Mit einer Prise Glück und Liebe
so meint. Wir alle wissen das. Das ist seine größte Gabe – stets das Beste in uns allen zu sehen und es uns wie einen blank polierten Apfel vor die Nase zu halten. Allen Frauen, wo er geht und steht. Und seine Bewunderung ist stets aufrichtig. In seiner Gegenwart vergesse ich die fünf Kilo, die ich zu viel auf den Rippen habe, die Falten in meinem Gesicht, und fühle mich so schön wie eine Meerjungfrau. Empfindet meine Mutter genauso? Wenn sein Charme heute so umwerfend ist, wie mag Cat mit fünfundzwanzig gewesen sein, als er ihr zu Füßen lag, als wäre sie die Königin seines künftigen Reichs?
»Danke«, erwidert sie kühl und stellt die Blumen auf dem Küchentisch ab. »Wie geht es dir?«
»Sehr gut, danke.«
Ich habe die beiden noch nie im selben Raum erlebt. Cat und mein Vater sind erbitterte Feinde, deshalb sind die Chancen, dass sich ihre Wege kreuzen, äußerst gering. Bei ihrem Anblick – sie gertenschlank, gepflegt und wesentlich jünger aussehend, als sie ist, er so groß und kräftig und attraktiv – wird mir bewusst, was für ein bildschönes Paar sie einst abgegeben haben müssen. Was ist damals passiert? Was hat meine Mutter bewogen, sich letzten Endes für meinen Vater zu entscheiden?
Meine Mutter wischt sich die Erde von den Händen und wirft mir einen vielsagenden Blick zu. »Katie kommt gleich mit einigen Dahlien. Hast du etwas dagegen, wenn sie zum Abendessen zu mir kommt? Sie will mir helfen, einige Blumen einzusetzen, und ich habe versprochen, Bananenpudding für sie zu machen.«
In diesem Moment betritt Katie den Raum, erhitzt und so glücklich, wie ich sie noch nie gesehen habe. In ihren neuen Sachen – die ihr wirklich passen – sieht sie richtig hübsch aus. »Wir haben Millionen Blumen gekauft«, ruft sie und stellt einen Karton Dahlien – Martha-Washington-Dahlien mit den typisch magentafarbenen, weiß geränderten Blüten – neben den Geranien ab. »Lily hat mir die hier gekauft, damit ich sie vor der Bäckerei einpflanze, wenn das okay ist. Anstelle von denen, die bei dem Rohrbruch kaputtgegangen sind.«
»Kein Problem.« Ich sehe zu meiner Mutter hinüber und reiße verblüfft die Augen auf. Wo hast du dieses fröhliche Kind aufgegabelt? Ihre versteinerte Maske beginnt für einen Moment zu bröckeln, und sie grinst. »Katie hat ein Händchen für Blumen. Es macht dir doch nichts aus, oder?«
»Überhaupt nicht.« Ich werfe Cat, der mitten in der Küche steht, einen finsteren Blick zu. »Danke für alles, Cat«, sage ich spitz. »Wir sehen uns.«
Er hebt einen Finger. »Genau. Bis dann, Ladys. Viel Spaß mit den Blumen.«
»Ich hab Hunger«, verkündet Katie. »Sind noch Donuts übrig?«
»Nein, alle weg«, antworte ich.
»Iss lieber ein Sandwich, Schatz«, meint Lily.
Unsere Blicke begegnen einander über Katies Kopf hinweg. Wir sind noch nicht fertig miteinander , sagt ihr Blick.
»Es ist nicht so, wie du denkst«, sage ich und kreuze die Arme vor der Brust.
Sie hebt enttäuscht die Brauen, eine Geste, die mich genauso trifft wie früher, mit sieben, fünfzehn oder zwanzig. »Tatsächlich.«
Katie steht vor dem Kühlschrank und räumt in aller Seelenruhe Truthahnbrust und Senf heraus. Ich bin froh, dass es ihr so gut geht. Wenigstens etwas. »Was ist nicht so?«, fragt sie. Offenbar spürt sie die Spannungen zwischen mir und meiner Mutter nicht.
»Gar nichts, Schatz«, wiegle ich ab. »Willst du ein Glas Eistee?«
Später, als ich die Sauerteig-Starter auffrische, läutet mein Handy. Ich sehe die fremde Nummer auf dem Display und überlege, ob ich rangehen soll. Ich habe keine Lust auf Leute, die mir etwas andrehen wollen. Doch dann tue ich es doch. »Hallo?«
»Mom?«
»Sofia!« Ich gehe hinaus in den Garten, dicht gefolgt von Merlin. »Was ist los? Bei dir muss es doch schon mitten in der Nacht sein.«
»Stimmt.« Ihre Stimme klingt erstickt. »Nach Mitternacht. Ich konnte nicht schlafen. Wie geht’s Katie?«
»Sie ist bei meiner Mutter und pflanzt Blumen.«
Sofia lacht leise. »Oma ist bestimmt begeistert.«
»Ja.« Einen Moment lang lausche ich der Stille, das Telefon fest gegen mein Ohr gepresst, aus Angst, ich könnte irgendein Signal überhören. Es rauscht leise in der Leitung, wie der Ozean, der uns voneinander trennt. »Was ist mit dir, Schatz?«
»Ich weiß auch nicht. Ich will nicht, dass du dir meinetwegen Sorgen machst, okay? Ich weiß, dass du im Moment mehr als genug am Hals hast, aber du bist der einzige Mensch, mit dem ich
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