Mit einer Prise Glück und Liebe
mit einer engen Treppe, die nach oben auf den Dachbalkon führte. Eine Wand in meinem Zimmer nahm ein Regal voller Bücher ein, teils ordentlich aufgereiht, teils wild hineingestopft, während sich andere in Stapeln auf dem Boden türmten. Ich strich mit den Fingern darüber. Wenigstens hatte ich hier Zeit zum Lesen.
Es war stickig im Zimmer, also riss ich das Fenster und die altmodischen Metallfensterläden auf, bevor ich mich auf dem Bett zusammenrollte. Eine angenehme Brise trug zarten Rosenduft herein. Ich schloss die Augen wie Dorothy in Der Zauberer von Oz und versuchte, mich mittels Gedanken nach Hause zurückzubefördern.
Aber ich hatte weder rote Schuhe noch gelang es mir einzuschlafen. Stattdessen lag ich da, das Herz schwer wie ein Mühlstein in meiner Brust, und wünschte mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Zurück zum letzten Sommer, als mein Dad mir endlich erlaubte, im Erin Steakhouse, dem Flaggschiff unseres Familienbetriebs, die Tische abzuräumen. Es machte riesigen Spaß. Ich fand es toll, in meiner Uniform aus schwarzer Hose, weißer Bluse und einer kleinen smaragdgrünen Fliege herumzulaufen, obwohl sie eigentlich potthässlich war; ganz anders als die Uniform der Kellnerinnen, die todschick, wenn auch ziemlich tief ausgeschnitten war. Nicht, dass ich an der Dekolletee-Front viel zu bieten gehabt hätte – ich hatte gerade mal seit Mai meine Periode, wenn auch regelmäßig.
Verdammt.
Das Baby drückte meine Lunge nach oben, so dass ich mich auf die Seite drehen musste, damit ich Luft bekam. Bei der Erinnerung an diesen letzten Sommer wäre ich am liebsten erneut in Tränen ausgebrochen. Ich hatte nur einen einzigen Wunsch gehabt – auch in diesem Sommer wieder im Steakhouse zu arbeiten. Vielleicht hätte ich dieses Jahr auch im Café am Highway zum Pikes Peak aushelfen dürfen, wo es Kaubonbons in den schillerndsten Farben und frittierte Hühnchen gab und die Touristen auf dem Weg zu oder von einem der höchsten Berge Amerikas einkehrten und literweise Root Beer bestellten.
Das Steakhaus mochte ich lieber. Eine meiner Aufgaben bestand darin, die Tische einzudecken und die grünen Mitteldecken auszutauschen, wenn sie schmutzig waren. Auf den weiß gedeckten Tischen standen Kristallvasen mit Nelken, die ich auf braune Stellen oder welke Blütenblätter überprüfen und gegebenenfalls austauschen musste. Ich sollte dafür sorgen, dass die Tische makellos aussahen, mit spitz gefalteten Servietten exakt in der Mitte jedes Platzes, zwei Gabeln auf der linken, einem Löffel sowie einem Steak- und einem Buttermesser auf der rechten Seite und einem Löffel oben. Als Letztes musste ich die Kerzen anzünden und die Beleuchtung herunterdrehen.
Es muss nach Luxus riechen , sagte mein Vater immer. Er war in der ganzen Stadt berühmt für seine gastgeberischen Qualitäten, sein weltmännisch-pompöses Auftreten, sein dichtes, welliges schwarzes Haar und seine eleganten Anzüge, die meine Mutter für ihn aussuchte, wenn sie zweimal im Jahr nach Denver zum Einkaufen fuhren. Jeder ging gern ins Erin Steakhouse, insbesondere, wenn es etwas zu feiern gab. Wenn die Zeit der Abschlussbälle nahte, gab es besonders viel zu tun. Mädchen kamen in langen Kleidern mit hübschen Korsagen zu uns, oder die Eltern, um den Abschluss ihrer Söhne an der Air Force Academy zu feiern. Dann herrschte Hochbetrieb.
Und ich genoss es, mitten im Geschehen zu sein – Wassergläser zu füllen, die riesigen Schüsseln mit Shrimps auf Eis zu den Tischen zu tragen, die in diesem Sommer als Vorspeise serviert wurden, die Tische zügig abzuräumen und für die nächsten Gäste neu einzudecken. Zusätzlich zu meinem ziemlich geringen Stundenlohn bekam ich Trinkgeld, so dass ich jede Woche etwas auf die hohe Kante legen konnte.
Mittlerweile hatte meine Schwester Steph den Job, während ich in Sedalia festsaß, wo ich keine andere Beschäftigung hatte, als zu lesen und abzuwarten, bis ich endgültig wie eine Wassermelone aussah und platzte.
Ich lag zusammengerollt im Gästebett meiner Tante Poppy, kniff die Augen zusammen und wünschte, es könnte wieder der letzte Sommer sein.
Als ich noch glücklich war.
Bevor all das passierte.
Es war bereits dunkel, als Poppy mich weckte. »Komm, Schatz, Zeit fürs Abendessen. Es ist schon nach sieben.«
Abrupt fuhr ich hoch. »Ich habe keinen Hunger.«
»Du musst etwas essen.« Poppy tätschelte meinen Schenkel und richtete sich auf. »Das Baby muss doch wachsen.«
Ich schloss die
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