Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Giftmischer einzubuchten – und abgesehen davon könnte für mich eine Beförderung dabei herausspringen … Danke fürs Zuhören. Und damit auf Wiedersehen.« Er winkte und ging hinaus.
Kapitel 9
An diesem Abend ging Fen zu seiner ersten Wahlversammlung.
Zunächst sah es nicht nach einem außergewöhnlichen Erfolg aus. Der Saal, in dem sie abgehalten wurde, war typisch englisch: Die Heizung war defekt, die Lampen erhellten nur jene Teile des Raumes, die keiner Beleuchtung bedurften, und die Fenster ließen sich nur mit Hilfe eines komplizierten Mechanismus aus Schrauben, Stangen und Zahnrädern öffnen, wobei der entscheidende Teil, eine abnehmbare Handkurbel, ständig verlegt zu sein schien. Kurzum, ein Saal, den der Architekt als für jedes gesellschaftliche Ereignis passend entwarf – von Kirchenbasaren bis zu Aufführungen von The Mikado – und der folglich zu keinem so recht passte. Eine große Menschenansammlung hätte ihm ein freundlicheres Gesicht verleihen können, aber in diesem Fall gab es keine große Menschenansammlung. Sogar Captain Watkyn zeigte sich ernüchtert angesichts der Anzahl unbesetzter Stühle.
»Alter Freund, natürlich dürfen Sie«, flüsterte er Fen zu, als beide die Empore bestiegen, »nicht erwarten, dass es gleich mit einem Knall losgeht. Außerdem halten Strode und Wither beide Versammlungen ab, ansonsten wären mehr Leute hier. Trotzdem …«
Zu Fens Überraschung stellte sich heraus, dass Mr. Judd den Vorsitz innehatte – und im Moment wirkte er wie nicht von dieser Welt. Bei ihrer ersten Begegnung hatte Fen Captain Watkyn gegenüber Judds Namen erwähnt, woraufhin Captain Watkyn diesen unter größten Mühen überredet hatte, Fen zuliebe das Amt zu übernehmen. Als er ihn jetzt sah, war Captain Watkyn geneigt, diesen Schritt zu bereuen, denn Mr. Judds Haltung und Sprache verkörperten zu etwa gleichen Teilen Panik und schwärzeste Melancholie.
»Ich hasse es, öffentlich zu sprechen«, murmelte er immer wieder betrübt vor sich hin. »Ich verabscheue es, öffentlich zu sprechen.«
»Kommen Sie, kommen Sie«, murmelte Fen zurück. »Ich bin sicher, dass Sie sich wunderbar schlagen werden.«
»Ich werde mich nicht wunderbar schlagen.«
»Zufälligerweise«, fuhr Fen schamlos lügend fort, »habe ich Jacqueline gegenüber erwähnt, dass Sie mich einführen werden, und sie meinte, ich hätte mir niemand Besseres aussuchen können.«
»Wirklich?«, fragte Mr. Judd skeptisch. »Hat sie das wirklich gesagt?«
»Aber natürlich. Ich hatte den Eindruck, dass sie eine Menge Bewunderung für Sie hegt.« Fen legte eine kurze Pause ein, um neue Unwahrheiten zu erfinden. »Unglücklicherweise konnte sie heute Abend nicht kommen, aber ich habe versprochen, ihr von allem, was Sie tun oder sagen, zu berichten. Und dann sagte sie – das bleibt natürlich unter uns –, dass es nur ihre gute Meinung von Ihnen bestätigen würde, wenn ich heute Abend mit Ihrem Einsatz zufrieden wäre.«
Wäre er weniger aufgeregt gewesen, hätte nicht einmal Mr. Judd diese beispiellos unplausible Geschichte für bare Münze genommen. Unter den gegebenen Umständen wurde seine angeborene Gutgläubigkeit jedoch von dem Drang, sich am nächstbesten rettenden Strohhalm festzuklammern, noch verstärkt. Seine Miene hellte sich sichtlich auf.
»Schön, dann werde ich mein Bestes tun«, fügte er sich.
»Natürlich werden Sie das. Und Sie müssen auch gar nicht lange sprechen.«
Im Laufe der Veranstaltung stellte sich dieser Ratschlag jedoch als einzigartig überflüssig heraus. Nach einem leicht unbeholfenen Einstieg hatte Mr. Judd sich schnell warm geredet; und war das Problem anfangs noch gewesen, ihn zum Reden zu bringen, bestand es nun darin, ihn zu stoppen.
»So kommt es«, sagte er gerade nach zwanzigminütiger ununterbrochener Schwafelei, »dass wir intelligente und selbstlose Männer wie unseren Freund hier wollen – nein, dringend und aus tiefstem Herzen brauchen –, die den Teufelskreis aus Vetternwirtschaft, Amtsmissbrauch und Parteienkrieg unterbrechen und für immer zerschlagen. Und soll ich Ihnen verraten, warum dieser groß angelegte Kreuzzug gerade in diesem Wahlkreis – in diesem, und keinem anderen – beginnen muss? Tief in unserem Herzen wissen wir alle die Antwort, meine Damen und Herren. Und diese Antwort lautet, dass Englands Stärke und Weisheit und Beständigkeit hier bei uns, auf dem unvergleichlichen Lande, zu Hause sind. Nicht im gehetzten Treiben der großen Städte« –
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