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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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abgeschlagen. Das hat einen großen Skandal ausgelöst und ist sogar im Bundesrat in Wien zur Sprache gekommen. Warum läßt man es zu, daß dieser Ölscheich die Gesetze mißachtet? Wenn er nichts zu verbergen hat, warum bleibt er dann stumm und entzieht sich berechtigten Fragen? Könnte es sein, daß diese Klinik, die er angeblich bauen will, ganz anderen und unmoralischen Zwecken dienen soll? Die ganze Affäre hat viel Mißtrauen geweckt und in manchen politischen Kreisen großen Ärger hervorgerufen.«
    »Und dann kommen wir hier an und verkünden lässig, daß wir im Begriff sind, etwas zu tun, was sonst niemand geschafft hat, nämlich den Herrscher fürs Fernsehen zu interviewen. Das ist ja großartig! Wie reagiert der Hoteldirektor?«
    »Er ist natürlich entzückt. Er telefoniert mit dem lokalen Rundfunksender. Die telefonieren mit dem österreichischen Funk- und Fernsehdienst in Wien. ORF, der österreichische Rundfunk, wird angerufen. Nach einiger Zeit ruft der ORF zurück. Die haben herausgefunden, daß Sie Schriftsteller von Beruf sind und einen gewissen Namen haben. Also müssen Sie interviewt werden. Sofort. Noch heute abend. Ein Interviewer aus dem Ressort Zeitgeschehen ist bereits unterwegs, um alles vorzubereiten. Eine mobile Fernsehcrew des ORF wird in Kürze folgen. Sehen Sie das Problem?«
    »Ich sehe kein Problem. Es wird eines dieser Nicht-Interviews. Bedaure, ich habe Ihnen nichts zu sagen. Ich kenne den Herrscher nicht. Deshalb bin ich hier. Um ihn kennenzulernen. Ja, ich habe davon gehört, daß er Ärger wegen seiner Mine hat. Wenn Sie mir dazu irgendwas erzählen können, wäre ich dankbar.«
    Sie gab mir ein pfiffiges Lächeln. »Ach so! Aber wenn Sie ihn nicht wegen des Minenskandals interviewen, Herr Halliday, was kann dann der Zweck Ihres Interviews sein? Was ist es sonst für eine Neuigkeit aus dem Munde dieser interessanten arabischen Persönlichkeit, auf die Amerika so sehnlichst wartet?«
    »Der Herrscher wird als eine zunehmend bedeutsame Figur in der Politik um den Golf angesehen.«
    »Das wollen Sie denen sagen, damit sie es zitieren können? Das wollen Sie denen tatsächlich in die Mikrofone diktieren?«
    »Ich werde wahrscheinlich versuchen, es ein wenig besser zu formulieren, aber es ist alles, was ich sagen kann, bis ich den Herrscher tatsächlich kennengelernt habe.«
    »Es ist immer noch zuviel.« Das war kein Spaß mehr, sie sah ziemlich grimmig aus. »Es darf keine Publicity geben.«
    »Hören Sie mal«, sagte ich, »ein Wagen aus Velden ist hierher unterwegs, um mich zum Essen abzuholen. Wenn ein Interviewer mit einem Aufnahmeteam aus Wien sich auf den Weg hierher gemacht hat, dann warten die vielleicht schon auf mich, wenn ich zurückkomme. Wahrscheinlich wird es demnächst auch mit Telefonanrufen von den Funkleuten losgehen. Ich kann nicht nichts sagen. Keine Geschichte, meine Herren, und kein Kommentar? Glauben Sie mir, das klappt nicht. Die werden dann nur wütend auf einen. Man muß ihnen irgendwas geben.«
    »Jedenfalls darf Ihr Name nicht öffentlich genannt werden, solange der Patron hier ist.«
    »Weil Rasmuk in Italien zuhören könnte?«
    »Weil sie natürlich hier zuhören könnten.«
    Das Telefon klingelte. Ich wollte gerade sagen, es sei besser, wenn sie hingehe, aber sie hatte bereits den Hörer in der Hand, bevor ich noch den Mund aufmachen konnte.
    Es war der Mann am Empfang, der nur sagen wollte, ein Wagen von Lindwurm sei für mich angekommen. Ich sagte ihr, sie sollte ausrichten, ich käme gleich runter, und überlegte dann einen Augenblick.
    »Wo ist der Patron?« fragte ich schließlich. »Bleibt er diskret auf seinem Zimmer?«
    »Nein. Er ist bereits zum Herrscher bestellt worden. Er soll ihm noch vor der Konferenz Bericht erstatten.« Sie zog einen zusammengefalteten Umschlag aus der Tasche ihres Hemdes. »Er hat Ihnen die Anweisungen für morgen aufgeschrieben.«
    Ich steckte die Mitteilung ungelesen weg. »Wird er heute abend noch zurückkommen?«
    »Das glaube ich nicht. Der Herrscher hat ein Chalet, das er und seine Begleitung benützen, wenn er die Petrucher-Mine aufsucht, um sich mit Architekten und Ingenieuren zu besprechen. Dort wird der Patron übernachten. Wir sind angewiesen, morgen früh mit den Fahrzeugen und der Crew zur Petrucher zu fahren und ihn dort zu treffen. Nicht später als zehn, sagte er.«
    »Es ist vielleicht ganz gut, daß er nicht hier sein wird. Sie und Jean-Pierre werden sich mit den Leuten vom ORF und all den anderen

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