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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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hast du nett gesagt, Oskar«, erklärte Therese beglückt, »manchmal kannst du überhaupt sehr nett sein!«
    Sie hoben ihre Sektgläser und tranken einander zu, und Therese, die den prickelnden Trank freudig genoß, ahnte nicht, daß Oskar in diesem Augenblick sein Schicksal verfluchte, das ihn zwang, sich zwei Abende hintereinander mit diesem Weibergetränk, wie er es in Gedanken nannte, zu begnügen. Er freute sich darauf, morgen endlich wieder bei Steinhäger, Bier und Männergesprächen in seiner gemütlichen kleinen Kneipe sitzen zu können. Aber erst mußten auch die letzten Spuren des häuslichen Gewitters aus der Luft verschwunden sein, ein für allemal! Er mußte Therese den Wind aus den Segeln nehmen, damit sie ihm später, bei passender und, wie es ihr zuzutrauen war, auch bei ganz und gar unpassender Gelegenheit, die Eskapade des gestrigen Abends nicht wieder vorwerfen konnte.
    »Jetzt bist du mir nicht mehr böse, nicht wahr, mein Täubchen?« forschte er und sah ihr dabei tief in die Augen.
    »Ich hatte mir ja nur solche Sorgen um dich gemacht, Oskar, und du weißt, meine Nerven...«
    »Ja, mein Täubchen, ich verstehe das schon. Aber es war wirklich eine geschäftliche Besprechung, das mußt du mir glauben!«
    »Ja, Oskar, das glaube ich dir! Bei all deinen Fehlern hast du mich doch niemals belogen.«
    Ihr Blick verließ Oskar Hähnlein und wanderte zu Hein Grotius, der quer durch den Saal kam und ganz nah an ihrem Tisch vorbeiging. Zu ihrer Überraschung grüßte Hein Grotius lächelnd. Erst bezog sie diesen Gruß auf den verwirrenden Charme, den sie in ihrem neuen Kleid zweifellos ausstrahlen mußte, aber dann bemerkte sie, daß Oskar zurückgrüßte, und sie begriff, daß die beiden Männer einander kannten.
    »Das war doch der Sänger!« sagte sie, als Hein Grotius vorbeigegangen war, mit dem vergeblichen Versuch, ihre Stimme zu einem Flüstern zu senken. »Woher kennst du ihn?«
    »Aber Täubchen, Hein Grotius ist doch ein guter Kunde von uns!« erwiderte Oskar Hähnlein prompt.
    Therese atmete erleichtert auf. »Und ich dachte schon...«
    »Ganz falsch, mein Täubchen, ganz falsch!«
    Thereses Blicke folgten Hein Grotius, und es entging ihr nicht, daß eine junge und sehr elegante Dame auf sprang, noch ehe sich der Sänger vor ihr verbeugt hatte. Die beiden schienen einander gut zu kennen, und als sie jetzt über die Tanzfläche schwebten, stieß Therese einen kleinen Seufzer aus, der aber nicht Hein Grotius und nicht Oskar Hähnlein, sondern ihrer entschwundenen Jugend galt und dem großen Abenteuer des Lebens, das sie schon hinter sich oder vielleicht auch einfach versäumt hatte. Was richtig war, vermochte sie selbst nicht zu entscheiden.
    »Täubchen«, fragte Oskar, »was ist?«
    Therese wandte sich ihm zu. »Ich bin doch sehr froh, daß ich dich habe, Oskar«, erklärte sie, und das meinte sie ganz und gar ehrlich.

XVI

    Die Stimmung auf Till Torstens Junggesellenabend näherte sich ihrem Höhepunkt. Schon gab es draußen in der Küche mehr leere als volle Flaschen. Und die Herren hatten Liselottes belegten Broten alle Ehre angetan.
    Dr. Speelmann hatte recht behalten, alle Freunde Till Torstens waren von seiner Braut begeistert, und es war das einstimmige Urteil, daß eine Frau wie Liselotte viel zu schade für Till Torsten sei. Till Torsten hatte das mit gutem Humor zur Kenntnis genommen, und Liselotte lebte im Wissen um die Verehrung so vieler Männer sichtlich auf. Leider waren diese Männer, außer Dr. Speelmann, alle bereits verheiratet, wie sie rasch herausbekommen hatte.
    Es ist eine hübsche Sache, die einzige Frau im Kreise von fünf vorwiegend mittelalterlichen, gut aussehenden Herren zu sein. Aber es ist auch reichlich anstrengend. Alles drehte sich an diesem Abend um Liselotte, von überall her flogen ihr Scherzworte und Neckereien zu, die sie schlagfertig parieren mußte. Jeder wollte mit ihr tanzen, und je später es wurde, je mehr der Alkohol seine beschwingende Wirkung entfaltete, desto strapaziöser wurde es für Liselotte. Bald wußte sie wirklich nicht mehr, wo ihr der Kopf stand und nach welchen Regeln sie ihre Beine im Tanz bewegen sollte.
    Sie war glücklich, als endlich, endlich auch Till Torsten sie aufforderte, und mit ihm brauchte sie nicht zu reden, er fragte nichts, er sagte nichts, er verlangte keine Unterhaltung. Still und wie im Traum wiegte sich Liselotte in seinen Armen, sie vergaß, wo sie war, sie vergaß ihr sonderbares Verhältnis zu Till Torsten, sie

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