Mit einer Prise Glück und Liebe
geschlungen. In ihren Ohren funkelten goldene Stecker. »Mom!«
»Hi, Ramona«, sagte sie und umarmte mich. Der Geruch nach Haarspray, Zigarettenrauch und Kaugummi trieb mir die Tränen in die Augen.
Doch dann fiel mir ihre versteinerte Miene wieder ein, als sie mich hier abgeliefert hatte. Ich versteifte mich und löste mich von ihr. »Was machst du denn hier?«
»Na ja, du hast ja bald Geburtstag, deshalb dachte ich, wir könnten vielleicht nach Denver fahren und ein bisschen shoppen gehen.«
»Heute?« Ich sah zum Plattenladen hinüber. »Jetzt gleich?«
»Nein, wir können auch später noch fahren. Poppy meinte, du hättest möglicherweise gern Malsachen und Zeichenblocks, deshalb habe ich dir ein paar von zu Hause mitgebracht. Aber vielleicht wünschst du dir ja auch noch etwas anderes.«
Meine Laune hob sich schlagartig. »Könnten wir bei La Crêperie ein paar Crêpes essen?«
Sie lächelte mich an und sah auf einmal wieder wie meine Mutter aus; wie meine richtige Mutter, die nicht stocksauer auf mich war. »Klar.«
Poppy kassierte ihren Kunden ab und kam herüber, um meine Mutter zu begrüßen. Sie wirkte so viel glücklicher und entspannter als ihre Schwester, als fühle sie sich pudelwohl in ihrer Haut. Sie trug ein ärmelloses hellgrünes Kleid mit Paisleymuster, das ihrem Teint und ihrem Haar eine hübsche Wärme verlieh, was auch meiner Mutter nicht entging. »Du siehst toll aus, Poppy. Was hast du angestellt?«
Poppy zuckte die Achseln. »Ich fühle mich einfach nur gut. Es ist schön, über den Sommer Gesellschaft zu haben.« Sie deutete auf ihr mittlerweile sichtlich geschrumpftes Sortiment. »Ich würde gern eine Kleinigkeit essen. Vielleicht wollt ihr ja mitkommen. Und Ramona wollte noch kurz im Plattenladen vorbei.«
Dankbar nickte ich. »Ihr könnt mich ja später dort abholen.«
»Geh nur.«
Ich schlenderte die Straße hinunter. Die Sonne brannte, in der Luft lag der Duft nach Zimtschnecken, und fröhliches Kinderlachen wehte herüber. Das Baby bewegte sich und schlug Purzelbäume, als wäre auch sie bester Dinge. Ich spürte einen Stich. Sie würde mit einer anderen Mami lachen. Ich würde dieses Lachen niemals hören.
Ich blieb mitten auf dem Bürgersteig stehen und spürte, wie mir die Tränen kamen. Es gelang mir, einen Schluchzer zu unterdrücken, doch die Tränen liefen mir ungehindert übers Gesicht. Hastig wischte ich sie ab und tat so, als hätte ich etwas im Auge. Eine Frau in Jeans und dicksohligen Schuhen musterte mich besorgt, doch ich ging eilig an ihr vorbei. Wenn mir jetzt jemand ein paar mitfühlende Worte schenkte, gäbe es endgültig kein Halten mehr.
Wie hatte all das nur passieren können? Und was sollte ich jetzt machen?
Ich verlangsamte meine Schritte. Was sollte ich jetzt machen? Gab es etwa noch eine andere Lösung?
Ich dachte an Poppys Geschichten über Indien; darüber, wie sie mit ihren Freunden zusammen gewesen war, in einem Aschram gearbeitet und alles über Elefanten und Saris und sonstige Dinge gelernt hatte, die sonst keiner in unserer Familie wusste. Ich dachte an Nancys Geschichten über Paris, die sie mir während der letzten Wochen erzählt hatte. Sie brachte mir bei, wie man einen levain machte, der die Basis für die Kunst des langsamen Brotbackens darstellt. Zwei Vorteige hatte ich bereits wegwerfen müssen, weil sie keine ausreichende Menge an Hefepilzen entwickelt hatten, um anständig zu wachsen, und erst gestern Abend hatte ich einen neuen angesetzt. Er lag in einem Glas in Poppys Küche, damit er ein bisschen Sonne, aber nicht zu viel bekam. Vielleicht klappte es ja diesmal. Poppy meinte, ich dürfte keine zusätzliche Hefe dazugeben, sondern müsste einfach abwarten. Und das tat ich auch.
Letzten Montag waren wir zur Adoptionsagentur gefahren, wo ein Gespräch für die künftigen Adoptiveltern auf Video aufgezeichnet wurde. Nancy hatte gemeint, ich solle mich ganz normal geben und in die Kamera sagen, was ich mir für das Baby wünschte und was mir sonst noch einfiele. Ich sagte die Wahrheit – dass ich zu jung für ein eigenes Kind sei, zuerst aufs College gehen müsse und reisen wolle, weshalb es das Beste für das Baby sei, wenn es zu einer Familie komme, die bereit dafür sei.
In diesem Augenblick drang leise Musik an meine Ohren. Erst jetzt merkte ich, dass ich um ein Haar am Plattenladen vorbeigegangen wäre. Ich war völlig fertig, so als hätte ich stundenlang geweint. Einen Moment lang überlegte ich, lieber doch nicht
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