Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
meinte Dorothea. Ein Unterton von Gehässigkeit war nicht herauszuhören.
    »Auch das ist einkalkuliert.« Wolters rührte in seiner Suppe herum. »Ein Schnitzel à la Bolognese kostet in diesen Restaurants 11,17 nach deutschem Geld. An der Nordsee kostete es im vorigen Jahr 18 Mark! Man braucht kein mathematisches Genie zu sein, um zu begreifen, daß …«
    »Du machst dir eine Menge Gedanken um Fräulein Aurich …«
    »Nun werde doch nicht spitz!« Wolters aß unlustig weiter. »Familienanschluß verpflichtet. Er legt uns eine Bürde auf, denn alles, was wir tun, muß dem guten Ruf unserer Familie entsprechen, das ist Ehrensache! Ich kann nicht Familienanschluß anbieten und die junge Dame dann an einem Hering lecken lassen. Also, mir ist es ein Rätsel, was in euren Gehirnen vorgeht! Eine intakte Familie ist eine in Sturm und Wetter sicher ruhende Insel …«
    »Und wieviel willst du der neuen Inselbewohnerin für diese fünf Wochen zahlen?«
    Wolters legte den Löffel endgültig hin. Dorothea hatte da ein Thema angeschnitten, das er bisher elegant umgangen hatte. Bei seinen Kollegen hatte er Informationen eingeholt, was so eine Ferienhilfe kostete. Die Zahlen gingen weit auseinander. Darum hatte er beim Studentendienst angerufen, wo man ihm einen Stundenlohn nannte, den Wolters für völlig irre hielt. Unter Zugrundelegung dieser Lohnstufe wurden fünf Wochen in Diano Marina noch teurer als die Nordsee.
    Aber dann hatte Hermann Wolters sich gesagt, daß man hier anders rechnen müßte. Freie Fahrt, freies Wohnen, freie Verpflegung, ein paar Sonderzuwendungen wie etwa ein Sonnenhütchen oder ein paar Pantoletten aus Bast, dazu noch der Familienanschluß … also, bei einer zusätzlichen Bargeldzuwendung konnte es sich nur noch um eine Anerkennungsgebühr handeln. Um eine Art Taschengeld.
    »Ich dachte so an zehn Mark pro Tag«, sagte er gedehnt.
    »Dafür krabbelt dir nicht mal ein Käfer übers Bein!«
    »Fräulein Eva soll nicht krabbeln, sondern Manfred beaufsichtigen«, erklärte Wolters steif. »Was ist eigentlich mit dir los? Du hast schon weitgehend die lädierte Sprache der Jugend angenommen. Zehn Mark pro Tag, das sind 380 Mark für fünf Wochen. Bares Geld, ohne Abzüge! Mein erstes Gehalt als Referendar …«
    »Damals gab es noch keinen Manfred Wolters. Du mußt Fräulein Eva Schwerstarbeiterzulage, Schwitzgeld und Gefahrenzulage zubilligen«, sagte Dorothea ruhig. »Überlege es dir. Ich möchte dich nur vor Nachforderungen bewahren.«
    Diese Sorge war unbegründet, wie es sich herausstellte, als Eva Aurich am Sonntag zum Kaffee erschien.
    In ausgesprochen schlechter Laune hockten Walter und Gabi am Tisch und empfanden es als Ausdruck totalitärer Gewalt, daß man ihnen befohlen hatte – jawohl, befohlen! – etwas zu besichtigen, was sie gar nicht betraf, sondern nur Manfred. Der hingegen hockte in seinem Zimmer und heulte vor Wut, weil er, was selten vorkam, von seinem Vater eine schulmeisterlich perfekte Ohrfeige bekommen hatte – als Quittung für seine Bemerkung: »Diese doofe Nuß von Eva soll abzischen!«
    Pünktlich um vier Uhr klingelte es. Wie vorher festgelegt, trippelte Gabi hinaus und öffnete die Tür. Sie ließ Eva Aurich ein, starrte sie an, gab ihr die Hand, und während Eva sich ihrer Sommerjacke entledigte, sauste Gabi zur Wohnzimmertür und winkte Walter, sofort herauszukommen.
    »Falls da draußen einer deiner langmähnigen Leninjünger ist – sag ihm, heute nicht!« rief Wolters ihm nach.
    Walter zog die Schultern hoch und knallte die Tür hinter sich zu. Aber dann stand er einem weiblichen Wesen gegenüber, dessen Anblick sein neunzehnjähriges Herz einen Trommelwirbel schlagen ließ. Eva Aurich war langbeinig und schlank, die blonden Haare fielen ihr bis über die Schultern, und sie hatte Rundungen überall da, wo man sie bei einer Traumfigur erwartet. Kurzum, sie entsprach äußerlich in keiner Weise der Aufgabe, die sie übernehmen sollte.
    »Ich bin Walter, der älteste Sohn«, sagte Walter gekonnt lässig. »Das ist Gabi. Unserem Vater hätte nichts Besseres einfallen können, als Sie zu engagieren.«
    »Mein Gott, ich soll dich – pardon, Sie betreuen?« Eva Aurich starrte zu Walter hinauf, der einen Kopf größer war als sie.
    »Ich hätte nichts dagegen«, grinste der. »Bleiben wir beim Du …«
    »Das muß doch ein Irrtum sein. In der Anzeige stand: ein Kind …«
    »Das gibt es auch. Manfred, der Jüngste. Wir gelten schon als Erwachsene.« Gabi hob die

Weitere Kostenlose Bücher