dass folgendes Szenario in Deutschland recht häufig vorkommt:
Es wird eine Studie veröffentlicht, die erläutert, dass es in einem bestimmten Bereich einen Anstieg der Kriminalität gegeben hat. Journalisten entdecken, dass sich aus dieser Studie eine schöne Geschichte stricken lässt. Politiker erkennen, dass sich daraus Werbung in eigener Sache machen lässt. Also werfen alle die Empörung-Panikmache-Maschinerie an.
Es gibt eine Titelseite in der Bild . Es gibt eine Titelgeschichte im Spiegel . Die FAZ ignoriert das Thema, springt aber spätestens zwei Wochen später auch auf den Zug auf, wenn alle anderen schon mitfahren. Jetzt rollt die Talkshow-Lawine los: Bei Maischberger duellieren sich Markus Söder und Gregor Gysi. Bei Beckmann duellieren sich Sigmar Gabriel und Gregor Gysi. Bei Jauch duellieren sich Angela Merkel und Gregor Gysi. Bei Friedman duellieren sich Michel Friedmann und Gregor Gysi. Bei Kerner duelliert sich Gregor Gysi mit Gregor Gysi. Geht es um Philosophie, darf Richard David Precht nicht fehlen, bei Gesundheitsthemen ist Werner Bartens nicht fern. Schwere Verbrechen: Josef Wilfling. Musik: David Garrett. Wirtschaft: Hans-Werner Sinn. Essen: Karl Lauterbach. Burn-out: Miriam Meckel. Jugendstrafrecht: Christian Pfeiffer. Energie: Claudia Kemfert. Junge Menschen: Wolfgang Gründinger. Altersvorsorge: Bernd Raffelhüschen. Alles: Hans-Ulrich Jörges. Und immer dabei: Wolfgang Kubicki, Ursula von der Leyen, Sahra Wagenknecht. So wie es für einen Rapper die Homepage rentabitch.de gibt, wo er sich für seine Videos die halbnackten Tänzerinnen bestellen kann, so gibt es für Talkshows die Datenbank rent-a-talkshowgast.de .
Bei anderen Politikern macht sich nun Panik breit, weil sie nichts sagen dürfen und deshalb irgendwie untätig wirken. Das darf nicht sein! Irgendwann meldet sich ein Abgeordneter aus den hinteren Reihen, der gerne ein wenig weiter vorne sitzen würde. Er klagt die Regierung an, er fordert Taten statt Worte.
Die alten Hasen auf den vorderen Sitzen haben auf diese Steilvorlage gewartet und lancieren zunächst den Aktivismus-Klassiker unter Politikern: Verkehrszeichen! Überall! Ampel drauf auf Lebensmittelverpackungen oder Stoppschilder vor gefährlichen Internetseiten! Das kann man medienwirksam präsentieren und suggeriert Initiative. Nur ergeben viele dieser Aktionen keinen Sinn und sind das Verwerflichste, was Politiker machen können – denn sie bekämpfen das Problem nicht an der Wurzel, sondern berühren in vielen Fällen noch nicht einmal die Oberfläche. Welcher Teenager hockt vor seinem Computer und sagt: »Ui, guck mal: Frau von der Leyens Stoppschild! Da klicke ich jetzt besser mal nicht weiter!« Wenn sie einen kennen, der das gemacht hat: Er möge bitte eine E-Mail schicken an
[email protected] und mir ein Interview für die möglicherweise zweite Auflage dieses Buches geben.
Glaubt ein Politiker, dass so eine Aktion wirksam ist, so ist er einfach nur dumm. Glaubt er es nicht und macht es trotzdem, so lügt er uns an. Er ist also entweder ein Lügner oder ein Dummkopf.
Weil der Aktivismus-Erstschlag nichts hilft, holt die Politik nun den Gesetz-Holzhammer raus: Strengere Gesetze, härtere Strafen!
Wer ein Lied herunterlädt, bekommt Internetverbot auf Lebenszeit! Wer ein Killerspiel kauft, wird auf die Liste möglicher Amokläufer gesetzt. Wer Rockmusik hört, gehört strafversetzt nach Nordkorea.
Vielleicht findet sich noch ein verzweifelter Hinterbänkler, der sich zu der Aussage hinreißen lässt, dass überhaupt das komplette Internet Teufelszeug sei, womit er der Partei die Stimmen der älteren Wähler sichert. Womöglich findet sich noch ein Chefredakteur einer Tageszeitung oder Zeitschrift, der diese These in einem Leitartikel unterstützt, um die Zahl der Abonnements unter den bürgerlichen Lesern nicht zu gefährden. Wenn alle zusammenhelfen, dann glauben die Menschen wirklich, dass alles verboten gehört.
Politiker führen so lange Verbote ein, bis sich andere Wissenschaftler endlich erbarmen, eine aktuelle Studie zu einem neuen Thema vorzulegen, damit Gras über die alte Sache wachsen kann und man endlich den nächsten Aktivismus-Talkshow-Gesetzgebungszyklus einläuten kann. Alle schnaufen kurz durch, und dann geht es weiter.
Was kaum passiert – jedoch von Gary Becker und seinen Unterstützern gefordert wird: Mitunter könnte auch eine Liberalisierung zu einem Rückgang der Kriminalität führen und positive Effekte haben – weil es