Mit einer Prise Glück und Liebe
schreibt sie nicht allzu viel über ihre Blumen. Und es darf sich auch nicht so anhören, als würde sie Ramona lieber mögen als ihre eigene Mom, deshalb kann sie auch über sie nur sehr wenig schreiben. Schließlich fährt sie fort.
Ich schreibe Dad fast jeden Tag eine Mail. Bald lerne ich auch schwimmen, und ich bin so gewachsen, dass du mich kaum wiedererkennen wirst!
Liebe Grüße,
deine Katie
Sie steckt den Brief in den Umschlag und lässt ihn offen, damit sie später das Geld hineingeben kann. Dieses Mal hat sie richtig viel gespart – knapp dreißig Dollar – und ist sehr stolz auf sich. Wenn Ramona ihr Nachmittagsschläfchen hält, wird sie ihn aufgeben.
Als Nächstes setzt sie sich an den Computer und schreibt eine fröhliche Mail an Sofia, die sie ihrem Dad vorlesen kann. In diesen Mails kann sie so glücklich klingen, wie sie sich fühlt. Sie schreibt über die Abendessen bei Jonah, die sie sehr gern mag; über die Blumenausstellung, die sie mit Lily im Juli besuchen wird. Es ist praktisch die größte Ausstellung für Dahlien des Landes. Oh, und dass sie schon fast einen Meter zweiundsiebzig ist.
Und dann, weil es so ein schöner Tag ist, an dem wohl keiner im Haus bleiben will, geht sie hinaus in den Garten.
SIEBENUNDDREISSIG
Ramona
I ch zähle gerade die Mehlsäcke, als Katie den Lagerraum betritt. »Könnte ich dich kurz sprechen?«
Sie sieht verängstigt und erschöpft aus. Schon den ganzen Tag habe ich das Gefühl, dass etwas in der Luft liegt. »Was ist passiert? Hast du schlechte Nachrichten bekommen?«
»Nein. Ähm …« Sie blickt über ihre Schulter zu den beiden Lehrlingen. Die Geschirrspülmaschine brummt, im Radio läuft Musik. »Ich dachte … ich … ich glaube, ich habe meine Periode bekommen.«
»Oh!« Sie ist noch so jung, andererseits war Sofia auch erst knapp vierzehn, also kaum älter als Katie jetzt – was einem Mädchen, das sich garantiert wünscht, ihre Mutter wäre jetzt bei ihr, wahrscheinlich nicht weiterhilft. »Okay. Lass uns nach oben gehen, dann zeige ich dir, wo alles ist.«
»Okay.«
Während sie mir nach oben folgt, überlege ich fieberhaft, ob ich Binden im Haus habe oder nur Tampons, die für die erste Regelblutung wohl nicht ganz ideal sind. Aber es stellt sich heraus, dass ich von beidem einen ausreichenden Vorrat habe. Ich zeige ihr, wie sie die Sachen benutzen muss, dann lasse ich sie allein und gehe mit Merlin hinaus. Nach einer Weile kommt sie mit sauberen Sachen aus dem Badezimmer. Beim Anblick ihrer betretenen Miene lächle ich sie an. »Herzlichen Glückwunsch«, sage ich, so wie meine Mutter es bei mir getan hat. »Ich habe Freundinnen, die ihre Töchter zur Feier des Tages eingeladen haben, aber ich schätze, du gehörst eher zu denen, die lieber kein großes Aufheben davon machen wollen, stimmt’s?«
»Ich weiß nicht recht«, sagt sie. »Ich hatte nur nicht damit gerechnet, das ist alles. Aber wenn ich überlege, wie ich mich in letzter Zeit so fühle, ist es eigentlich logisch.«
»Inwiefern?«
»Ich war ständig so gereizt. Ohne einen konkreten Grund dafür zu haben.«
Ich lache. »Ja, so fühlt man sich. Zumindest manchmal. Aber zum Glück nicht immer. Ich habe heute Nachmittag einiges zu tun, aber du brauchst dringend ein paar Sachen. Was hältst du davon, wenn wir Lily anrufen und heute Abend irgendwo schön essen gehen? Hast du Lust?«
Ihr Lächeln ist schüchtern und gewinnend zugleich und trifft mich mitten ins Herz. »Vielleicht ins Nosh? Oma – ich meine, Lily – war einmal zum Mittagessen mit mir dort.«
»Perfekt!«
»Ich bin oben«, sagt sie und hüpft davon. Merlin bleibt in der Küche zurück und sieht mich eindringlich an.
»Was denn?«, frage ich und massiere meinen Bauch. Das mulmige Gefühl ist immer noch da.
Er verlagert das Gewicht und wartet wie ein alter Kung-Fu-Meister darauf, dass ich seine Gedankengänge entschlüssle.
Ich schüttle den Kopf. »Tut mir leid. Ich habe keine Ahnung, was du von mir willst. Was soll ich tun?«
Auf dem Tisch liegt ein Brief, adressiert an Lacey Wilson, Katies Mutter. Es ist nicht richtig, das weiß ich, trotzdem ziehe ich ihn aus dem Umschlag und lese ihn, ehe ich ihn wieder zusammenfalte, in den Umschlag schiebe und exakt an dieselbe Stelle zurücklege. Wäre dieses elende Weibsstück in diesem Moment in greifbarer Nähe, würde ich sie erwürgen.
Aber was soll ich machen? Ich lasse den Brief liegen und kraule Merlins Kopf. »Danke. Geh und pass auf sie auf. Ich muss
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