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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Schlafrolle«, sagte er. »Zwei Silberstücke sind noch drin.«
    »Fragen wir Alyss, ob sie sie kennt.«
    »Ja. Was machen wir mit dem Toten?«
    »Gehen wir zur Hahnenpforte. Die Wachen sollen ihn holen. Es war Notwehr, wir können es bezeugen«, sagte Marian bedrückt.
    Alyss hörte sich schweigend den Bericht an und besah sich die Börse.
    »Ja, es ist Arndts Geldbeutel. Ich selbst habe ihn ihm vor Jahren geschenkt.« Auch sie wirkte unglücklich. »Es wäre besser, ihr hättet diesen Bettelstudenten gefangen genommen.«
    »Die Todesstrafe wäre ihm gewiss gewesen, Mistress Alyss.«
    »Ja, ich weiß. Dennoch – Merten hätte nicht sein Henker sein müssen.«
    »Habt Ihr Mitleid mit ihm?«
    »Ja, ein wenig. Er hat viel verloren in seinem Leben.«
    »Mag sein, Schwester, doch er hat nie viel dazu getan, etwas zu gewinnen. Und diese Tat war unnötig. Ich verstehe sie noch immer nicht. Ein Streit, eine Rauferei – warum musste sie mit dem Tod enden?«
    Und warum hatte das letzte Wort aus Caspars Mund »Verräter« gelautet? Aber das sprach Marian ihr gegenüber nicht laut aus. John gegenüber aber erwähnte er es, als sie später alleine waren und zu dessen Quartier bei Frau Mechtild gingen.
    »Ja, Marian. Es scheint mir zu einfach. Ich fürchte, dass noch immer mehr dahintersteckt, als wir derzeit erkennen können. Doch es droht nun weder Lord Ivo noch deiner Schwester im Augenblick eine Gefahr. Und Mats wird, da wir nun einen Schuldigen vorweisen können, auch der Mord nicht mehr zur Last gelegt werden können.«
    »Du hast recht. Aber genau wie du habe ich ein ungutes Gefühl. Und ausgerechnet jetzt muss ich nach Venedig reisen.«
    »Wann brichst du auf?«
    »Am Montag.«
    »Ich bleibe über die Wintermonate hier.«
    Marian sah zu ihm hin.
    »Ach ja?«
    »Es ist so beschwerlich, während der Herbststürme über den Kanal zu reisen. Und hier gibt es ein gemütliches Haus, in dem meine überwältigende Männlichkeit wertgeschätzt wird.«
    »Strunzbüggel!«
    Aber Marian war erleichtert. John würde Alyss – und seine Familie – mit seinem Leben schützen, wenn notwendig.
    »Ich muss die Nachricht von Caspars Schuld und seinem Tod überbringen. Und die meiner Abreise ebenfalls.«
    »Auf Maid Gislindis wird deine Schwester ein Auge haben.«
    »Ja, das wird sie.«
    Er verabschiedete sich von John und wanderte über den Alter Markt zur alten Stadtmauer. Als er an der Tür des Häuschens klopfte, das Mats und Gislindis bewohnten, öffnete ihm eine ältere Frau, die ihn neugierig begutachtete.
    »Ich habe Botschaft für Gislindis, Weib, die ihren Vater betrifft.«
    »Hoffentlich gute Botschaft, sie zehrt sich auf vor Sorge.«
    »Gute Botschaft.«
    »Dann tretet ein.«
    Die Frau rief nach Gislindis, und sie kam die Stiege herunter.
    »Was gibt es, Eislin?«
    »Ein hübscher Mann mit einer guten Nachricht.«
    Sie trug einen sauberen Kittel, die Haare unter einem weißen Tuch versteckt, doch ihre Augen waren dunkel umschattet, und ihr Gesicht wirkte mager und müde.
    »Herr Marian.«
    »Gislindis. Es sind Ereignisse eingetreten, die dazu führen werden, dass Euer Vater sehr bald aus dem Turm freikommt.«
    »Eislin, sei so gut und lass uns eine Weile alleine.«
    »Das ist nicht schicklich.«
    »Es ist schicklich, Frau Eislin. Und es ist eine Angelegenheit, die zunächst einmal nur Mats’ Tochter etwas angeht.«
    Zögerlich bewegte sich das Weib auf den Ausgang zu – es war sicher weniger die Angst um die Schicklichkeit als die Neugier, die ihren Wunsch zu bleiben beflügelte. Doch sowohl Gislindis als auch Marian schwiegen, bis sie endlich die Tür hinter sich zugezogen hatte.
    »Ihr Ohr wird sich an das Schlüsselloch drücken«, sagte er leise. »Gehen wir in die Werkstatt nach hinten.«
    Gislindis ging voran, setzte sich auf einen Schemel und fragte: »Was habt Ihr erfahren?«
    Marian berichtete ihr von der Suche nach Caspar van Mechelen und dessen unseligem Ende.
    »Und so glaubt Ihr, dass er den Arndt van Doorne ermordet hat?«
    »Es spricht vieles dafür.«
    »Ja, das tut es wohl.«
    »Ihr seid misstrauisch?«
    »Es steht mir nicht zu, das zu sein. Mein Vater ist von der Anklage befreit.« Sie spielte sinnend mit einer Dolchscheide, die geflickt werden musste. »Ihr seid nicht zufrieden damit, wie sich die Dinge gelöst haben?«
    »Nein, nicht ganz. Und, Gislindis, ich habe nun Euren Rat angenommen und darauf gesehen, was nahe liegt.«
    »Und was fandet Ihr?«
    »Das Vermögen, meinen Vater glücklich zu machen.

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