden, und man begann über ihre Todeskommandos sowohl mit Ehrfurcht als auch mit Respekt zu sprechen. Ihr charakteristisches Geschäftsgebaren hatte so ausgesehen, daß sie einen Kontrakt übernahmen und dann auf das anvisierte Opfer zugingen, um zu sehen, ob es nicht vielleicht etwas mehr zahlen wollte, als sein Feind geboten hatte, denn dann würde man ihm das Weiterleben gestatten.
    Die Wahrscheinlichkeit, daß diese aufgeweckten, erfahrenen Kroaten, diese gerissenen Gangster, die Rasd in Rasmuk verwandelt hatten, sich je entscheiden würden, den Verkauf dieser arbeitssparenden Optionen einzustellen, schien gering; so gering wie die Wahrscheinlichkeit, daß Zander eine solche Option zurückgewiesen hatte, wenn ihm eine angeboten worden war. Die Hybris der Reichen kann natürlich zu einer absurden Empfindlichkeit führen, aber für einen nicht-arabischen Geschäftsmann in der Golfregion, der seine Geschäfte auf höchster Ebene abwickelt, bedeutete es nicht den geringsten Gesichtsverlust, wenn er für sich und seine Familie Protektion erkaufte. Zanders Art, sich zu verteidigen, war viel entehrender. Der Grund dafür konnte nur sein, daß er keine andere Wahl mehr hatte; wenn er sich in einem italienischen sicheren Haus samt Büro verkroch, dann war das für den Mann die einzige Möglichkeit gewesen, zu überleben und – in begrenztem Ausmaß – Geschäfte zu machen, ohne den Unterschlupf seiner Familie in Amerika preiszugeben.
    Beunruhigend war auch der hohe Wert des Rasmuk-Kontrakts. Als ich im Libanon gewesen war, war allgemein bekannt gewesen, daß die Rasd das Angebot hatte, für den Gegenwert von zwanzig Millionen Schweizer Franken in Gold den libyschen Staatschef Oberst Gaddafi zu ermorden. Die Mordkommandos der Rasd hatten abgelehnt; allerdings nicht, weil der Preis zu niedrig gewesen wäre, sondern weil der Oberst selbst einer ihrer höchst geschätzten Kunden war, der ständig ihre Dienste in Anspruch nahm und außerdem immer prompt zahlte. Die Zeiten hatten sich natürlich geändert, aber selbst wenn man die Inflation berücksichtigte, waren zwanzig Millionen in Schweizer Währung immer noch ein stolzes Honorar für einen solchen Auftrag; und Zander war kein Staatsoberhaupt. Wenn das wirklich der vereinbarte Preis für seine Ermordung war, dann mußte da jemandem schon sehr viel daran gelegen sein, ihn tot zu sehen; und es mußte jemand sein, der mächtig genug war, der Führungsspitze von Rasmuk klarmachen zu können, daß dies kein Kontrakt war, den man gegen einen Aufpreis an das angehende Opfer verkaufte. Wer konnte dieser Jemand sein?
    Ich glaubte nicht an Schelms Theorie von den alten Feinden, und ganz so überzeugt hatte er sich selber nicht angehört. Rache kann durchaus süß sein, aber nur, wenn der Preis angemessen ist. Außerdem, wenn unter den bekannten Feinden Zanders – ob das nun frühere Geschäftsrivalen oder betrogene Partner waren – eine Gruppe sich zusammengeschlossen hätte, um mit einem viele Millionen Dollar schweren Kontrakt gegen ihn vorzugehen, dann wären die Namen der Mitglieder dieser Gruppe alles andere als geheim. Jede Klatschbase im Mittleren Osten hätte die Geschichte gewußt. Das hier war etwas anderes. Hinter diesem Kontrakt mußte ein politisches Motiv stehen. Beispielsweise war die sogenannte ›Arabische Charta‹ der Irakis ein ausdrückliches Verbot genau jener Art eines Rüstungsprogramms, für das Zander nun im Namen seines Patrons die Trommel rührte. Meine alten Gefängnisaufseher, die Mukhabarat in Bagdad, wären mit Sicherheit bereit gewesen, ihn umzubringen, um diesen Aktivitäten ein Ende zu machen. Der Kontrakt, so behauptete ich, wäre sofort wirksam geworden, wenn sie auch nur das geringste von dem erfahren hatten, was er vorhatte und womit man ihn beauftragt hatte.
    Schelm hatte mir geduldig zugehört, aber er war hart geblieben. Es wäre ihm nur recht, meinte er, wenn es so sein könnte, wie ich sagte; in gewisser Hinsicht hätte es seine Aufgabe leichter gemacht, wenn Zander und ich einen gemeinsamen Feind hätten; aber leider sei ich im Irrtum. Wenn ich nach einem politischen Motiv hinter dem Kontrakt suche, dann ergebe das durchaus einen Sinn, aber Bagdad könne ich mir aus dem Kopf schlagen. Hätte

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