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Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)

Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Moriarty
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rief die Schwester verständnislos. »Aber das kriegen wir hin. Ich bitte Marks Mutter, für dich einzuspringen – auch wenn die Kinder der Meinung sind, keine Aufpasser mehr zu brauchen. Aber mit deiner Frisur solltest du was machen. Hast du dir für heute Nachmittag einen Termin bei Lorenzo geben lassen?«
    »Nein, ich habe mich heute für einen Fallschirmsprung eingetragen. Ich gehe da heute Abend nicht hin. Ich kann also problemlos deine Kinder sitten.«
    »Was soll das heißen, du gehst nicht hin? Das ist doch lächerlich. Hast du die Einladung überhaupt durchgelesen? Andy soll posthum einen Sonderpreis erhalten. Da musst du doch dabei sein.«
    »Nein, muss ich nicht. Diese Leute sind für Andys Tod verantwortlich. Hätte er nicht in dieser dämlichen Firma gearbeitet, wäre er an jenem Tag nicht in der Gegend gewesen und folglich auch nicht ums Leben gekommen. Ich will mit diesen Typen nichts zu tun haben.«
    »Ach wirklich? Okay, wie du meinst. Ich dachte nur, du hältst Belinda für die Schuldige – an AndysTod. Ist mir recht, wenn du sie nicht für alles verantwortlich machst. Du solltest sie irgendwann mal anrufen. Immerhin war sie deine zukünftige Schwiegertochter. Sie hat eine Entschuldigung für diese ›Du-bist-schuld-am-Tod-meines-Sohnes-Rede‹ bei der Beerdigung verdient«, erklärte Violet wie nebenbei. Aber Evelyn kannte ihre Schwester gut. Die sorgfältig formulierten Sätze waren eine Falle.
    »Du hältst dich wohl für verdammt schlau, was? Wenn ich jetzt sage, dass ich Belinda noch immer die Schuld gebe, kommst du mit dem Argument, dass ich dann keinen Grund habe, heute Abend nicht zu dieser Veranstaltung zu gehen. Wenn ich GameTech verantwortlich mache, dann malst du dir bereits die wundersame Versöhnung mit der ›Tochter, die ich nie hatte‹ aus.« Evelyn schnaubte verächtlich. »Aber ich gebe der ganzen Bagage gemeinsam die Schuld! Was sagst du jetzt?« Damit streckte sie der Schwester die Zunge heraus und fügte in arrogantem Tonfall hinzu: »Da hast du’s.«
    »Sei nicht kindisch.« Violet holte die Milch für den Kaffee aus dem Kühlschrank. »Jetzt mal im Ernst, Ev. Es ist Zeit, dass du einen Schlussstrich unter die Sache ziehst. Nicht dass du deshalb Andys Tod einfach vergessen sollst. Das muss man erst verarbeiten. Aber du solltest dieses Spiel mit den Schuldzuweisungen aufgeben. Folgt man deiner Logik, dann ist die ganze Welt an seinem Tod schuld. Ich eingeschlossen.«
    »Wie denn das? Was hast du damit zu tun?«, erkundigte sich Evelyn und setzte abrupt die Kaffeekanne ab.
    »Ich habe dir die Hunters Hill High School für die Jungs empfohlen. Dort hat Andy seinen Kumpel Coombes kennengelernt, und Coombes war derjenige, der ihm den Job bei GameTech verschafft hat. Verstehst du jetzt, was ich meine? Du musst nur weit genug in die Vergangenheit zurückgehen, dann kannst du praktisch jedem die Schuld geben. Tatsache ist doch, dass es zahllose Faktoren gegeben hat, die Andy an jenem Nachmittag in diesen speziellen Supermarkt geführt haben. Selbst du kannst nicht wissen, wie sein Leben verlaufen wäre, hätte es einen dieser Faktoren nicht gegeben.« Violet schenkte mit triumphierender Miene Kaffee ein.
    Evelyn wappnete sich für eine Entgegnung und schwieg dann doch. Sie war es leid. Violet hatte recht. Ihre Versuche, allen und jedem die Schuld zu geben, wurden allmählich inflationär. Außerdem war es verdammt anstrengend. Unvermittelt fiel ihr ein Klassenkamerad von Andrew und James ein: ein dünner, schlaksiger Junge namens Chris Reynolds mit glattem, langem Haar, das ihm immer in die Augen zu fallen schien. Andrew hatte sich mit Chris angefreundet, bis sich Chris und Michael Coombes wegen eines Mädchens furchtbar in die Haare kriegten. Andrew schlug sich auf Michaels Seite, was das Ende der Freundschaft mit Chris bedeutete. Evelyn erfuhr später, dass Chris nach der Schule zur Armee gegangen und vor zwei Jahren in den Irak geschickt worden war. Sie konnte sich den hageren Jungen kaum als muskulösen Soldaten mit einem Crew-Cut vorstellen. Seine Mutter betete jeden Abend in der St. Matthew’s Church für seine wohlbehaltene Rückkehr.
    In diesem Moment fragte sie sich, wo Andrew wohl heute wäre, hätte er sich bei dem Krach mit Michael nicht auf dessen Seite geschlagen. Wäre er vielleicht auch zur Armee gegangen? Würde sie dann jeden Abend an Mrs Reynolds’ Seite für seine sichere Heimkehr beten? Je länger sie darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr, wie

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