Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
nein,« warf Fen hastig dazwischen –, »es handelte sich zwar um ein sorgfältig ausgeklügeltes Konzept, von dem sich jedoch nichts für uns Hilfreiches ableiten lässt.«
»Und diese umfassende Unwissenheit«, bemerkte Fen, »hat schließlich dazu geführt, dass man Scotland Yard um Hilfe bat.«
»Ganz und gar nicht.« Bussy grinste mit kindischer Freude. »Scotland Yard wurde nicht um Hilfe gebeten.«
»Du meinst, vom offiziellen Standpunkt aus gesehen.«
»Von jedem Standpunkt aus gesehen. Der Polizeichef verlässt sich ganz auf Wolfe, den örtlichen Superintendenten. Keiner von beiden weiß, dass ich hier bin.«
Fen starrte ihn beinahe ungläubig an. »Dann handelt es sich für dich also um eine Art kriminologischer Ferienaufgabe?«
»Nein. Es war Lamberts Idee. Lambert ist mit dem Assistant Commissioner befreundet. Lambert glaubt nicht, dass die ortsansässigen Polizeikräfte in der Lage sind, den Tod seiner Frau aufzuklären. Folglich bat Lambert den Assistant Commissioner, sich einzuschalten. Der Ministerialassistent wies ihn völlig zu Recht darauf hin, dass er das nur kann, wenn der örtliche Polizeichef ihn darum bittet – oder wenigstens nicht, ohne jede Menge böses Blut zu provozieren. Aber schließlich ließ er sich überreden, einen Kompromiss zwischen Freundschaft und beruflichem Ethos zu schließen, indem er mich inkognito herschickte. Ich bin also inoffiziell offiziell hier, und Lambert weiß als Einziger hier in der Gegend, wer ich bin und was ich mache. Auf dem Papier habe ich Urlaub, und jede Einmischung meinerseits ist einfach das Ergebnis persönlicher Neugier.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass dir in dieser Konstellation von vorneherein die Hände gebunden sind.«
»Nicht ganz. Nein, nicht ganz. Es bringt sogar gewisse Vorteile mit sich … So, nun hast du« – Bussy warf ihm einen zweifelnden Blick zu – »eine grobe Zusammenfassung der Fakten gehört. Bist du zu jener offensichtlichen Schlussfolgerung gekommen, von der ich eben sprach?«
»Ich bin zu der Schlussfolgerung gekommen, die mir offensichtlich erscheint«, antwortete Fen vorsichtig.
»Und?«
»Wenn der Erpresser auch der Giftmörder ist, aus den Gründen, die du vorgeschlagen hast …«
»Ja?«
»… und angenommen, Mrs. Lamberts Mann war verreist, sodass sie sich nur an die Polizei wenden konnte …«
»Ja, weiter.«
Mit wenigen Worten erläuterte Fen seine Gedanken – und Bussy lehnte sich mit einem inbrünstigen Seufzer der Erleichterung, der fast schon wie ein Stöhnen klang, zurück.
»Gott sei Dank«, sagte er. »Ich hatte schon begonnen, an meinem Verstand zu zweifeln. Also ist es offensichtlich, nicht wahr? – Und dennoch ist meines Wissens niemand außer mir darauf gekommen.«
»Und du bist auf nichts gestoßen, was gegen diese Theorie spräche?«
»Nein.«
Fen wirkte ungewöhnlich nachdenklich. »Das allein genügte natürlich nicht«, sagte er. »Du wirst zusätzliche Beweise brauchen.«
Bussy klopfte seine Pfeife aus, steckte sie ein und erhob sich. Der mit Krümeln übersäte Frühstückstisch glich einem Stillleben; ganze Insektenhorden hingen immer noch fröhlich tobend in der Luft darüber; ein Schatten war auf Niobes Milchmädchengesicht gewandert und schien ihre tugendhafte Besorgnis noch zu verstärken. Bussy blickte zu ihr auf und schaute dann schnell zur Seite, ganz wie ein Gentleman es tun würde, der hinter einem Felsen einem Mädchen begegnet, das sich gerade entkleidet.
»Ich habe zusätzliche Beweise«, sagte er. »Oder vielmehr erwarte ich, sie in ein bis zwei Tagen zu haben.«
Fen musterte ihn mit einem leicht melancholischen Ausdruck. »Sei vorsichtig«, riet er ihm. »Vielleicht haben deine Ermittlungen Misstrauen erregt, und ein Mensch, der einen Mord begangen hat, riskiert vermutlich auch einen zweiten. Weiß irgendjemand sonst Bescheid – über die Beweise, die du zusammenträgst?«
»Noch nicht. Für einen Bericht reicht es noch nicht aus.«
»Dann wäre ich an deiner Stelle besonders vorsichtig.«
Bussy ging zur Tür. Eine Hand an der Klinke sagte er: »Mach dir keine Sorgen. Mich wird schon niemand überraschen, das kann ich dir versichern … Übrigens sollten wir uns besser als flüchtige Bekannte ausgeben.«
Fen nickte.
»Und du wirst das, was ich dir erzählt habe, ganz sicher für dich behalten?«
»Selbstverständlich.«
»Gut.« Bussy lächelte. »Ich muss jetzt los. Ich habe alle Hände voll zu tun. Es wird mir ein Vergnügen sein, diesen
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