Mit dir an meiner Seite
Ronnie gegen das Verbot.
Nein, sie war nicht in Rick verliebt. Sie mochte ihn nicht einmal besonders. Aber sie war wütend auf ihre Mom, und irgendwie fühlte es sich gut an, ihr nicht zu gehorchen. Aber als sie dann zu Rick kam, war der schon wieder bekifft und betrunken, und ihr wurde klar, wenn sie sich weiter mit ihm traf, würde er noch mehr Druck auf sie ausüben, damit sie das Zeug, das er immer einwarf, endlich auch ausprobierte. So wie er sie schon am Abend zuvor bedrängt hatte. Sie blieb also nur ganz kurz bei ihm, dann ging sie zum Union Square und verbrachte den Rest des Tages dort. Sie wusste, dass es zwischen ihr und Rick aus war.
Ronnie war nicht ahnungslos in Bezug auf Drogen. Einige ihrer Freundinnen rauchten Gras, manche nahmen Kokain oder Ecstasy, und eine war sogar süchtig nach Meth, was ziemlich übel war. Am Wochenende tranken alle außer ihr Alkohol. In jedem Club und bei jeder Party war das alles problemlos zugänglich.
Aber wenn ihre Freundinnen kifften oder tranken oder Tabletten schluckten - wodurch der Abend ja angeblich erst richtig gut wurde -, verbrachten sie den Rest der Zeit meistens damit, unverständliches Zeug zu lallen und herumzutorkeln. Oder sie mussten sich übergeben, verloren völlig die Kontrolle und taten etwas echt Dummes. Und das hatte meistens etwas mit Jungs zu tun.
Ronnie fand das alles nicht verlockend. Besonders nicht nach Kaylas Erlebnis letzten Winter. Jemand - Kayla wusste bis heute nicht, wer es war - hatte das Narkotikum GHB in ihren Drink gegeben. Sie konnte sich nur ganz vage an das erinnern, was dann folgte, aber sie wusste, dass sie mit drei Typen in einem Raum war, die sie vor diesem Abend noch nie gesehen hatte. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, lagen ihre Kleider verstreut auf dem Boden. Kayla sprach nie darüber - sie tat lieber so, als wäre es nie passiert, und bedauerte insgeheim, dass sie Ronnie davon erzählt hatte. Aber es war nicht schwer, sich den Rest zusammenzureimen.
Als Ronnie wieder zum Pier kam, stellte sie den halb leeren Becher ab und tupfte mit einer nassen Serviette wie verrückt auf dem Shirt herum. Die ganze Aktion schien tatsächlich etwas zu helfen, aber die Serviette löste sich in ihre Bestandteile auf und verwandelte sich in weiße Papierflöckchen, die aussahen wie Schuppen.
Super.
Warum war der Typ nicht mit einem anderen Zuschauer zusammengestoßen? Sie war doch nur kurz da gewesen, höchstens zehn Minuten. Wie groß war die Chance, dass der Ball in ihre Richtung flog, obwohl sie sich schon umgedreht hatte, weil sie gehen wollte? Und dass sie ausgerechnet einen Plastikbecher in der Hand hielt, während sie bei einem Volleyballspiel zuschaute, das sie eigentlich gar nicht sehen wollte, in einer Stadt, in der sie gar nicht sein wollte? So etwas passierte in hunderttausend Jahren höchstens ein Mal. Genauso gut hätte sie im Lotto gewinnen können!
Und dann dieser Typ, der an allem schuld war. Braune Haare, braune Augen. Hübscher Junge. Er war sogar mehr als hübsch, er sah echt gut aus, vor allem, wenn er ... wenn er so ein besorgtes Gesicht machte. Klar, er gehörte zu den beliebten Jugendlichen, aber in dem Sekundenbruchteil, als sich ihre Blicke begegneten, hatte sie das seltsame Gefühl gehabt, dass er etwas Besonderes war.
Ronnie schüttelte den Kopf, um diese verrückten Gedanken loszuwerden. Wirkte sich die Sonne schon auf ihr Gehirn aus? Wenigstens hatte sie mit ihrer Serviette etwas erreicht. Sie griff wieder nach dem Becher und wollte den Rest Limo wegschütten, aber erst, als sie sich umdrehte, merkte sie, dass jemand direkt hinter ihr stand. Und diesmal passierte es nicht in Zeitlupe. Diesmal landete die Flüssigkeit blitzschnell vorn auf ihrem T-Shirt.
Sie erstarrte und schaute fassungslos an sich hinunter. Das konnte doch nicht wahr sein!
Vor ihr stand ein Mädchen, das auch einen Becher in der Hand hielt und mindestens so verdutzt war wie Ronnie selbst. Sie war ganz schwarz gekleidet, und ihre ungelegten Haare umrahmten in wilden Locken ihr Gesicht. Genau wie Kayla hatte sie in jedem Ohr mindestens ein Dutzend Piercings, was unterstrichen wurde durch die zwei kleinen Totenköpfe, die an ihren Ohrläppchen baumelten. Der dicke schwarze Lidstrich trug noch dazu bei, dass sie richtig gruftig wirkte. Sie deutete auf den immer größer werdenden Fleck auf Ronnies T-Shirt.
»Bist du noch zu klein zum Limo-Trinken?«, fragte sie grinsend.
»Ja, wahrscheinlich brauche ich noch eine Babyflasche.«
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