Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
eine ausgespülte Stelle. Komisch, der Boden ist matschig, aber ein Zufluss zum Pfuhl ist es nicht.«
    Sie gingen näher an die Stelle heran. Wilder Wein, gelb das Laub, und wucherndes Geißblatt rankten sich die morsche Mauer entlang. Benefiz zog wieder an seiner Leine. Und wieder winselte er.
    »Er hat etwas gefunden, Master John.«
    »Vielleicht nur eine Ratte.«
    »Vielleicht, aber schaut, da hinter den Ranken scheint eine Öffnung zu sein.«
    »Und dort liegt ein abgenagtes Apfelgehäuse. Hier sind Menschen gewesen.«
    John zog das Schwert und schob damit die Ranken zur Seite.
    »Ah, sieh, könnte das so eine Aducht sein?«
    »Weiß nicht. Aber sieht aus, als ob es ein Stückchen hineingeht.« Frieder verzog den Mund. »Nicht besonders einladend, wenn Ihr mich fragt.«
    »Wenn es ein Versteck ist, soll es das auch nicht sein. Reich dem houndling noch einmal den Kittel.«
    Benefiz nahm den Geruch auf und trabte in Richtung des dunklen Einschlupfs.
    »Könnte sein, Master John. Lore ist ein kleines Ding, die kann sich leicht darein verkriechen«, meinte Frieder leise. John aber zog schon seine Zunderbüchse hervor, um die Fackel in Brand zu setzen.
    »Ich gehe vor, Frieder. Nimm du die Fackel. Und bleib dicht hinter mir.«
    Die blanke Klinge in der Hand duckte John sich und kroch in den moderig riechenden Schlund. Das Mauerwerk, von kunstreichen Baumeistern zu einem Gewölbe errichtet, hatte offenbar schon Jahrhunderte überdauert. Ein langer, gerader Gang, niedrig, aber begehbar, tat sich vor ihnen auf. Benefiz hechelte. Die Flamme hinter ihm flackerte in der Zugluft.
    Zugluft – es musste eine weitere Öffnung geben.
    Zerstreute Tierknochen, ein alter Lederschuh, abgebranntes Holz fanden sich hier und da. Dieser Kanal wurde von Menschen und Tieren benutzt.
    Dann trafen sie auf eine Abzweigung – ein weiterer Kanal bog hier ab.
    »Benefiz?«
    Der Spitz setzte sich auf die Hinterpfoten und hielt die Nase in die Luft. Dann kläffte er leise und setzte sich geradeaus in Bewegung.
    Allerlei Getier huschte im Lichtschein davon, hier und da tröpfelte es von der Decke, rannen schmale Wasserschleier die Wände hinunter und nässten den Lehmboden. John blieb immer mal wieder stehen und lauschte. Es war unheimlich still in der Welt unter der Stadt. Oder?
    Frieder keuchte unterdrückt hinter ihm. Der Junge hatte mit der Angst zu kämpfen, und auch John war es nicht besonders wohl.
    Etwas veränderte sich – an einer Stelle war die Mauer eingerissen. Benefiz zog sie dorthin.
    »Vorsicht, Frieder.«
    John drängte sich an ihnen vorbei, schaute durch die Öffnung.
    »Licht!«
    Der Fackelschein verlor sich in einem pfeilergetragenen Gewölbe. Und Benefiz begann zu kläffen.
    »Hier ist etwas!«
    Frieder folgte dem aufgeregten Hund.
    John, das Schwert kampfbereit, eilte hinterher. Und dann sah er das graue Häuflein.
    Frieder ließ die Leine los, der Spitz lief zu diesem Häuflein und wackelte mit dem schwanzlosen Hinterteil. Als sich nichts rührte, heulte er auf.
    Hatten sie das Kind gefunden? Besinnungslos, krank – tot? Mit der Fackel beugte sich auch der Junge jetzt über das Wesen. Rötlich schimmerten die Haare im Flammenschein. Zusammengekauert lag sie da, rührte sich nicht.
    »Lore! Lore, wach auf!«
    Frieder schüttelte sie an der Schulter. Nichts bewegte sich. John schob die Waffe in die Scheide und beugte sich nach unten.
    »Maid Lore?« Vorsichtig legte er ihr die Hand an den Hals. »Sie lebt. Aber ihr Herz schlägt nur noch schwach. Ich trage sie.«
    Das Mädchen war klein und leicht, und um sie besser durch den niedrigen Gang zu bringen, hob John sie sich auf die Schulter und legte den Rückweg fast kriechend zurück. Er atmete, genau wie sein junger Begleiter, erleichtert auf, als sie das Tageslicht vor sich sahen. Sie traten die Fackel aus, und John nahm Lore jetzt auf die Arme.
    »Fabio, der Reliquienhändler, hat sein Häuschen hier, Master John. Dorthin sollten wir sie bringen.«
    »Weise mir den Weg.«
    Fabio war nicht zu Hause, aber das Tor zum kleinen Gemüsegärtchen ließ sich öffnen. Sie gingen hinein und John legte Lore auf eine schmale Bank. Ihre Lider flatterten, und dann schlug sie die Augen auf.
    »Nicht!«, sagte sie heiser und versuchte aufzustehen.
    »Bleib liegen, Lore. Erkennst du mich?«
    Noch immer verwirrt sah sie ihn an, Angst lag in ihrem Blick.
    »Master John, Lore, und Frieder. Und Benefiz. Er hat dich gefunden, der brave houndling .«
    Derselbe stand vor ihr und leckte ihre

Weitere Kostenlose Bücher