Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
gehen, wird nicht christlich verheiratet und bekommt auch kein christliches Begräbnis. Kein Geld, keine Leistung – das klingt plausibel. Doch überspitzt formuliert bedeutet das auch: Wer nicht Mitglied ist, für den sieht es schlecht aus mit der Erlösung nach dem Tod.
Pay and Pray!
Wer jemals von Dantes Inferno gehört hat, der wird weiterbezahlen.
Es ist nicht nur ein makabres Spiel mit den Ängsten der Menschen, es ist auch eine Möglichkeit, Geld zu verdienen – und im Geldverdienen waren die christlichen Glaubensgemeinschaften schon seit jeher sehr erfolgreich. So eröffnete der spätere Papst Kallist als Bischof eine christliche Bank in Rom, unterschlug Zinsen, ging pleite, machte wieder eine Bank auf und forderte Christen auf, Geld bei ihm anzulegen. Bis zum Mittelalter stellten Priester einen bedeutenden Teil der Geldverleiher. Karlheinz Deschner beschreibt das System in seinem zehnbändigen Standardwerk Kriminalgeschichte des Christentums . Dort ist zu lesen: »Bischof Janiarius von Salona versucht, einen Ölhändler um den Ölpreis für das ewige Licht zu prellen.« Dort ist auch zu lesen: »Der Metropolit von Ephesus, der Kirchengrund für seine eigene Tasche verhökerte, verkaufte um 400 regelmäßig Bischofssitze an den Meistbietenden.«
Es ist also anscheinend doch möglich, sowohl Gott als auch dem Mammon zu dienen.
So geht die Forderung nach der Ehelosigkeit von Priestern mitnichten darauf zurück, dass sich Geistliche voll und ganz auf ihren Glauben konzentrieren sollten. Es ging ums Erbe, wie der Vatikan-Korrespondent Andreas Englisch aufgeschrieben hat: »Zuvor hatten verheiratete Priester ihr Eigentum ihren Kindern vererbt. So gerieten Ländereien, Gebäude und andere Vermögenswerte, die der Kirche gespendet worden waren, in die Hände der Nachkommen der Priester.« Das wollte die Kirche nicht zulassen – und führte im Jahr 1087 den Zölibat aus höchst irdischen Gründen ein, den sie nun mit geistlichen Argumenten zu verteidigen versucht.
Pay and Pray gibt es schon lange.
Die Gläubigen haben ja nicht nur Angst vor der ewigen Verdammnis – auch das Fegefeuer ist nicht wirklich eine schöne Sache. Sagen wir es so: Wenn Hölle das ewige Brutzeln ist, dann ist das Fegefeuer das kurze, scharfe Anbraten auf beiden Seiten zum Zwecke der Läuterung, ehe man als saftiger Mensch in den himmlischen Backofen einziehen darf. Im Mittelalter hatten die Menschen in der Tat weniger Angst vor der Hölle, weil sie daran glaubten, durch die Absolution kurz vor dem Tod irgendwann Zugang zum Himmel zu bekommen. Die Zeit im Fegefeuer war der Grund für schlaflose Nächte – und eine fantastische Idee von Papst Leo X., der ein bisschen Geld einnehmen wollte. Man konnte sich einen Ablassbrief kaufen und so die Zeit im Fegefeuer für sich und seine Verwandten verkürzen. Wer also genügend Geld hatte, der konnte die Kirche reich machen und sich selbst eine Rolltreppe in den Himmel kaufen. Der Ablasshandel war einer der Gründe für Luthers Abkehr von der katholischen Kirche.
Pay and Pray.
Dies soll nun kein Pamphlet gegen die christlichen Kirchen werden, zumal die Kirche durchaus dafür bekannt ist, recht rigoros gegen Andersdenkende vorzugehen. Es soll auch kein Kapitel über Steuern in Deutschland werden, das wäre ein Plagiat meiner selbst. Wen das interessiert, wie es ist, seine Steuererklärung ehrlich zu machen, der möge ein anderes Buch lesen, das ich vor Jahren mal geschrieben habe.
Ich bin Christ, meine Frau ist Christin, unser Sohn ist christlich getauft. Ich bin aufgrund meines religiösen Projekts auch Mitglied anderer Glaubensgemeinschaften, aber die christliche Kirche wird immer mein Heimatglaube sein. Umso mehr wundert mich, dass mein Glück nach dem Tod davon abhängen soll, ob ich Kirchensteuer bezahle – und es macht mich wütend, dass der Staat diese Forderung unterstützt und es im Grundgesetz dazu unter Artikel 137 heißt: »Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.« Es ärgert mich, dass der Staat den Steuereintreiber für die Kirchen spielt – aber es ist natürlich eine Win-win-Situation: Der Staat darf ja ein bisschen was vom eingetriebenen Geld behalten.
Und was mich wirklich ärgert: Wenn die christlichen Kirchen gegen andere Glaubensgemeinschaften wie Scientology wettern, dann tun sie das meistens mit
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