Mit der Zeit
dahinterliegende Hotel hielt dann allerdings nicht das, was dieser Zugang versprach. Es gab sich alle Mühe, so auszusehen, als sei es einst das vornehme Haus gewesen, dessen Torbogen davor stand, und wollte immer noch nicht zugeben, daß es von Anfang an ein Hotel gewesen war. Es war jedoch viel komfortabler, als das vornehme Haus gewesen wäre. Es strahlte etwas angenehm Teures aus, und die Leute, die es leiteten, schienen das Wort ›Selbstbedienung‹ noch nicht gehört zu haben. Schelms Zimmer war groß und hatte Platz genug sowohl für bequeme Lehnsessel als auch ein Bett und ein Tablett mit Getränken auf einem Beistelltisch.
Während er mir einen Drink mixte, deutete er mit einer Kopfbewegung auf eine Tür, die sein Zimmer mit dem Nachbarzimmer verband. »Der General wird sich zu uns setzen«, sagte er. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Bob, hätte ich gerne, daß er von Anfang an mithört, was Sie uns zu sagen haben. Dann brauchen Sie nachher nichts zu wiederholen, und wir haben eine Menge zu bereden, bevor wir morgen zu dem Treffen gehen.«
»Wie ist er?«
»Charmant, und ich würde ein anderes Wort gebrauchen, wenn ich wirklich meinte, er sei ein oberflächlicher Charmeur. Sie werden sich gut mit ihm verstehen. Zander hat ein Dossier über ihn, nehme ich an?«
»Nur veröffentlichtes Material, und auch davon nicht sehr viel.«
»Wurde dort erwähnt, daß er zwei Jahre als Berater in Oman verbracht hat und daß er ein ganz ordentliches Golf-Arabisch spricht?«
»Wenn das drin stand, haben sie es mir jedenfalls nicht vorgelesen. Alles was ich zu sehen bekam, war ein Schwarzweißfoto, das sie von ihm hatten.«
»Ah ja.«
Er ging zu der Verbindungstür und öffnete sie, ohne vorher anzuklopfen. »Bob ist hier, Patrick, wenn Sie jetzt rüberkommen möchten«, sagte er.
In Farbe und in Zivil sah General Newell ganz anders aus als auf dem Bild, das mir am Abend vorher gezeigt worden war. Er war von mittlerer Größe und ziemlich dunkler Hautfarbe, angegrauten und ein wenig unordentlichen dunklen Haaren und – wie Simone auf Anhieb festgestellt hatte – attraktiven Lachfältchen um die Augen. Er war – wenn man nicht zufällig diese andere Version seines Gesichts gesehen hatte – offensichtlich ein viel zu lockerer und gutherziger Typ, als daß er irgend jemandem die Streifen abreißen würde. Er sah für sein Alter auch bemerkenswert gesund aus. Sein Anzug war mindestens fünfzehn Jahre alt und paßte ihm immer noch gut. Es war einer dieser Londoner Anzüge, marineblauer Nadelstreifen mit Weste, die immer so aussehen, als sei schon einmal in ihnen geschlafen worden, aber nie so, als seien sie frisch gebügelt. Dazu trug er ein gestreiftes Hemd, dessen Kragenspitzen etwas durchgescheuert waren, und eine zu einem kleinen Knoten gebundene blaue Krawatte.
Als wir uns die Hand gaben, sagte er: »Schön, Sie kennenzulernen, Bob.«
»Danke, Herr General.«
»Habe natürlich viel von Ihnen gehört. Eins vorweg.« Er zögerte und faßte dann einen Entschluß, wie er es sagen würde. »Ich nehme mir die Freiheit heraus, Sie Bob zu nennen, weil das Ihr Verkehrsname für diese Operation ist. Ich möchte aber einen Vorschlag machen. Wenn Sie mich Patrick nennen und wir uns alle mit dem Vornamen anreden, haben wir es nachher leichter, wenn wir zum Essen hinuntergehen. Wir können dann über unsere Angelegenheiten weiterreden, ohne daß der Kellner aufhorcht, nur weil einer von uns General ist. Was meinen Sie dazu, Dieter?«
»Gute Idee. Fangen wir aber vorne an. Bob hat die Fotografie von Ihnen gesehen, anhand derer Sie identifiziert werden sollen. Wir wollen jede Panne vermeiden, Bob. Hätten Sie nach diesem Bild Patrick erkannt?«
»Die obere Gesichtshälfte stimmt überein. Die untere Hälfte ist völlig anders. Auf dem Bild, das die haben, Patrick, sehen Sie – ich sage das nicht gern – so aus, als schickten Sie sich eben an, einen unglückseligen Major mit den bloßen Zähnen in Stücke zu reißen.«
Er nickte gutmütig. »Ich weiß, von welchem Bild Sie sprechen. Ein Pressefotograf hat das in der Nähe von Lauenburg aufgenommen. Schlechte Gewohnheit, so aus der Haut zu fahren. Eine Zeitlang dachte ich, das sei vorbei, aber gelegentlich überkommt es mich auch heute noch. Ein Jammer, daß sie gerade das Bild nehmen mußten. Wenn heutzutage Fotografen in der Nähe sind, bemühe ich mich immer, den Mund zuzulassen.«
»Ich werde Chihani warnen. Sie ist die Sicherheitsexpertin. Es waren ohnehin Ihre
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