Mit einem Fuß im Himmel
Torsten hier nächtelang beim Schein der Schreibtischlampe über einem Manuskript gebrütet oder ein dickes Buch gelesen hatte. Sie blickte neugierig umher und trat zu dem Schreibtisch. Ein Bild stand darauf, eine Fotografie Gabriele Görners.
Till Torsten war hinter Liselotte getreten. »Das muß natürlich weg«, sagte er hastig und wollte die Fotografie rasch in eine Schublade stecken.
»Aber weshalb denn?« fragte Liselotte. »Lassen Sie doch, da weiß ich etwas Besseres!« Sie öffnete ihre Handtasche und zog ein anderes Bild hervor, eine Fotografie, auf der sie selber, Liselotte, zu sehen war. »Stecken Sie das davor!«
Till Torsten sah staunend von Liselotte auf die Fotografie. »Sie sind ja ein tolles Mädchen!« erklärte er bewundernd. »Sie denken tatsächlich an alles!«
»An fast alles!«
»Bitte?«
»Ach, ich meine nur!«
Till Torsten steckte Liselottes Fotografie, wie geheißen, in den Rahmen.
»Kann ich nun Ihre anderen Räumlichkeiten sehen? Ich meine, es ist anzunehmen, daß ich als Ihre Braut...«
»Ja, natürlich, kommen Sie!«
Till Torsten öffnete leicht verlegen die Tür zu seinem spartanischen Schlafzimmer und ließ Liselotte einen raschen Blick hineinwerfen. »Oder wollen Sie...?« fragte er zögernd und öffnete die Türe noch ein wenig weiter.
»Nein, danke, das genügt!«
»Hier ist das Badezimmer, und das ist meine Küche!« erklärte Till Torsten.
»Sehr nett! Halten Sie das alles selber in Ordnung?«
»Natürlich nicht! Ich habe eine Putzfrau!«
»Ihr Männer habt es gut!« seufzte Liselotte.
»Kann ich nicht finden!«
»O doch! Von einer Frau würde jedermann erwarten, daß sie selber aufräumt und putzt und das alles!«
»Von einer Hausfrau, ja, aber doch niemals, wenn sie berufstätig ist!«
»Haben Sie eine Ahnung!« Liselottes Blick war auf eine Batterie Flaschen gefallen, die in der Nähe des Spülbeckens auf dem Küchenboden standen. »Soll das alles heute abend getrunken werden?« erkundigte sie sich.
»Meine Freunde sind alle, hm, sehr durstig«, erklärte Till Torsten.
»Und was wollen Sie zu essen anbieten?«
»Zu essen? Nichts natürlich! Ich habe doch niemand zum Essen eingeladen!«
»Mein Gott, wie Sie sich das vorstellen. Genau wie der kleine Moritz!« Liselotte lachte ob soviel männlicher Ahnungslosigkeit. »Wenn Ihre Freunde auch nur die Hälfte von dem Zeugs da vertilgen, wird es doch eine ziemlich lange Nacht werden, nicht wahr?«
»Damit muß ich natürlich rechnen!«
»Aber nicht damit, daß alle, Sie selber auch, einen mörderischen Hunger kriegen werden, was? Nein, so geht das nicht, das ist unmöglich!«
»Was sollen wir denn tun?«
»Gibt es hier ein Geschäft in der Nähe, wo Sie noch etwas einholen könnten? Ich meine, Sie müßten doch eigentlich hier in der Gegend bekannt sein!«
»Doch, natürlich, das kann ich. Bei Meyer wird bestimmt noch jemand da sein!«
»Dann sausen Sie los, aber rasch, bitte, damit ich nicht am Ende Ihre Freunde allein empfangen muß!«
»Na schön, ich werde laufen!« erklärte Till Torsten mannhaft, aber in der Türe drehte er sich doch noch einmal um. »Was soll ich denn holen, bitte?«
»Warten Sie, ich werde es Ihnen aufschreiben!« erklärte Liselotte ergeben. »Sonst vergessen Sie am Ende noch die Hälfte! Können Sie mir wenigstens Papier und Bleistift geben?«
Das nun war für Till Torsten eine Kleinigkeit, und Liselotte setzte sich an den Küchentisch und begann aufzuschreiben, es wurde eine lange Liste, angefangen von den verschiedensten Brotsorten bis zu den sauren Gurken.
»Gaby hätte an so etwas nie gedacht!« stellte Till Torsten bewundernd fest.
»Finden Sie diesen Vergleich sehr geschmackvoll?«
»Nein, entschuldigen Sie, bitte, es ist mir so rausgerutscht!«
»So, ich glaube, das ist alles. Laufen Sie los und beeilen Sie sich!«
Till Torsten nahm die Liste an sich und verließ das Zimmer, diesmal ohne sich in der Türe umzusehen, und gleich darauf hörte Liselotte das Schloß einschnappen. Sie stand auf und lief ans Fenster des Wohnraums, öffnete es und lehnte sich weit heraus, vielleicht konnte sie ihn davongehen sehen, aber es stellte sich heraus, daß das Dachgeschoß etwas zurückgebaut war und daß man von hier oben nur die andere Straßenseite, den Weg entlang des Hofgartens, beobachten konnte.
Liselotte setzte sich aufs Fensterbrett und zündete sich eine Zigarette an. Ihr war nicht wohl in ihrer Haut, nein, durchaus nicht. Es beruhigte sie nicht, daß sie gleich Till
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