Mit einer Prise Glück und Liebe
auf ihrem Stuhl zurückfallen und tätschelt ihn. »Das war echt gut.« Sie rülpst und schlägt sich lachend die Hand vor den Mund. »Entschuldigung.«
»Schon gut.« Ich nippe an meinem Kaffee und betrachte ihre langen Finger und großen Füße. »Du wirst bald mächtig in die Höhe schießen.«
»Meine Mom sagt, ich werde bestimmt mal einen Meter achtzig groß.«
»Gut möglich.« Oscar ist sogar noch ein gutes Stück größer. Beim Gedanken an ihn spüre ich einen dicken Knoten in der Brust. Ich muss mit ihr über ihn reden. Aber vorher gehen wir einkaufen. Das Kind braucht dringend ein paar neue Sachen.
Wir holen den Wagen und fahren zu Target, der schon früh aufmacht und wo wir mehrere Shorts und T-Shirts, ein Paar Jeans und einen Pulli erstehen.
Ich betrachte sie heimlich, um einzuschätzen, wie weit sie bereits in der Pubertät ist. Weiche goldene Härchen sprießen in ihren Achselhöhlen, und auf ihren Unterschenkeln glänzt ein zarter Flaum. Sie trägt einen einfachen Sport-BH, der seinen Zweck erfüllt. Also kaufen wir noch zwei weitere. Mir wird ganz anders bei der Vorstellung, wie dieses Kind in diesem entsetzlichen Umfeld, in dem sie zuletzt gelebt hat, zu einer jungen Frau hätte heranreifen müssen – inmitten all der Gefahren, die dort auf sie lauerten.
Zum Glück wurde ihre Mutter verhaftet, bevor ihr etwas zugestoßen ist. Und ich kann nur hoffen, dass Katie das eines Tages genauso sieht.
Als wir fertig sind, fahre ich zu einem Park. Wir steigen aus, ich kaufe uns an einem Stand ein Root Beer, dann schlendern wir zu einer Parkbank und setzen uns hin. »Mein Bruder bringt Merlin später vorbei, und vorher muss ich mich noch eine Weile hinlegen, aber zuerst wollte ich mit dir reden.«
Ihre Fingerknöchel um die Dose werden ganz weiß. »Ist mein Dad tot? Bist du deshalb schon den ganzen Morgen so nett zu mir?«
»Nein! Oh, nein, Schatz.« Ich nehme ihre Hand und halte sie fest. »So etwas Wichtiges würde ich dir niemals vorenthalten. Nie.«
Ihre Augen sind leuchtend grün wie junge Blätter. Argwöhnisch mustert sie mich und entzieht mir ihre Hand. »Was dann?«
»Es geht tatsächlich um deinen Dad. Sofia hat heute Nacht angerufen. Er ist sehr schwer verletzt. Er hat schwere Verbrennungen und« – ich muss schlucken – »den größten Teil seines rechten Beins verloren.«
»Aber er lebt.«
»Ja«, erwidere ich und wiederhole es, damit sie auch ganz sicher sein kann. »Ja. Er lebt. Sofia sagt, er liegt im Moment im Koma, was aber bei so schweren Verletzungen das Beste ist, weil es dem Körper Gelegenheit gibt, in aller Ruhe zu heilen.«
Sie starrt mich lange Zeit an, dann fragt sie: »Und ist sein Gesicht auch verbrannt?«
»Das weiß ich nicht, Katie.« Das ist schon das zweite Mal, dass sie mir diese Frage stellt. »Aber wir können es in Erfahrung bringen.«
Ihre Augen füllen sich mit Tränen, und sie verzieht das Gesicht. »Wann kann ich mit ihm reden, was glaubst du?«
»Wahrscheinlich noch nicht so bald, aber du kannst ihm eine Mail schicken. Und Sofia auch. Sie hält dich auf dem Laufenden. Hilft dir das?«
»Ja.« Sie streicht sich das Haar aus dem Gesicht. »Können wir jetzt nach Hause fahren? Ich will da sein, wenn Merlin ankommt, damit er keine Angst hat.«
Gewöhnlich lege ich mich am frühen Nachmittag eine Weile hin, und als ich heute endlich zwischen die Laken schlüpfe, bin ich völlig erschöpft. Milo hört die Sprungfedern quietschen, springt hoch und legt sich neben mich. Das Piepsen meines Handys weckt mich. Ryan hat mir eine SMS geschickt.
Hab den Hund. Mach dich auf etwas gefasst. Das gibt mächtig Ärger.
Ich schreibe sofort zurück:
Was heißt das?
Er ist hinreißend, aber völlig unerzogen.
Du hilfst mir doch, ja? Du kannst so gut mit Hunden umgehen.
Ich tue, was ich kann. Bin in zwanzig Minuten da.
Ich laufe nach oben und klopfe an Katies Tür. Sie ist nicht in ihrem Zimmer. Schließlich finde ich sie unten in der Küche am Computer. Sie fährt herum und sieht mich schuldbewusst an. »Was ist los?«
Ich darf nicht vergessen, eine Kindersicherung einzurichten. Als Resultat ihres bisherigen Lebens ist sie wahrscheinlich bei Weitem nicht mehr so unschuldig wie andere Mädchen in ihrem Alter, trotzdem habe ich ihr gegenüber Verantwortung. »Ryan ist mit Merlin schon unterwegs hierher. Ich will Milo oben einsperren. Lass uns alles vorbereiten.«
Als wir nach unten kommen, steht Henry vor der Tür. »Hallo, Ms. Gallagher. Wir wären dann so weit.
Weitere Kostenlose Bücher