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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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gewesen, zum Vorsingen!«
    »Donnerwetter! Und...? Haben Sie dort gefallen?«
    »Ich... ich bin gar nicht hingegangen!«
    »Nicht hingegangen?« Hein Grotius traute seinen Ohren nicht. »Aber warum denn nicht!? Wollen Sie gar nicht Sängerin werden?«
    »Doch, ja, natürlich will ich das! Bloß, mein Horoskop war so ungünstig, gerade für diesen Tag!«
    Hein Grotius starrte Gabriele sprachlos an, dann plötzlich brach er in ein unbändiges Gelächter aus. »Toll! Einfach toll ist das! So etwas hat die Welt noch nicht erlebt! Oh, Gaby, Sie sind das seltsamste Wesen, das mir je...«
    »Hören Sie doch mit dem albernen Gelächter auf!« fuhr Gabriele ihn ärgerlich an. »Ich weiß genau, was ich tue, und ich bin gar nicht seltsam! Überhaupt nicht seltsam, daß Sie es nur wissen!«
    Ihre großen braunen Augen füllten sich mit Tränen, und Hein Grotius wurde vor Bestürzung gleich wieder ernst.
    »Gaby, Kindchen! Nicht weinen, bitte nicht! So habe ich das doch nicht gemeint!« tröstete er sie und nutzte die günstige Gelegenheit aus, einen Arm um ihre Schulter zu legen und sie leicht an sich zu ziehen.
    Gabriele schaute ihn mit tränenerfüllten Augen an. »Bitte, Hein...«, flüsterte sie, »darf ich Ihnen nun Vorsingen?«
    »Alles dürfen Sie, Gaby, alles was Sie wollen!« erwiderte er und schloß sie noch ein bißchen fester in die Arme.
    »Ich danke Ihnen!« hauchte sie und entwand sich geschickt seinem zärtlichen Griff. »Bitte, setzen Sie sich jetzt an den Flügel!«
    Hein Grotius gehorchte, griff in die Tasten und sah sie erwartungsvoll an.
    »Können wir nicht das Fenster schließen?« bat Gabriele.
    »Ihr Wunsch ist mir Befehl!« gab Hein Grotius zurück, sprang auf und schloß das Fenster, das Gabriele gestört hatte. »So! Was wollen Sie nun singen?«
    »Vielleicht >Erst war es nichts als Zufall    »Klar, wer kennt das nicht!?« erwiderte Hein Grotius, und damit hatte er recht, denn das Lied vom Zufall war zur Zeit großer Modeschlager.
    Hein Grotius begann das Vorspiel, dann nickte er Gabriele ermunternd zu, und sie setzte mit ihrer zarten hübschen Stimme ein, sang dieses Lied, das die zufällige Begegnung eines einsamen jungen Mannes mit einem einsamen jungen Mädchen schilderte und mit dem Refrain endete:

»Erst war es nichts als Zufall,
dann wurde Schicksal draus,
und nun bin ich bei dir
und nirgends sonst zu Haus!«

    Gabrieles Geist und Gemüt waren während des Singens sozusagen dreigeteilt — erstens beschäftigte sie natürlich das Singen als solches, zweitens war sie bemüht, aus Leibeskräften mit Hein Grotius zu kokettieren, und drittens mußte sie zwischendurch immer wieder einen Blick durch das Fenster auf die Straße zu Till Torstens Auto hinunterwerfen.
    »Alle Achtung!« erklärte Hein Grotius nett, als sie geendet hatte. »Wirklich! Gar nicht übel!«
    »Finden Sie?«
    »Sie sollten an Ihrer Stimme arbeiten.«
    Gabriele trat noch näher an das Fenster heran. »Hein«, sagte sie, »würden Sie es sehr unverschämt finden, wenn ich Sie bitten würde, mir etwas vorzusingen?«
    »Aber wieso denn? Überhaupt nicht!« Hein Grotius ließ sich nicht zweimal bitten, schon griff er in die Tasten und schmetterte los, das Lied vom gebrochenen Herzen, das Oskar Hähnlein gestern abend so tief beeindruckt hatte.
    Gabriele hörte ihm lächelnd und mit einem schmeichelnden Augenaufschlag zu, konnte es sich aber nicht verkneifen, immer wieder auf die Straße hinunterzublicken.
    Hein Grotius unterbrach seinen Gesang und sagte leicht verärgert: »Was ist denn los? Ich glaube, Sie hören mir gar nicht zu!«
    »O doch! Natürlich! Sie... Sie haben eine ganz unvergleichliche Stimme!« versuchte Gabriele ihre Unaufmerksamkeit wiedergutzumachen.
    »Weiß ich!« bestätigte Hein Grotius mit der ihm eigenen entwaffnenden Eitelkeit. »Aber wollen wir nicht trotzdem jetzt etwas trinken?«
    Gabriele schielte noch immer auf die Straße hinunter, und jetzt sah sie, wie Till Torsten aus dem Haus gestürzt kam, sich in sein Auto schwang und davonbrauste.
    Gabriele wandte sich erleichtert vom Fenster ab und blickte Hein Grotius an. »O ja!« stimmte sie ihm freudig zu. »Das ist eine gute Idee!«

XIII

    Liselotte Klaus hatte nach ihrem Besuch auf der Redaktion des Ausblick, der nicht dazu angetan gewesen war, ihr erregtes Gemüt zu besänftigen, nicht die geringste Lust, in den Blumenladen zurückzukehren. Ihr war — zum erstenmal seit vielen Jahren — der Gedanke an

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