Mit einer Prise Glück und Liebe
Zumindest nicht von ganzem Herzen. Das ist mein größtes Versagen. Und mein Schutz zugleich.
Wie auch immer – jedenfalls stellte sich heraus, dass Poppy Recht hatte. Dane konnte nicht treu sein, eine Erfahrung, die auch seine erste Frau gemacht hatte. Eine seiner Geliebten – ja, im Lauf der Jahre gab es offensichtlich eine ganze Reihe davon – wollte es nicht akzeptieren, als er behutsam versuchte, mit ihr Schluss zu machen. Sie drehte durch, postierte sich vor unserer Haustür und verfolgte mich und ihn über Monate. Sie entpuppte sich als hartnäckig und ausgesprochen lästig und machte es damit mir und auch Dane und meiner Familie unmöglich, so zu tun, als wäre es nie passiert.
Das einzig Gute war, dass Sofia zu diesem Zeitpunkt bereits ausgezogen war und aufs College ging. Sie war im ersten Jahr ihres Lehramtsstudiums im westlichen Teil des Bundesstaats und kam nur alle paar Wochen zu Besuch und während der Wintermonate überhaupt nicht.
Was es leichter machte, ihr all die hässlichen Szenen der Trennung zu ersparen.
Andererseits war ich völlig auf mich gestellt. Mutterseelenallein. Da ich die mitleidigen, blasierten und teilweise sogar hämischen Blicke nicht ertragen konnte, reichte ich meine Kündigung ein. Und ich setzte Dane vor die Tür.
Und da saß ich nun zu Hause und drohte in einem Meer aus Selbstmitleid und Demütigung zu ertrinken. Ich widerstand dem Drang, meinen Kummer mit einer Flasche Wein zu betäuben, dafür entwickelte ich andere selbstzerstörerische Angewohnheiten. Ich blieb die ganze Nacht auf und machte Computerspiele. Ich saß endlos vor dem Fernseher und sah mir irgendwelche Filme an. Zweimal ging ich mit Freundinnen auf die Piste und landete mit einem Kerl im Bett, worauf ich alles andere als stolz bin.
Die einzigen Familienmitglieder, die noch mit mir redeten, waren Poppy und meine Großmutter, die jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits an Demenz litt und immer wieder vergaß, dass ich mitten in einer Scheidung steckte. Manchmal vergaß sie auch, dass ich jemals geboren worden war, und verwechselte mich mit ihren Schwestern oder Töchtern.
In dieser Phase meines Lebens rettete mir das Brotbacken das Leben. Zum zweiten Mal.
Als ich eines Abends wie besessen alle meine Schränke ausmistete, stieß ich auf mein altes Notizbuch – RAMONAS BROTGEHEIMNISSE . Der Anblick meiner Handschrift auf der Umschlagseite – so voller Hoffnung auf das Leben, das mir bevorstand – und die Erinnerungen an diese schlimme Zeit, die ich letztlich doch überstanden hatte, trafen mich mitten ins Herz. Ich unterbrach meinen Derwischtanz für einen Moment, setzte mich auf den Boden und schlug es auf. Und ließ mich von meinen Erinnerungen einhüllen.
Aus einem Impuls heraus ging ich mit dem Buch in die Küche und nahm die einfachen, magischen Zutaten aus dem Schrank – Mehl, Salz, Hefe.
Aber diese Küche hatte seit Monaten nichts Kreatives mehr hervorgebracht. Ich hatte mich nahezu ausschließlich von Fertiggerichten und Crackern mit Erdnussbutter ernährt. Im Mehl hatten sich Käfer eingenistet, und die Hefe war zehn Jahre alt.
Ich schlüpfte in ein Paar Jeans, wusch mir das Gesicht und fuhr zum nächsten Supermarkt, der noch geöffnet hatte. Voller Genuss ging ich durch die Gänge und legte Vollkorn- und Weißmehl und ein Glas Frischhefe anstelle von getrockneter in den Wagen. Ich fand ein Glas koscheres Salz, das ich ebenfalls mitnahm, und spürte, wie etwas in meinem Innern, das ich längst vergessen geglaubt hatte, wieder zum Leben erwachte. Schließlich trug ich meine Schätze nach Hause und stellte alles auf die Arbeitsplatte.
Ich backte die ganze Nacht, löste die Hefe in Zuckerwasser auf und sah zu, wie der Pilz wuchs, ehe ich die Mischung mit dem Mehl und dem Salz vermengte und eine halbe Ewigkeit knetete, viel länger, als eigentlich notwendig gewesen wäre. Meine Hände erinnerten sich an Dinge, die mein Gehirn längst vergessen hatte – wie der Teig gewendet werden muss, das Gefühl des glatten, klebrigen Teigs unter meinen Handflächen.
Als der Morgen anbrach, rief ich Poppy an und fragte, ob sie noch etwas von ihren Starterteigen hätte. »Natürlich«, sagte sie. »Aber Adelaide kann dir auch etwas von ihrem abgeben, wenn du sofort einen brauchst.«
»Wahrscheinlich hat sie ihn nicht regelmäßig gefüttert und aufgefrischt.«
»Hol dir welchen«, sagte sie. »Ich bringe dir bei, wie man ihn wäscht.«
Der Starter war gerade noch zu retten, aber nur mit Mühe und Not. Er
Weitere Kostenlose Bücher