Mit Familienanschluß
Erziehung.« Eva Aurich wandte sich an Hermann Wolters, der so heftig Zustimmung nickte, als säße sein Kopf auf einer Spirale. »Manfred wird ein Junge wie jeder andere in seinem Alter sein.«
»Das möchte ich nun nicht unterstreichen«, erwiderte Walter unter den strafenden Blicken seines Vaters. Innerlich klatschte nur Dorothea ihrem Sohn Beifall, in der Hoffnung, diese Eva würde ihre Bewerbung vielleicht zurückziehen. »Jeder Junge in diesem Alter kann frei herumlaufen … bei Manfred löst das Katastrophen aus. Wir werden nach den Ferien ein Daueraufenthaltsverbot für Diano Marina bekommen, und unsere Fotos werden zur Warnung ausgehängt werden.«
»Mein Sohn Walter leidet an geistigen Blähungen!« sagte Wolters aufgebracht. Walter bekam einen knallroten Kopf, schluckte und sprang auf. »Aber das ist nicht verwunderlich«, fuhr Wolters unbeeindruckt fort. »Er lebt mit revolutionären Schlagworten in einer engen Symbiose. Nehmen Sie das nicht ernst, Fräulein Aurich.«
»Danke!« knurrte Walter giftig. »Ihr entschuldigt mich jetzt wohl, ich werde ja hier nicht mehr gebraucht.«
Er verließ das Zimmer; dafür kamen Gabi und Manfred herein. In der Tür stießen sie zusammen, und man hörte Manfred deutlich fragen:
»Ist die dumme Kuh also da?«
Walter verzichtete darauf, ihm eine zu schmieren, Dorothea saß unbeweglich am Tisch, und Hermann Wolters schämte sich. Eva Aurich drehte sich auf ihrem Stuhl um.
Es war ein denkwürdiger Augenblick, und keiner weiß, was da in Manfreds kleiner Seele geschah. Er blickte Eva an, kräuselte die Lippen, kam dann auf sie zu, reichte ihr die Hand und sagte:
»Das ist schön, daß du da bist, Eva …«
»Im höchsten Falle: Fräulein Eva!« rief Wolters aufgebracht.
»Fräulein ist doch doof! Warum denn?«
»Du hast recht, Manfred.« Eva drückte seine Hand. »Ich bin Eva.«
»Und ich Manni …«
»Das werden schöne Ferien werden.«
»Sie wollen also wirklich die Aufgabe übernehmen, Fräulein Aurich?« fragte Dorothea steif. Hermann Wolters hielt vor Spannung fast den Atem an.
»Ja, natürlich, gerade jetzt, wo Manfred und ich uns auf Anhieb so gut verstehen. Wenn Sie mich näher kennen, werden Sie die Erfahrung machen, daß ich nie kapituliere. Ich habe einen starken Willen. Schwierigkeiten breche ich auf.«
»Bravo!« sagte Wolters begeistert. »Bravo! Das ist auch ganz meine Auffassung!«
»Bei so viel Klarheit sollte man jetzt über den kaufmännischen Teil reden«, beendete Dorothea nüchtern diese Erklärungen.
Das kann ja lustig werden, dachte sie dabei. Dieses raffinierte, blondmähnige Aas! Erfaßt sofort, wo man Hermann packen kann – beim pädagogischen Gleichstrom! Sie stellte verblüfft fest, daß sich Manfred ohne Murren oder ›Doof‹-Ausrufe an den Tisch setzte, sich manierlich ein Stück Stachelbeerkuchen auf den Teller legte und höflich fragte: »Darf ich Sahne haben?«
Gabi übernahm das, noch ganz in früheren Gewohnheiten befangen, und klatschte ihm Schlagsahne auf das Tortenstück. Das hätte sonst zu einem wilden Aufschrei geführt, aber heute sagte Manfred nur: »Danke.«
»Fangen wir beim Wichtigsten an – beim Geld.« Dorothea lächelte schief. »Es muß sein, Fräulein Aurich. Davon haben wir am wenigsten.«
»Ich habe mir gedacht: für die fünf Wochen pauschal sechshundert Mark«, sagte Hermann Wolters schnell. Dorothea saß steif wie eine Statue und starrte ihren Mann an.
»Ich dachte, dreihundertachtzig – nach deinen eingehenden Berechnungen …«
»Ich habe neue Berechnungen angestellt und bin dazu gekommen, daß sechshundert Mark tragbar sind. Schon immer war meine Maxime: gerechte Arbeit – gerechter Lohn! Auch wenn du achtzehn Jahre alt bist, Gabi, kann ich dir noch verbieten, hier so unverschämt grinsend am Tisch zu sitzen.«
»Sechshundert akzeptiere ich.« Eva Aurich blickte an Wolters vorbei und schien im Geist zu rechnen. »Für dreihundertachtzig wäre es nicht gegangen.«
Wolters atmete auf, nannte sich innerlich einen Teufelskerl und lehnte sich zufrieden zurück.
»Ich habe also keine Ausgaben?« wollte Eva noch wissen.
»Voller Familienanschluß, wie angeboten.«
»Dann wären wir uns einig«, lächelte Eva sonnig.
»Noch nicht.« Dorothea hatte sich diesen Trumpf bis zuletzt aufgespart. Keiner hatte daran gedacht, auch Hermann nicht. Er war nach dem Foto viel zu euphorisch geworden.
»Was ist denn nun schon wieder?« fragte Wolters irritiert.
»Die Transportfrage.«
»Wie soll ich das
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