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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
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Aussicht auf Erfolg hätte. Freilich könnte ich helfen – aber das verbiete ich mir wegen meines Stolzes. Und das verbietet mir mein Schwiegervater mit dem Hinweis, dann noch länger zu brauchen.
    Ich könnte meine Frau anzeigen! Wegen Ruhestörung am Feiertag. Warum eigentlich nicht? Ich hüpfe über Bretter und Nägel und Schrauben, schlage mich durch zum Wohnzimmertisch und erkläre meiner Frau meine Absicht.
    Wissen für Nichtjuristen
    Es gibt zwar eine eheliche Bei-
schlafpflicht, doch sie ist rechtlich
nicht durchsetzbar. (§ 1353 BGB,
§§ 887 f. ZPO)
    Sie sagt: »Ist das dein Ernst? Wenn du das wirklich machst, dann übernachtest du auf der Couch!« Meine Frau droht mir, weil sie gewohnt ist, damit erfolgreich zu sein. Nicht an diesem Tag.
    Ich rufe zunächst einen befreundeten Polizisten an, um die Angelegenheit zwar offiziell, aber ohne Anzeige zu klären.
    Seine Reaktion: »Ist das dein Ernst?«
    Er weigert sich mit der Begründung, dass er noch länger mit meiner Frau befreundet sein möchte. Was für ein Feigling!
    Dann eben auf dem offiziellen Weg. Ich rufe bei der Polizei an.
    »Guten Tag, ich würde gerne eine Anzeige wegen Ruhestörung machen. Ich möchte meine Frau anzeigen, mein Schwiegervater bohrt seit ein paar Stunden mit ihrer Erlaubnis in unserer Wohnung, und ich kann nicht schlafen. Ich habe schon versucht, die Ruhestörung abzustellen, jedoch ohne Erfolg. Deshalb sehe ich keinen anderen Ausweg.«
    Stille am Telefon. Fünf Sekunden lang.
    Dann sagt der Polizist: »Darf ich Ihnen eine ehrliche Frage stellen?«
    »Ja!«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Komisch, das haben mich meine Frau und ein anderer Polizist auch schon gefragt.«
    »Absolut zu Recht!«
    »Aber ich weiß keinen anderen Ausweg mehr! Die machen mich wahnsinnig und haben sogar meinen Sohn auf ihre Seite gezogen. Der bohrt nun auch mit. Und ich will doch einfach nur schlafen.«
    Er lacht – und ich erkläre ihm mein Projekt, ein Jahr lang nach dem Gesetz zu leben. Er lacht: »Das kann kein Mensch! Jeder bricht jeden Tag das Gesetz.«
    Ich erkläre ihm auch, dass ich in meiner Familie ungefähr so viel zu melden habe wie der Freund von Jennifer Lopez. Seine Reaktion: »Das kenne ich!« Offensichtlich habe ich einen Polizisten mit Humor erwischt.
    »Ich könnte Sie jetzt abwimmeln und Sie bitten, einfach mit Ihrer Frau zu sprechen. Das will ich aber nicht, weil die Geschichte zu lustig ist.«
    »Darf ich denn meine Frau überhaupt anzeigen?«
    »Natürlich! Sie haben vor Gericht das Recht, die Aussage zu verweigern, wenn Sie damit einen Angehörigen belasten würden – aber es steht Ihnen natürlich frei, Anzeige gegen einen Angehörigen zu erstatten. Das passiert nicht so selten: Denken Sie nur an häusliche Gewalt oder an Streitigkeiten ums Erbe. Da verklagen sich Geschwister!«
    »Bin ich denn wenigstens der Erste, der seine Frau wegen Ruhestörung anzeigt?«
    »Ja, da sind Sie auf jeden Fall der Erste in meiner langen Dienstzeit als Polizist. Ich habe ja schon viel erlebt, aber das ist neu. Das muss ich meinen Kollegen und meiner Frau erzählen, die glauben mir das nie.«
    »Was haben Sie denn alles erlebt?«
    Stille. Dann:
    »Das darf ich nicht erzählen. Aber wissen Sie eigentlich, wie viele Leute hier jeden Tag anrufen?«
    »Nein!«
    »Viele! Einmal hat einer nachts um drei Uhr angerufen, um sich zu beschweren, dass sein Nachbar schnarchen würde.«
    »Was haben Sie gemacht?«
    »Ich hab ihm gesagt, dass er mal an die Tür des Nachbarn klopfen und mit ihm reden soll. Reden ist immer besser, als Anzeige zu erstatten. Es hat sich leider eingebürgert, dass die Menschen nicht mehr miteinander sprechen, sondern nur noch übereinander. Und dann zeigen sie sich gegenseitig an, obwohl ein Gespräch den ganzen Konflikt gelöst hätte.«
    »Und?«
    »Er hat nie wieder angerufen. Wer mit den Menschen redet, der braucht meistens keine Polizei. Die Schnarchaffäre war schnell beendet. Und von einem Mord wegen Schnarchens habe ich am nächsten Tag auch nichts in der Zeitung gelesen, also ist alles glimpflich ausgegangen.«
    Er lacht laut.
    Er erzählt mir, dass einmal einer angerufen hat, um sich darüber zu beklagen, dass sein eigenes Kind heulen würde und dass er nicht wisse, was er nun tun soll. Die Polizei solle nun bitte schön dafür sorgen, dass der Kleine aufhört, schließlich müsse er seine Präsentation für den nächsten Morgen vorbereiten – was er aber nicht schaffe, wenn der Bub so weiterbrülle.
    Andere würden anrufen,

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