Mit falschem Stolz
Ross kostet Gold, Robert«, meinte Marian. »Er hat es hier an jenem Sonntag verkauft. Beschreibt es uns, vielleicht hilft uns die Spur weiter, seinen Mörder zu finden.«
Robert nickte.
»Ja, wer kauft schon am Sonntag ein Pferd? Sicher kein redlicher Pferdehändler. Es war ein schwarzer Hengst, ganz sicher von morgenländischem Blut. Doch sehr eigenwillig. Arndt kam nicht gut damit zurecht, zumal er es dann auch noch peitschte.«
»Ein schönes, eigenwilliges Pferd, daran versuchen sich gerne junge Gecken. Wir sollten Merten fragen, ob einer seiner Freunde ein solches Tier erworben hat«, meinte Alyss.
»Ja, er könnte sich erkundigen«, sagte Marian.
»Habt Ihr die Buhle bei Eurem Besuch in den vergangenen Tagen gesprochen?«
»Ja, Frau Alyss. Ich habe ihr von Arndts Tod berichtet und mich als sein Bruder ausgewiesen. Sie zeigte Betroffenheit, wenn nicht gar Trauer. Sie ist ein Weib von schlichtem Geist und händigte mir auf meine nachdrücklichen Bitten Arndts Reiserolle aus. Darin befanden sich einige Dokumente, die ich noch prüfen muss.«
»Vielleicht sogar ein Kaufvertrag über das Hurenhaus.«
»Soll ich ihn Euch übergeben?«
»Um der Liebe Gottes willen, nur nicht. Ich will nichts damit zu tun haben. Zerreißt ihn, verbrennt ihn, ersäuft ihn im Rhein!«
»Schon gut, schon gut.«
»John und ich suchen nach einer Lösung, meine Schwester möglichst ohne jedes Aufsehen von diesem lästigen Erbe zu befreien. Doch die vergangenen Tage plagten uns andere Sorgen.«
»Ich verstehe. Ich werde mich mit John beraten.«
Alyss hing inzwischen einem weiteren Gedanken nach.
»Robert – wer könnte Arndt nach dem Leben getrachtet haben? Ihr kennt ihn besser als wir alle und habt ihn jetzt lange beobachtet.«
»Alyss, ich weiß es nicht. Er hat mit einigen zwielichtigen Gestalten Handel getrieben. Die Friesen auf der Insel hätten ihn fast erschlagen. Vielleicht hat ihn einer von dort verfolgt.«
»Der hätte aber von Mats und seinen Gewohnheiten wissen müssen.«
»Auch wieder wahr. Doch sie könnten auch hier den Nordmännern aus dem Wik eine Botschaft geschickt haben.«
»Einen Menschen umbringen, dazu muss man einen guten Grund haben. Ich habe die Kaufleute aus dem Wik zwar immer für harte Männer gehalten, nicht aber für Menschen, die im Auftrag Fremder morden. Aber es wäre eine Untersuchung wert.«
»Simon, der Schmied, Marian! Unsere Mutter hat ihn handzahm gemacht. Er soll sich umhören, die Nordmänner sitzen oft im Adler. Ach ja, und dieser Scholar ebenfalls. Vielleicht gibt es wirklich eine Verbindung.«
»Na, dann werde ich die kratzige Adlerwirtin und ihren schmiedeeisernen Gemahl aufsuchen. Möglicherweise erinnert sich inzwischen einer an den Namen dieses gebefreudigen Scholaren.«
»Und ich werde in einem langen Brief Frau Aziza Euer Kommen ankündigen, Robert?«
»Nein, Schwester mein, du wirst Pater Henricus auf suchen und ihn nach den Abstammungsurkunden der Overstoltzens ausfragen. Wir nehmen an, dass jemand darin eine Fälschung vorgenommen hat.«
»Muss ich?«
»Pater Henricus’ Güte wird deine Seele erheben und deine Säfte in Wallung bringen.«
»Er muss sich in Acht nehmen, dass sie nicht überkochen.«
30. Kapitel
M arian hatte keinen Namen erhalten, aber eine sehr unwirsche Adlerwirtin kennengelernt. Mochte ja sein, dass es das schlechte Gewissen war, das sie so unleidlich machte, nichtsdestotrotz war sie alles andere als hilfsbereit. Simon entschuldigte sich zwar für sein launisches Weib, konnte aber auch nicht weiterhelfen. Weder was den Namen des Scholaren anbelangte noch was ei nen schwarzen Hengst betraf. Aber er wollte sich bei seinen Landsleuten vorsichtig umhören, ob jemand etwas von einem Händel mit Arndt van Doorne wusste. Allerdings war sich Marian ziemlich sicher, dass der Schmied, sollte er tatsächlich von einem solchen hören, seine eigenen Leute in Schutz nehmen würde.
Ach, es war eine elendige Suche nach einem Samenkörnchen in einem Misthaufen. Wieder war ein Tag vergangen, an dem er nichts erreicht hatte.
Er wanderte missmutig vom Eigelstein die Straße zur Stadtmitte entlang, wich einem schweren Karren mit bärtigen Propheten aus, die mit steinerner Miene der Dombaustelle entgegensahen. Offensichtlich hatte der Parler wieder eine Lieferung Statuen fertiggestellt, die nun ihren Platz in der Fassade der Kathedrale einnehmen sollten. Je näher er dem Alter Markt kam, desto geschäftiger wurde das Treiben. Die Herbstmesse hatte ihren
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