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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gegen den gekräuselten Schleier zu tauschen. Als sie in ihre Kammer trat, zuckte sie im ersten Moment erschrocken zurück. Eine Blutlache leuchtete rot auf ihrem Kopfpolster.
    Nein, kein Blut, wie irrwitzig war sie denn?
    Rosen. Dunkelrote Rosen lagen da.
    Mochte sie sich auch über Johns herrschsüchtige Worte geärgert haben, so stimmte sie die Gabe doch wieder milde.
    Obwohl – das war so gar nicht seine Art …
    Als sie die Blumen aufhob, fielen die Blütenblätter ab. Welk waren die Rosen.
    Wieso welk? Und – als John mit Marian eintraf, hatte er keine Rosen in den Händen gehalten.
    Seltsam.
    Doch Leocadie klopfte schon an der Tür, und mit schnellen Bewegungen legte Alyss den Schleier an und verließ die Kammer.

14. Kapitel
    M arian zauderte ein letztes Mal, dann zog er die Gugel wieder aus und bürstete sich seine rotbraunen Locken, bis sie glänzten. Die kleine Eitelkeit leistete er sich und dankte seiner Frau Mutter für diese Gabe. Seine Zwillingsschwester hatte die schwarzen, glatten Haare ihres Vaters geerbt, und sie würde in wenigen Jahren die ersten grauen Strähnen darin finden. Oder irgendwelche weiblichen Listen anwenden, um sie verschwinden zu lassen.
    Die Gugel verdeckte seinen Schopf, das grüne Barett indes betonte den rötlichen Glanz. Die Gugel diente dazu, sein Gesicht zu verhüllen, denn einem Patriziersohn stand es nicht an, als Gehilfe eines Baders zu arbeiten, selbst wenn der Meister ein Freund der Familie war. Und außerdem – tja, und außerdem hatte er, wenn er ehrlich war, weder Lust noch Zeit, weiter Bärte zu schaben oder Warzen zu entfernen. Vielleicht sollte er sich doch erst einmal mit der medizinischen theoria beschäftigen. Wenn die anderen Angelegenheiten geregelt waren.
    Und die schienen ihm inzwischen dringlich. Denn er hatte gründlich nachgedacht, seit Alyss ihm von Gislindis’ Besuch berichtet hatte.
    Das Gute war, dass Gislindis wenigstens noch mit seiner Schwester sprach und dass sie ihnen eine neue Spur verraten hatte. Das Beängstigende war jedoch ihre Warnung vor dem lauernden Bösen im Hinterhalt. Marian hatte sich von Gislindis einmal erklären lassen, was es mit dem Handlesen auf sich hatte. Es war eine Kunst, den Leuten das zu sagen, was sie sich wünschten. Menschenkenntnis besaß die Schlyfferstochter in überragendem Maße, und sie war von schnellem Witz und hellem Verstand. Doch er wusste auch, dass sie gelegentlich echte Ahnungen hatte. Vor Ostern hatte sie eine Bedrohung für seinen Vater verspürt und ihn gewarnt. Dann aber hatte sie selbst ihrem drängenden Vorgefühl nachgegeben und war in den Abendstunden zum Kloster von Groß Sankt Martin gekommen – just genau in dem Augenblick, als ein Wahnsinniger mit dem Messer auf Ivo vom Spiegel eindrang.
    Sie hatte ihm mit ihrem beherzten Eingreifen das Leben gerettet, und das vergaßen ihr weder Marian noch Alyss.
    Nun hatte sie wieder eine Warnung ausgesprochen, und die verdiente tatsächlich jede Beachtung. Mit etwas Überlegung war Marian dann selbst zu einem schrecklichen Verdacht gekommen.
    Arndt van Doorne war ermordet worden, und jemand hatte Mats Schlyffers dazu benutzt, seine Tat zu vertuschen. Ein kluger Winkelzug, einen fast Stummen zu betäuben und ihn mit dem Messer in der Hand neben dem Leichnam abzulegen. Wer dachte sich so eine Scharade aus? Zum einen musste er einen Grund haben, Arndt umbringen zu wollen. Na gut, derer gab es vermutlich einige, denn der Mann hatte im Trüben gefischt, unlauteren Handel betrieben, um Lohn geprellt und allerlei eigennütziges Tun verfolgt. Aber Arndt war der Stadt verwiesen worden und mehr oder weniger heimlich zurückgekommen. Es musste ihn sein Feind also längere Zeit beobachtet haben. Und außerdem musste ebendieser auch Mats und seine Gewohnheiten kennen – wissen, dass er sich mit seinem Wolfsrachen nicht richtig artikulieren konnte und dass er sein Bier im Adler trank. Kurzum, der Mörder stammte aus Köln und kannte sich hier aus. Und er lebte ganz bestimmt weiterhin unter ihnen, sicher vor Entdeckung, solange der Verdacht weiterhin auf Mats fiel.
    Und deshalb war Mats in Gefahr.
    Denn wenn er sich erinnerte, wer ihn niedergeschlagen hatte, dann würde man auch den Mörder finden. Insofern war es vermutlich gar nicht falsch, den Messerschleifer im Turm zu belassen. Und auch nicht den Anschein zu erwecken, dass man auf der Suche nach dem wahren Täter war.
    Dennoch sollte man den so bald wie möglich finden.
    Weshalb Marians Gedanken nun zu den

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