Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
Vom Netzwerk:
kopiert hat. Und es ist doch interessant, dass der Plagiator des Kapitalistenspiels einer der wenigen Menschen war, die während der Weltwirtschaftskrise Millionär wurden.
    Es gab nur einen doofen Moment im Spiel: Wer ins Gefängnis musste, der durfte nicht über Los gehen und bekam keine 4000 Mark. Gefängnis, das wurde mir damals als Kind klar, ist keine schöne Sache, man kriegt kein Geld, und es ist schwer, wieder herauszukommen.
    Wer sich mit Gesetzen beschäftigt, wird sich irgendwann einmal fragen: Was muss ich eigentlich machen, um im Gefängnis zu landen? Hanni und ich fragen uns das nicht erst seit unserem Spiel in den Vereinigten Staaten. Bislang sind wir nämlich ohne Strafe davongekommen.
    Wissen gegen den Knast
    Das Höchstmaß der zeitigen Frei-
heitsstrafe ist 15 Jahre, das Min-
destmaß ein Monat. Freiheitsstra-
fen unter einem Jahr werden nach
vollen Wochen und Monaten be-
messen, die von längerer Dauer
nach vollen Monaten und Jahren.
    Diese Regelungen stehen im Strafgesetzbuch, es sind Richtlinien dafür, was dem passieren kann, der sich nicht ans Gesetz hält. Es ist vage formuliert, um den Richtern einen Spielraum bei ihren Entscheidungen und sie jeweils den Einzelfall beurteilen zu lassen.
    Wofür muss der Unhold denn nun ins Gefängnis,und wie lange? Einen Winter, ein Jahr oder gar noch länger?
    Ein Blick ins Strafgesetzbuch lässt einen doch ein bisschen stutzig werden, auf welche Vergehen welche Strafen stehen.
    Wer ein paar Monate ins Gefängnis möchte, der sollte:
den Bundespräsidenten verunglimpfen,
Wahlunterlagen fälschen,
kinderpornografische Schriften verbreiten,
eine Entziehungskur gefährden,
sich an unerlaubtem Glücksspiel beteiligen.
    Wer nun denkt, dass die möglichen Strafen in einem recht ungewöhnlichen Verhältnis zueinander stehen, der sollte sich ansehen, was alles für ein Jahr Gefängnis möglich ist:
wiederholtes Schwarzfahren,
unerlaubt ein Kraftwerk betreiben,
exhibitionistische Handlungen durchführen,
öffentliches Ärgernis erregen.
    Wer künftig daran denkt, ohne Fahrkarte in die U-Bahn zu steigen: Zum gleichen Strafpreis gäbe es schon ein Kraftwerk.
    Kommen wir zu drei Jahren Haft. Dazu muss man:
Kinderhandel betreiben,
Flaggen ausländischer Staaten verunglimpfen,
Propagandamittel verfassungswidriger Organisationen verbreiten,
eine Bestattungsfeier stören.
    Fünf Jahre Haft gibt es für:
das Zünden einer Atombombe,
das Anfertigen von Raubkopien
falsches Verdächtigen,
Volksverhetzung,
sexuellen Missbrauch von Hilfsbedürftigen.
    Ob die Strafen im richtigen Verhältnis zueinander stehen, möge bitte jeder für sich selbst entscheiden. Ich sehe mich wirklich nicht bemüßigt, das zu kommentieren.
    Natürlich bekommt der Mensch wie bei »Monopoly« auch im richtigen Leben kein Geld, wenn er ins Gefängnis muss – im Gegenteil: Gefängnis kostet Geld. Es bezahlt aber auch nicht unbedingt der Häftling für den Aufenthalt, sondern vor allem die Menschen in Freiheit. Studien zeigen, dass ein Aufenthalt im Gefängnis etwa 80 Euro pro Tag kostet. Warum genau das so teuer ist, weiß ich nicht genau. Eine Übernachtung im Hilton im Palmer House in Chicago kostet im günstigsten Fall 82 Euro – nur ist das ein Fünf-Sterne-Hotel, in dem einst der Brownie erfunden wurde, weshalb ich auch 500 Euro bezahlen würde, nur um weitere Erfindungen zu fördern.
    80 Euro pro Tag, das sind 29200 Euro pro Jahr, die ein Gefangener kostet – das ist in etwa das, was ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland an Nettoeinkommen hat: 32000 Euro. In Deutschland gibt es derzeit etwa 68000 Menschen, die im Gefängnis sitzen. Das ist im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung recht wenig, auf 100000 Menschen kommen 91 Gefangene. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 148, Spitzenreiter sind die USA mit 751, gefolgt von Russland mit 713.
    Die Verwahrung von Häftlingen kostet in Deutschland 1,988 Milliarden Euro. Pro Jahr. Hier mal kurz, was man für knapp zwei Milliarden Euro alles kaufen könnte: etwa ein Drittel Stuttgart 21 (Stand: Februar 2013, wahrscheinlich bekommt man mittlerweile nicht einmal mehr ein Fünftel), die komplette Computerspielbranche, zehn Kilometer Autobahn. Beim Berliner Flughafen bin ich mir noch nicht sicher, ob man das komplette Ding bekommt, ein Terminal oder doch nur ein Rollband, das zwei Gates miteinander verbindet.
    Der deutsche Staat ist ein Sparfuchs – und er spart listigerweise bei all jenen, die ungerechtfertigt im Gefängnis verweilen mussten. Ja, so

Weitere Kostenlose Bücher