Mit einem Bein im Modelbusiness
hoch«-Zeichen sofort ihre Props gaben.
Christian Stemmler kam einen Schritt auf mich zu. Ich merkte schon am Strahlen in seinem Gesicht, dass ihn meine Aktion echt fasziniert hatte.
» Man weiß sich zu helfen, Mario«, sagte er kopfnickend. » Super, wie du das durchziehst. Ich finde das so cool. Wirklich, dicken Respekt!«
» Danke, Christian.«
Ach, es war toll! Es herrschte plötzlich eine ganz warme und angenehme Atmosphäre im Studio, fast schon familiär. Ich war bestens aufgelegt, tänzelte um meinen Stuhl herum und klatschte lautstark in die Hände: » So, Leute, dann lasst uns mal loslegen!«
Tom nahm mich mit zu seinem Platz und fuhr mir durch die Haare.
» Mario«, sagte er und legte eine dramaturgische Pause ein. » Wir müssen das bleachen!«
Bitte nicht!
» Echt? Ich weiß nicht. Also, da hab ich, ehrlich gesagt, nicht so große Lust drauf.«
» Wie, nicht so große Lust drauf?«, wurde er plötzlich lauter im Ton. » Was soll das denn bedeuten?«
Seine Assistenten wurden sichtlich nervös.
» Ey, Tom«, meinte ich locker, um die Lage wieder ein bisschen zu entspannen. » Das ist doch nur ein Testshooting. Lass uns mal nicht gleich übertreiben, okay? Ich brauche eigentlich keine weißen Haare.«
Ich hatte meinen Satz kaum zu Ende gesprochen, da war auch schon wieder die komplette Crew um mich herum versammelt, um besänftigend auf mich einzuwirken.
» Nein, nein, Mario. Das ist kein Test. Wir shooten hier für die FELD HOMMES «, sagte eine der Assistentinnen, und die anderen nickten, als wollten sie ihre Aussage noch einmal unterstreichen. » Hat dir das keiner gesagt?«
» Nee«, grummelte ich wenig beeindruckt. » Also kein Test?«
» Nein, nein!«
» Um ehrlich zu sein, von FELD habe ich noch nie etwas gehört. Ist das eines dieser Internet-Foren?«
Mir sagte dieser Name wirklich nichts. Hätten sie GQ , Vogue oder meinetwegen Men’s Health gesagt, wäre das etwas anderes gewesen, aber so zuckte ich nur mit den Schultern.
» Oh Mario«, schmunzelte Tom. » Die FELD HOMMES ist zurzeit das Männermagazin of the year. Frisch ausgezeichnet mit einem ADC Award.«
Ich hatte natürlich nicht die leiseste Ahnung, was ein ADC Award war, aber so langsam dämmerte es auch mir, dem Nullchecker of the year: Ich hatte meinen ersten Job, mein erstes Magazin-Shooting. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter.
Ich sah mich im Spiegel, all die Menschen um mich herum, und wieder schwirrte dieser Gedanke in meinem Kopf herum, ob ich nun endlich auch mal Geld für meine Arbeit bekommen würde. Natürlich habe ich nicht danach gefragt, denn eine der ersten Regeln, die ich von meiner Agentur zu hören bekam, lautete, dass man am Set niemals über Geld redet. Das sei ausschließlich Sache der Agentur. Auch Einschleimsätze wie » Hey, ich bin ein richtiger Fan von dir und ein Bewunderer deiner Arbeit«, » War super heute. Lass uns doch mal wieder zusammenarbeiten« oder » Hier ist meine Nummer. Ruf mich das nächste Mal einfach direkt an« seien absolut tabu. Generell gilt: Wenn du mit einem Fotografen oder Stylisten das erste Mal zusammenarbeitest, lässt du deine Visitenkarte besser in der Hosentasche. Ausnahmen gibt es immer. Wenn du dich mit einer Person auf Anhieb gut verstehst und die Wellenlänge stimmt, dann gibt es auch keinen Grund, sich nicht zu connecten. Bei Christian Stemmler war das zum Beispiel so. Ein wirklich toller Typ, der sich seine Kunden aussuchen kann und schon mal Großprojekte wie den OTTO -Katalog bekommt. Sein Ruf als Stylist ist so gut, dass die Kunden ihm manchmal sogar die Auswahl der Models überlassen. In den letzten Jahren bin ich immer mal wieder nichts ahnend zu einem Shooting gekommen, sah Christian, der mir komplizenhaft zuzwinkerte, und wusste sofort Bescheid. Diese Augenblicke sind wirklich schön! Es gibt sie nämlich, die Menschen, die immer wieder an einen denken, auch im kalten und egozentrischen Modebusiness. Du musst nur zulassen, dass sie dich finden.
» Habt ihr ein Exemplar dieser FELD da?«, rief ich durchs Studio und bekam ohne Umschweife die neueste Ausgabe präsentiert. Ich blätterte ein bisschen darin und war schwer beeindruckt. Kein Wunder, dass die Crew so davon schwärmte. Das war Hochglanz-High-Fashion auf höchstem Niveau. Mir wurde ganz warm. Einmal im Leben in so einem Magazin eine große Strecke zu bekommen, ist der Traum eines jeden Models. Und ich wäre fast nicht hingegangen!
» Kann man das Heft richtig am Kiosk kaufen?«, fragte
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