Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Rennen geschickt, teils, weil der Wahl keine große politische Bedeutung beigemessen wurde, wurde sie doch in jenem Jahr in einer kurzen Pause zwischen einer Reihe innenpolitischer Krisen abgehalten, und teils, weil beide Parteien – mit Blick auf das Gesamtwahlergebnis nicht zu Unrecht – von einem sicheren Sieg der Konservativen ausgingen. Fens spätes Auftauchen in der Wahlkampfarena hatte sie deswegen völlig unvorbereitet getroffen, und langsam wünschten sie, sie hätten eindrucksvollere Kandidaten als Strode oder Wither aufgestellt. Wie Captain Watkyn jedoch bemerkte, war es nun, nach Verstreichen des Nominationstages, zu spät dafür.
»Und merken Sie sich eins, alter Junge«, fügte er hinzu, »die persönliche Note wird sich als verdammt wichtig erweisen. Dort, wo politische Apathie herrscht, tut sie es immer – tatsächlich ist es das Einzige, was manche Leute überhaupt veranlasst, wählen zu gehen.«
Fen bekam weiteren Beistand aus ganz unerwarteter Richtung, nämlich vom Herausgeber der Lokalzeitung Sanford Advertiser and Peek Gazette . Fen und Captain Watkyn besuchten ihn in seiner Redaktion in Sanford Morvels High Street. Wie sich herausstellte, war dieser betagte, aber energische Mann mit dem Namen Gamage am Anfang seiner journalistischen Laufbahn von Fens Vater – einem erfahrenen, aber unberechenbaren Anwalt, der am Gerichtshof wegen seiner Verschrobenheit noch in bester Erinnerung war – in einem Prozess wegen gemeingefährlicher Verleumdung erfolgreich verteidigt worden; in Hinblick auf diesen bemerkenswerten Gefallen war er bereit, Fen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen.
»Das nenne ich wirklich eine Glückssträhne, alter Junge«, meinte Captain Watkyn, als sie die Redaktion verließen. »Aber vergessen Sie nicht, wir dürfen uns nicht zu viel davon erwarten – man soll den Tag nicht vor dem Abend loben –, aber es wird helfen, Sie im Gespräch zu halten, und das ist der halbe Sieg.« Er rieb sich vergnügt die Hände. »Ich sage Ihnen was, darauf müssen wir trinken.«
Im Großen und Ganzen war Fen zu der Ansicht gekommen, dass er mit Captain Watkyns Organisationstalent zufrieden sein konnte, zog man in Betracht, wie wenig Vorlaufzeit ihm zur Verfügung gestanden hatte. Der Hauptmangel war der anhaltende Ausfall des Lautsprecherwagens. Nach Aussage derjeniger, die mit seiner Reparatur beschäftigt waren und denen sie zur Teezeit einen Besuch abstatteten, fehlten dem Wagen zahlreiche entscheidende Einzelteile.
»Es ist ein verdammter Skandal, jawohl«, schimpfte Captain Watkyn empört. »Ich bin mir sicher, dass wir den Händler wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen verklagen könnten. Was ist denn eigentlich mit diesem komischen Kabel hier? Verdammt, jetzt habe ich einen Schlag bekommen.«
Sie verließen die Autowerkstatt, und Captain Watkyn, der es eindeutig als seine bezahlte Pflicht ansah, eine geradezu mütterliche Fürsorge an den Tag zu legen, gab Fen den Rat, sich ins »Fish Inn« zu begeben und für den Rest des Tages auszuruhen. »Wir wollen es nicht übertreiben«, sagte er. »Für die letzte Runde sollen Sie frisch und ausgeruht sein.« Fen nahm den Ratschlag bereitwillig an. Widerspenstigen Wählern auf die Pelle zu rücken verlangte einem, so viel war ihm klar geworden, die letzten nervlichen Kraftreserven ab. Gemütlich zuckelte er nach Sanford Angelorum zurück.
Kapitel 10
Der Gasthof war jedoch aus seiner nachmittäglichen Trägheit noch nicht erwacht und schien, was Unterhaltung anging, wenig vielversprechend. Für kurze Zeit strich Fen unruhig darin herum, ganz auf Zerstreuung und Gesellschaft erpicht, die ihm helfen würden, den widerlichen Nachgeschmack der künstlichen Freundlichkeit dieses Tages loszuwerden. Er begegnete jedoch nichts und niemandem, und schließlich trieb ihn ein Überschuss an körperlicher Energie wieder ins Freie. Die Sonne war schon dabei zu sinken, und ihre nun gebrochenen Strahlen schmeichelten dem Auge; wie ein schmaler, brauner Rauchstreifen standen die weit entfernten Wälder am Horizont; kreischende Schwärme unidentifizierbarer Vögel zogen über den azurblauen Himmel. Fen blieb einen Augenblick im Garten des Gasthauses stehen, um mit grimmiger Miene die Vorgänge der Natur zu betrachten. Dann begab er sich auf einen Spaziergang.
Eine Stunde war vergangen, als er wieder eintraf. Während er den hinter dem Gasthaus gelegenen Hügel erklomm, wurde er plötzlich auf Bussys hagere Gestalt aufmerksam,
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