Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
Danach hat Big W nach Luft geschnappt und Linda mit einem Blick gemustert, der töten konnte, und Linda hat gesagt: ›Na und? Ihr Fisch hieß eben Nanna!‹ Und beide mussten nachsitzen und …«
»James.«
»Ja, Mum?«
»Hör sofort auf damit.«
»Wie du meinst. Schließlich wolltest du wissen, was heute in der Schule los war, und das war erst die erste Stunde. Du verpasst also noch ’ne Menge erstklassiger Infos.«
»Was ich erstens wissen will, ist, was du dir dabei gedacht hast, dich alsTierimitator aufzuspielen und damit auch noch deine Lehrerin zu beleidigen? Zweitens weißt du genau, dass du Mrs Warren nicht ›BigW‹ nennen sollst. Das ist nicht nur frech, sondern nicht mal originell. Und drittens möchte ich endlich hören, weshalb Andrew so wütend ist. Die Einzelheiten deines Schultags – so fesselnd sie auch sein mögen – interessieren mich im Augenblick weniger. Und das weißt du wiederum sehr genau.«
James reckte die Arme über den Kopf und strich sich dann nachdenklich übers Kinn. Schließlich sah er seine Mutter an. »Ich schlage dir einen Deal vor, Mum. Ich erzähle dir genau, was passiert ist, wenn ich heute Abend so viel fernsehen kann, wie ich möchte.«
»Ich mache keine ›Deals‹ mit meinen Kindern. Raus mit der Sprache, oder du kannst von Glück sagen, wenn du deinen Nintendo je wiedersiehst.«
James setzte sich auf. »Okay, okay. Kein Grund durchzudrehen.« Er blinzelte nachdenklich, als müsse er erst einmal Ordnung in seine Gedanken bringen. Dann erzählte er die Geschichte.
»Andy ist seit einer Ewigkeit ganz heiß auf eineTusse, die ein paar Klassen über uns ist. Sein ewiges Geschmachte ist mir auf den Senkel gegangen. Deshalb habe ich heute beschlossen, was dagegen zu unternehmen. Ich habe ihm einen Gefallen getan, Mum. Jedenfalls bin ich in der Mittagspause zu ihr gegangen und habe sie in seinem Namen um ein Date gebeten.« James wölbte stolz die Brust.
Evelyns Augen wurden schmal. Sie musterte James misstrauisch. »Sag mir genau, was du zu ihr gesagt hast.«
»So genau weiß ich das nicht mehr …«
»James!«
»Schon gut. Also ich glaube, es war so ähnlich wie: ›Mein Bruder möchte dir verdammt gern an die Muschi, und er heult jeden Abend in sein Kissen, weil du so verdammt sexy bist. Also was ist jetzt?Willst du mit ihm gehen oder nicht?‹«
Evelyn schnappte nach Luft. »James, bitte sag, dass du dich nicht so ausgedrückt hast.«
James fing den entsetzten Blick seiner Mutter auf und ahnte, dass sie jeden Augenblick ausrasten würde. »Sorry, muss jetzt los!« Damit sprang er vom Sofa, duckte sich blitzschnell an ihr vorbei und rannte in den Hinterhof hinaus. Evelyn war klar, dass jeder Versuch, ihn einzuholen, zum Scheitern verurteilt war. Vom Hinterhof aus gelangte man direkt in den Wald. Sie würde ihn bis zum Abendessen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Evelyn gestattete sich einen Augenblick die Frage, wie Carl in dieser Situation reagiert hätte, wäre er noch am Leben gewesen, setzte eine beherrschte Miene auf und betrat vorsichtig Andys Zimmer.
»Andrew, Sweetheart. Können wir bitte reden?«
Andrew lag auf dem Bauch auf dem Bett, das Gesicht in das Kissen gedrückt. »Geh weg!«, drang seine zittrige Stimme dumpf aus den Polstern.
»Andrew, du weißt, dass das in diesem Haus so nicht funktioniert. Hier herrschen keine basisdemokratischen Verhältnisse. Was ich sage, wird gemacht. Und wenn ich finde, dass wir reden müssen – wird geredet.« Sie setzte sich auf die Bettkante und versuchte behutsam, ihm übers Haar zu streichen. »Dein Bruder hat mir erzählt, was er heute in der Schule getan hat. Komm schon! Setz dich auf und rede mit mir.«
Andy drehte sich zu seiner Mutter herum. Sein wütendes Gesicht war tränenverschmiert.
»Ausgerechnet Tania Stevens , Mum. Alle ihre Freundinnen haben gehört, was er zu ihr gesagt hat. Sie hat zu mir rübergeschaut und mich ausgelacht.Als wäre ich ein Nichts. ’ne Witzfigur. Die Mädchen halten mich jetzt für einen Blödmann, eine Heulsuse. Er hat behauptet, ich würde jeden Abend heulen. Ihretwegen. Das ist so was von gelogen! Warum sollte ich wegen Tania Stevens heulen?« Er drückte sein Gesicht erneut in die Kissen. »Bitte, lass mich einfach in Ruhe, Mum. Reden hat keinen Sinn. Du kannst sowieso nichts tun.«
»Woher willst du das wissen? Gib mir einfach eine Chance.«
Andy setzte sich auf und starrte seine Mutter verächtlich an. »Kannst du die Zeit zurückdrehen?«
»Nein, kann ich sicher
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