Mit einem Bein im Modelbusiness
öffnet.
Last train from Paris
Ich wartete, bis die Jungs ihr Spielchen beendet hatten, und schlenderte gemächlich mit ihnen in die WG zurück. Den restlichen Tag verbrachte ich im Bett und versuchte, meine Gedanken zu sortieren. Ich fühlte mich wie damals während der ersten Casting-Woche, als sich mein Bein entzündet hatte – unsicher und machtlos. Auch die Schwindelgefühle waren wieder da und nahmen von Stunde zu Stunde zu. Womit hatte ich diese Scheiße nur verdient?
Mein Flieger nach Paris ging am nächsten Tag. Allein bei dem Gedanken, in nur wenigen Stunden aus diesem Bett aufstehen zu müssen, schüttelte es mich am ganzen Körper. Ich hatte noch immer diesen fremdartigen metallischen Geschmack im Mund und fühlte mich wie auf Droge. Was hatte ich Vollidiot mir nur dabei gedacht, in dem Zustand Basketball spielen zu gehen?
Die Jungs gaben alles, um mich irgendwie abzulenken, und kümmerten sich rührend um mich. Sogar Saskia kam noch vorbei und brachte mir frisches Obst ans Bett, das sie vorher in mundgerechte Stücke geschnitten hatte. Ich hatte zwar keinen Hunger, aber Roberto bestand darauf, mir seine sizilianische Hühnersuppe zu kochen, die, wie er mehrfach garantierte, Tote zum Leben erweckte. Es war ein Segen, in Momenten wie diesen so wunderbare Freunde um sich zu haben.
Am nächsten Morgen fragte ich mich, wie ich diese Reise nach Paris überstehen sollte. Der Flieger ging schon um 9 Uhr, also setzte ich mich um 7 Uhr in den Bus zum Flughafen und versuchte, gegen die immer wiederkehrenden Angstattacken anzukämpfen, aber viel brachte es nicht. Mir ging es wieder fast so schlecht wie nach der Byblos -Show, doch ich zwang mich durchzuhalten. Pausenlos dachte ich an den legendären Satz von George Best: Pain is temporary, glory is forever! Pain is temporary, glory is forever! Pain is temporary, glory is forever!
Zehn Minuten nachdem der Flieger in Paris gelandet war, hing ich auch schon über der Flughafentoilette und musste mich übergeben. Jetzt mit der U-Bahn zu fahren, würde ich nicht überstehen, dachte ich mir, kratzte meine restliche Kohle zusammen und nahm mir ein Taxi ins Apartment. Eigentlich hätte ich sofort in der Agentur aufschlagen müssen, um meine Termine zu checken, doch ich war dermaßen schwach, dass ich kaum meinen Koffer tragen konnte. Ich legte mich direkt ins Bett und schwänzte die ersten drei Castings des Tages, bis mein Handy klingelte.
» Mario, wo steckst du?«, fragte mein Booker.
» Der Flieger hatte Verspätung«, log ich. » Bin gerade erst in die Wohnung gekommen.
» Ah, okay. Ich verstehe. Denk dran, übermorgen ist das Fitting bei Alexis. Hast du das auf dem Schirm?«
» Jaja«, grummelte ich.
» Und sonst alles klar?«
» Yo, alles klar.«
Nichts war klar. Überhaupt nichts war klar. Die Infusion im Krankenhaus hatte rein gar nichts gebracht. Ich überlegte, ob es vielleicht am Hummer gelegen haben könnte, aber den anderen Jungs ging es blendend, also musste mir wirklich jemand etwas in den Drink getan haben. Ein eifersüchtiges Model vielleicht? Aber eifersüchtig auf was, den Job bei Byblos? Sicher nicht, oder doch?
Ich würde es ohnehin nie erfahren, also war es sinnlos, sich darüber Gedanken zu machen. Kopfschmerzen hatte ich auch so schon genug.
Ich rief Lea an. Sie wusste von meinem Abenteuertrip der letzten achtundvierzig Stunden ja noch nichts. Sie fiel aus allen Wolken.
» Mario, du fährst sofort nach Hause!«, sagte sie den Tränen nahe. Setz dich in einen Zug und komm zurück. Bitte!«
» Aber Lea, übermorgen laufe ich die Show für Alexis Mabille. Das ist wichtig!«
» Deine Gesundheit ist wichtiger! Bitte komm her! Versprich es mir!«
» Okay, versprochen.«
» Ehrlich?«
» Ehrlich.«
Ich dachte nicht lange nach, rief meinen Booker an, sagte alles ab, schnappte mir meinen Koffer, der noch ungeöffnet neben der Tür stand, verließ die Wohnung, nahm den nächsten Zug nach Hamburg und lag acht Stunden später in meinem Bett, wo ich wie ein Murmeltier fast eine ganze Woche durchschlief. Mein Hausarzt schüttelte nur mit dem Kopf, als ich ihm davon erzählte. Es war richtig, auf Lea zu hören und nach Hause zu kommen.
Carla, ich muss in die Vogue!
Ich hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen wegen meiner abrupten Abreise aus Paris. Zum einen, weil ich die Show von Alexis sausen ließ, aber auch meiner französischen Agentur gegenüber, die mich wirklich pushte, wo sie nur konnte. Ich wollte meinen Booker schon mehrmals
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