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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
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dem Argument, dass diese nur Geld von den Gläubigen haben wollten. Ich habe mal nachgerechnet anhand der Zahlen, die ein christlicher Geistlicher in einer Talkshow verwendet hat – und meiner Einkommensteuererklärung: Mit dem, was ich bis an mein Lebensende an Kirchensteuer bezahlen werde, könnte ich bei Scientology durch die Feuerwand gehen und es locker zu einem Operating Thetan III bringen – und wäre damit nur ein paar Stufen unter Tom Cruise.
    (Un-)Wichtiges Wissen
    Das Besondere Kirchgeld darf in
Bayern nicht erhoben werden,
wenn der Ehegatte einer welt-
anschaulichen Gemeinschaft
angehört, die Körperschaft des
öffentlichen Rechts ist.
    Ich habe mir gedacht, ich könnte die Kirche mal einen Tag lang unterstützen bei ihrem ökonomischen Kreuzzug. Ich gebe einen Sonntag lang den Türsteher unter dem Motto »Ohne Knete keine Gebete«. Ich stelle mich an die Tür einer Kirche in der Nähe unserer Wohnung und frage jeden, der zum Gottesdienst will: »Haben Sie auch Kirchensteuer bezahlt? Falls nicht, dann dürfen Sie nicht hinein! Es gilt: Das Brot darf brechen – wer Geld tut blechen.«
    Die meisten Menschen sehen mich erst verwundert an, doch als sie meinen ernsten Blick sehen, antworten alle, dass sie selbstverständlich Kirchensteuer bezahlen würden. Einer sagt sogar: »Selbstverständlich – und ich finde es wunderbar, dass mal jemand kontrolliert, dass sich keine Schmarotzer reinschleichen!« Eine alte Frau meint: »Ich bezahle natürlich, alles andere wäre doch eine Sünde!«
    Der Pfarrer allerdings, das erfahre ich ein paar Tage später, soll meine Arbeit nicht unbedingt positiv bewertet haben. Einige Kirchenmitglieder haben ihn gelobt dafür, dass es einen Kontrolleur gibt, und gefragt, ob dieser Türsteher nun eine dauerhafte Einrichtung sei. Er soll recht ungehalten gewesen sein, weshalb ich darauf verzichtet habe, ihn anzurufen und um eine feste Anstellung zu bitten. Auch meine Frau war nicht begeistert, sie will auch nicht austreten, sondern weiterbezahlen. Sie hat eine Höllenangst davor, was dann passieren könnte.
    Also machen wir weiter.
    Pay and Pray.
    Ich will ja weder scharf angebraten werden noch ewig brutzeln.

Kapitel 23
Das metastasierende Geschwür
    Europa, das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden, dieses Europa ist einfach nur eine ganz wunderbare Sache. Seit es die EU gibt, müssen Amerikaner nicht mehr so tun, als würden sie jedes Land auf diesem Kontinent kennen – wie es etwa die Sängerin Kelly Pickler in der Sendung Are You Smarter Than a Fifth Grader ausdrückte, als sie danach gefragt wurde, von welchem europäischen Land Budapest die Hauptstadt sei: »Ich dachte, Europa sei ein Land! Ist Frankreich ein Land? Ungarn? Das ist ein Land?«
    Wir Deutschen haben eine Beschäftigung für Edmund Stoiber gefunden, damit er uns hierzulande nicht mehr auf die Nerven geht. Viele Juristen haben nun endlich eine Beschäftigung und müssen nicht mehr im chauffierenden Gewerbe tätig sein. Die Gesetze und Verordnungen der EU sind wunderbar.
    Dieses Europa ist eine wunderbare Idee, sie wird erfolgreich sein – weil da zusammengepresst wird, was zusammengehören muss. Die paar Unterschiede machen ja erst den Reiz an der ganzen Sache aus, sonst wäre es ja langweilig. Es braucht nur ein paar kleine Regelchen, und schon heißt es: Vorfahrt für Europa! Bald wird europaweit das spanische Wetter eingeführt, der italienische Wein und der irische Gesang – und dann sind alle glücklich, weil es eine EU -Verordnung geben wird, die besagt, dass alle Einwohner glücklich zu sein haben. Und weil EU -Recht über Landesrecht steht, muss selbst der muffelige Deutsche glücklich sein.
    Wie einfach das mit Europa und den Gesetzen werden wird, zeigt diese fiktive Geschichte des überaus talentierten griechischen Fußballers Ioannis Ballos. Er ist für einen Verein in der Hauptstadt Athen tätig, der zwar kürzlich Insolvenz anmelden musste, es aber überhaupt nicht einsieht, den Spielbetrieb einzustellen, am Gehalt seines besten Spielers zu sparen oder ihn gar zu verkaufen. Nur zähneknirschend setzt sich der griechische Vereinspräsident an einen Tisch mit anderen europäischen Vereinen, die Ballos gerne verpflichten möchten. Zu den Bietern gehören:
ein englischer Verein, vertreten durch einen russischen Oligarchen (Brite),
ein französischer Verein, vertreten durch einen arabischen Investor (Franzose),
ein spanischer Verein, vertreten durch den Präsidenten, der im Nebenjob Immobilien

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