Mit dir an meiner Seite
Glasfenster auf dem Arbeitstisch. »Ist das auch von ihm?«, fragte er.
»Nein, das stammt von mir. Ich mache es für die Kirche hier in der Straße. Dort hat es letztes Jahr gebrannt, und die Flammen haben das alte Fenster zerstört.«
»Ich habe gar nicht gewusst, dass du auch Fenster machen kannst.«
»Ob du's glaubst oder nicht - das hat mir der Künstler beigebracht, der früher hier gewohnt hat.« »Der Typ mit den komischen Tieren?« »Genau.«
»Hast du ihn richtig gut gekannt?«
Steve trat neben seinen Sohn an den Tisch. »Als Kind habe ich mich oft hierhergeschlichen, wenn ich eigentlich in der Kirche im Bibelkreis sein sollte. Von dem Künstler, der hier früher gewohnt hat, stammen die meisten Buntglasfenster in den Kirchen dieser Gegend. Sieh dir mal das Bild da an der Wand an!« Steve deutete auf ein kleines Foto des auferstandenen Jesus, das mit einem Reißnagel an einem der Regale befestigt war und das man in dem allgemeinen Chaos leicht übersehen konnte. »So sieht das Fenster aus, wenn es fertig ist - hoffentlich.«
»Supercool«, sagte Jonah, und Steve lächelte wieder. Supercool war offenbar zurzeit Jonahs Lieblingswort. Wie oft er es wohl in diesem Sommer hören würde?
»Möchtest du mir helfen?«
»Echt?«
»Ich rechne fest mit deiner Unterstützung.« Steve gab ihm einen sanften Schubs. »Ich brauche einen guten Assistenten.«
»Ist es schwer?«
»Als ich damit angefangen habe, war ich etwa so alt wie du jetzt. Du kannst das, da bin ich mir sicher.«
Vorsichtig nahm Jonah ein Stück Glas in die Hand und hielt es mit ernster Miene gegen das Licht. »Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich das kann.«
Steve musterte ihn liebevoll, dann fragte er: »Gehst du noch in die Kirche?«
»Ja, schon. Aber nicht mehr in dieselbe wie früher. Wir gehen jetzt in die von Brian. Ronnie kommt nicht immer mit. Sie schließt sich in ihr Zimmer ein und kommt einfach nicht raus. Aber kaum sind wir weg, da rennt sie los und hockt dann mit ihren Freundinnen im Starbucks. Mom wird darüber total wütend.«
»So ist das, wenn Kinder langsam erwachsen werden. Sie testen ihre Eltern.«
Jonah legte das Glasstück wieder auf den Tisch. »Ich nicht«, sagte er. »Ich bin immer brav, auch später. Nur - die neue Kirche gefällt mir nicht besonders. Da ist es so langweilig. Also gehe ich vielleicht auch bald nicht mehr hin.«
»Das ist dein gutes Recht.« Steve schwieg für einen Moment. »Stimmt es, dass du im Herbst nicht mehr Fußball spielst?«
»Ich bin nicht gut.«
»Na und? Du spielst doch trotzdem gern, oder?«
»Nicht, wenn die anderen Kinder lachen.«
»Sie lachen über dich?«
»Ist schon okay. Es macht mir nichts aus.«
»Hm.«
Jonah scharrte mit den Füßen. Anscheinend war ihm etwas eingefallen, was ihn beschäftigte. »Ronnie hat die Briefe nicht gelesen, die du ihr geschrieben hast, Dad. Und sie will auch nicht mehr Klavier spielen.«
»Ich weiß.«
»Mom sagt, das ist, weil sie ihre Tage hat.«
Steve hätte fast losgelacht, konnte sich aber gerade noch beherrschen. »Weißt du überhaupt, was das heißt?«
Jonah schob seine Brille hoch. »Ich bin doch kein kleines Kind mehr! Es gibt solche Tage, und es gibt andere Tage.«
Steve verwuschelte ihm lachend die Haare. »Was denkst du - sollen wir deine Schwester suchen gehen? Ich habe sie in Richtung Jahrmarkt laufen sehen, glaube ich.«
»Können wir Riesenrad fahren?«
»Alles, was du willst.«
»Supercool.«
Kapitel 3
Ronnie
Auf dem Jahrmarkt war viel Betrieb. Nein, korrigierte sich Ronnie: Auf dem Wrightsville Beach Seafood Festival war viel Betrieb. Als sie an dem Getränkestand ihre Limo bezahlte, sah sie, dass in den beiden Straßen, die zum Pier führten, die Autos dicht an dicht geparkt waren. Ein paar geschäftstüchtige Jugendliche vermieteten sogar ihre Einfahrten.
Bisher war es aber trotzdem grässlich langweilig. Sie hatte gehofft, dass das Riesenrad eine permanente Einrichtung war und dass es am Pier Läden und Geschäfte gab, so wie am berühmten Boardwalk in Atlantic City. Mit anderen Worten: Sie hatte gehofft, dass sie sich hier im Sommer amüsieren konnte. Tja, Pech gehabt. Das Seafood Festival fand auf dem Parkplatz oben am Pier statt, aber nur ein paar Tage. Im Grunde war es nicht mehr als ein ländlicher kleiner Rummel. Es gab nicht viele Fahrgeschäfte, und die vorhandenen waren klapperig und altmodisch. Am Rand des Parkplatzes standen mehrere überteuerte Buden mit Spielen, außerdem gab es
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