Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Behäbigkeit des Notarius begründete, sie machte Marian ungeduldig, und darum fragte er in das schnurrende Schweigen hinein: »Was ist Eure Rolle bei den Schöffen, Magister Jakob? Wie kam es, dass Ihr an dem Festessen des Kollegs teilgenommen habt?«
    »Ah ja, ich stehe den wohledlen Herren mit juristischem Rat zur Seite. Daher war ich befugt, an diesem Mahl teilzunehmen und den gepanschten Wein zu schlürfen. Overstoltz wurde eben aus der Bruderschaft in das Kolleg befördert. In dem war ein Platz freigeworden: Der alte van Geldern ist gestorben. Bei der Wahl hörte man nicht auf meinen Rat.«
    »Ihr hättet einen anderen Kandidaten bevorzugt?«
    »Es gibt derer mehrere. Man sieht eigentlich heutzutage die alten Namen nicht mehr gerne im Kolleg, aber einige der verdienten Schöffen haben sich für ihn ausgesprochen.«
    »Könnte da nachgeholfen worden sein?«
    Der Magister hob nur kurz seine Lider, senkte sie dann wieder. In seinem Blick aber lag eine Welt der Verach tung. Marian schloss daraus, dass auch er diesen Umstand vermutete. Sein Verdacht gegenüber dem overstoltzen Endres verdichtete sich.
    »Schöffe Overstoltz ist also ehrgeizig und will sich bewähren. Man fragt sich, warum.«
    »Er mag sich seinem Namen verpflichtet fühlen.«
    »Möglich. Oder könnte er ein persönliches Interesse daran haben, dass der Mord an Arndt van Doorne nicht aufgeklärt wird?«
    »Ich bin nicht befugt, eine derartige Vermutung anzustellen«, sagte der Notarius nüchtern. »Ihr indes dürft dies. Berichtet mir, was sich bisher zugetragen hat.«
    »Kann ich auf Euer Schweigen vertrauen?«
    »Zahlt, und Ihr seid mein Klient.«
    Marian griff nach seinem Beutel und zog eine Goldmünze hervor.
    Magister Jakob beäugte sie, setzte seine Augengläser auf, beäugte sie nochmals und schob sie dann wieder zu Marian hin.
    »Ich hatte nicht von Gold gesprochen, Herr Marian. Kupfer habt Ihr nicht dabei?«
    »Zwei Pfennige.«
    »Ich werde Euch nicht berauben, einer reicht.«
    Er war schon ein wunderlicher Kauz, der Notarius. Marian reichte ihm das Gewünschte und berichtete dann von John, seinem Diener Bob und dem vermeintlichen Tod des Robert van Doorne. Er berichtete auch von Overstoltz’ Werbung um Catrin.
    Der Notarius hörte mit unbewegter Miene zu, wie es seine Art war.
    »Eine bemerkenswerte Mär, die Ihr zu schildern wisst.«
    Das Kätzchen sprang von seinem Schoß und stromerte zu Marian. Er beugte sich hinunter und strich ihr über das seidige Fell. Mit kleinen Gurrlauten rieb sie ihren Kopf an seinem Bein.
    »Anno 1391, sagt Ihr, hat der Overstoltz um die Tochter des von Stave angehalten? Nun, mag passend sein. Just in jenem Jahr starb sein Vater, der Gerard vom Vogelsang. Herr Marian, das alles will wohl durchdacht werden, und ich habe jetzt keine Zeit mehr, die ich mit Euch vertrödeln könnte. Schickt Eure Schwester her, sie muss meine Sehschärfe wiederherstellen.«
    Sprach’s, setzte sich die Brille auf und vertiefte sich in das Schreiben auf seinem Pult. Dergestalt schroff verabschiedet erhob sich Marian und verließ mit einem gemurmelten Gruß das Studierzimmer. Der Magister sah nicht einmal mehr auf.
    Im tiefsten Vertrauen darauf, dass der Notarius sich der Frage Overstoltz annehmen würde, lenkte Marian seine Schritte in Richtung Eigelstein. Nicht zum Turm, dort gab es derzeit nichts für ihn zu tun, sondern zu den Beginen. Er hatte John schließlich nicht sein Wort gegeben, über Roberts Rückkehr zu schweigen. Und seine geliebte Ziehschwester hatte so viel Ungemach erlebt – er hielt es für sein gutes Recht, ihr die Wahrheit zu sagen. Auch wenn das ein Unterfangen war, das mit großer Vorsicht angegangen werden musste.
    Das Tor wurde ihm von der fröhlichen Pförtnerin geöffnet, und das Erste, was er sah, war Lore, die mit einer langen Stange Brote im Backes umherschob. Das Mädchen war also wohlauf, bemerkte ihn aber nicht. Er klopfte an dem kleinen Häuschen an, in dem unten die Schulstube eingerichtet war, und Frau Clara, die Meisterin selbst, öffnete ihm.
    »Oh, Marian. Wie hübsch du aussiehst. Und wie schön, dass du uns aufsuchst. Ich habe wieder solch ein Ohrensausen. Du musst dir das gleich mal ansehen, ich kann kaum noch etwas hören.«
    Sie nestelte bereits an ihrem Gebände, als Marian ganz leise sagte: »Ach, das beheben wir schnell mit ein paar Ohrenzwickern. Lasst sie mich eben auf der Wiese einsammeln.«
    Frau Clara ließ ihr Gebende fahren und sagte empört: »Pfui, nein.«
    »Ah, seht Ihr,

Weitere Kostenlose Bücher