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Mit einer Prise Glück und Liebe

Mit einer Prise Glück und Liebe

Titel: Mit einer Prise Glück und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B O'Neal
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genau dieselbe Farbe wie der kahle Granit der Berge in der Ferne. Als ich mich der Bäckerei nähere, muss ich wieder an Katie denken, die oben in ihrem Zimmer schläft.
    Bitte bring ihn wieder nach Hause , denke ich. Bitte.
    Ich stehe auf dem Bürgersteig, eine Hand auf dem Gartentor, lasse den Blick noch einmal über die Straße schweifen und bete zu den Heiligen, um deren Hilfe ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr gefleht habe – St. Joseph, der Schutzheilige der Kinder, St. Francis, der für die Tiere zuständig ist, und Maria, die stets ein waches Auge auf die Mütter hat.
    Gleich werde ich den Mädchen helfen, die Laibe in die Regale zu schichten, den Kaffee aufsetzen und die Spezialitäten des Tages mit Neonstift auf die schwarze Tafel schreiben.
    Ich stehe immer noch da, als Katie herausgelaufen kommt. »Wo ist Merlin?«, fragt sie. In ihrer Stimme schwingt bereits die Gewissheit, dass er verschwunden ist. »Wo ist er?«
    Ich hole tief Luft und drehe mich zu ihr um. »Er hat ein Eichhörnchen gejagt und ist über den Zaun gesprungen.«
    Sie ballt die Fäuste. »Ist er tot?«
    »Nein! Ich bin ihm nachgelaufen, so lange ich konnte, aber er war schneller. Bestimmt läuft er hier irgendwo herum. Sobald der Tierschutz aufmacht, rufen wir an. Die werden ihn zurückbringen, wenn sie ihn gefunden haben.«
    »Wie konntest du nur?«, ruft sie. Tränen kullern ihr über die Wangen. »Ich habe ihn dir anvertraut!«
    Ich hatte genau mit dieser Reaktion gerechnet, trotzdem ist es schrecklich. »Katie, ich stand genau hier, und er ist einfach rübergesprungen – einfach so, als würde der Zaun nicht existieren. Wir müssen uns irgendetwas einfallen lassen, damit er nicht wieder abhaut.«
    »Ich hasse dich«, sagt sie lahm und schüttelt den Kopf. »Ich. Hasse. Dich. Er war das Einzige, was ich noch hatte.«
    »Er ist doch nicht tot, Katie. Sondern nur ausgebüxt. Wir werden ihn wiederfinden.« Ich sage es laut, als könnte ich dadurch meinem sehnlichen Wunsch Nachdruck verleihen. Als würde es dadurch wahr, dass ich es ausspreche. Ich schiebe jeden Gedanken an die stark befahrene Colorado Avenue beiseite, ebenso wie die Tatsache, dass er sich an den Bahngleisen herumgetrieben hat, als Katie ihn gefunden hat. Aber vielleicht ist er auch ein Vagabund, und wir sehen ihn nie wieder. »Wir werden ihn wiederfinden«, beteuere ich noch einmal.
    Ihre Schultern sacken nach unten. »Bei mir läuft es aber nie so.« Mit gesenktem Kopf dreht sie sich um und macht die Tür auf. Ich ertrage den Anblick ihrer mageren Schulterblätter kaum, die sich wie Engelsflügel unter ihrem T-Shirt wölben. Ich laufe die Treppe hinauf und schlinge von hinten die Arme um sie. »Es tut mir so leid, Katie.«
    Einen langen Moment lässt sie es geschehen, dann löst sie meine Arme und geht hinein.
    Was jetzt?, denke ich. Aber das Brot wartet darauf, geschnitten zu werden. Und die ersten Kunden trudeln bereits ein.
    Brot. Für mich steht und fällt alles mit Brot. Brot, das mir schon mehr als einmal das Leben gerettet hat.

SCHRITT ZWEI:
    Zutaten
    Im Zeitalter vor der Erfindung der Bäckerhefe mussten sich die Bäcker täglich auf ihre bewährten Starter und levains verlassen, wenn sie einen frischen Laib Brot backen wollten. Einige der Starter waren knüppelhart und brauchten jede Menge Wasser und viel Knetarbeit, um zur perfekten Grundlage für ein köstliches Brot zu werden; andere dagegen waren weich wie Frauenbrüste, nachdem sie tags zuvor abgeteilt und über Nacht an einem warmen Ort aufbewahrt worden waren.
    In einigen Dörfern war Brotbacken ein sinnlicher Akt, den nur die Keuschesten vollführen durften, ohne der Fleischeslust und somit der Sünde anheimzufallen. In anderen Dörfern mussten die Bäcker zur Beichte gehen, ehe sie sich an die Arbeit machen durften, um zu verhindern, dass sich ihre Sünden und Verfehlungen auf diejenigen übertrugen, die das Brot aßen.
    Im Bäckereihandwerk existieren zahlreiche Traditionen; es werden die unterschiedlichsten Mehlsorten verwendet und Formen gebacken, doch eines ist den Bäckern gemeinsam: ihre Macht, jeden Tag aufs Neue die frischen Zutaten zusammenzufügen und einen flachen, scheinbar leblosen Teigklumpen wachsen zu lassen wie den Leib einer werdenden Mutter. Sie besitzen die Macht, aus einfachsten Zutaten wie Mehl, Salz, Hefe und frischem Wasser ein Brot mit seiner wundersamen Heiligkeit zu erschaffen.

DREIZEHN
    Ramona mit fünfzehn
    B eim ersten Mal, als mir Brot das Leben rettete, war ich

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