Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Unterstützung durch Lord Sanford. Diese Theorie passte jedoch auf gar keinen Fall zu dem Bild, das Fen sich vom Charakter des jungen Mädchens gemacht hatte. Sie würde wohl lieber verhungern, überlegte er, als um Geld zu bitten, und dazu noch in diesem Zusammenhang. Nun, der Punkt war vergleichsweise unwichtig. Zweifellos würde er sich klären, sobald Jane das Bewusstsein wiedererlangt hätte.
»Wie ging es ihr, als Sie das Krankenhaus verließen?«, fragte Fen.
»Praktisch außer Lebensgefahr, soviel ich weiß.« Humbleby goss den trüben Rest aus der Kaffeekanne in seine Tasse und leerte sie schlürfend. »Man erwartet, dass sie jeden Augenblick wieder zu sich kommt. Aber selbst, wenn das geschieht, wird man uns erst nach einigen Tagen mit ihr sprechen lassen.«
»Lässt sich«, fragte Fen, »der Mordversuch an ihr auf irgendeine Weise mit dem in Verbindung bringen, was wir soeben erfahren haben?«
»Ich sehe nicht, wie«, antwortete Humbleby, »denn es gibt immer noch kein Motiv. Wenn sie die rechtmäßige Erbin der Ländereien von Sanford wäre oder irgend so ein Unsinn, dann hätte Lord Sanford allen Grund, sie aus dem Weg haben zu wollen. Das ist sie aber auf keinen Fall … Nein, ich frage mich vielmehr, was wir jetzt anfangen sollen.«
» Anfangen ?«
»Mit dem Wissen, über das wir nun verfügen.« Wolfe warf Fen einen vorwurfsvollen Blick zu, so als habe er sich dieses herausfordernde und schwierige Problem mit der Diskretion ausgedacht. »Natürlich berechtigt uns die Tatsache, dass jemand einen Anschlag auf das Mädchen verübt hat, noch lange nicht dazu, Lord Sanford eine dermaßen persönliche und heikle Nachricht zu überbringen. Andererseits hatte sie offenbar vor, es ihm schließlich selbst zu sagen, und da wäre es doch nur … nun ja, menschlich von uns, ihn zu informieren.«
»Wie wird er es aufnehmen?«, fragte Fen.
»Nach allem, was ich von ihm weiß«, sagte Wolfe, »ist er ein anständiger Kerl.«
»Dann bin ich dafür, ihm die Briefe zu zeigen.«
»Ich ebenso, inoffiziell«, fügte Humbleby hinzu.
»Ich ebenso, rein menschlich betrachtet«, entgegnete Wolfe. »Als Polizist weiß ich aber verdammt genau, dass ich nichts dergleichen tun darf. Sollte es irgendjemandem einfallen, deswegen Ärger zu machen, würde ich vermutlich versetzt werden.«
»Lord Sanford hätte allen Grund, Ihnen dankbar zu sein«, erklärte Fen, »und das Mädchen ist nicht der Typ, sich über Dinge aufzuregen, an denen sich nichts mehr ändern lässt.«
Wolfe seufzte. »Also schön. Ich werde es riskieren und auf das Beste hoffen. Ich kann jedoch nicht behaupten«, fügte er an, »dass ich mich auf diese Aufgabe freue, von den möglichen Folgen einmal ganz abgesehen.«
»Dann überlassen Sie es doch mir«, bot Fen an.
»Ihnen, Sir?« Wolfe klang skeptisch. »Ich glaube kaum, dass das hilfreich wäre – schließlich dürften Sie von Rechts wegen als Außenstehender eigentlich überhaupt nichts von der Sache wissen.«
Aber Humbleby unterstützte Fen. »Wenn diese Aufgabe erledigt werden muss«, sagte er, »dann glaube ich, dass Professor Fen mehr Feingefühl dafür besitzt als Sie oder ich, Wolfe.« Fen, der von seinem Feingefühl eine sehr hohe Meinung besaß, diese jedoch selten so spontan bestätigt fand, grunzte zustimmend und dankbar. »Ich bin darüber hinaus gewillt«, fuhr Humbleby fort, »alle Verantwortung auf meine Schultern zu nehmen, da die Konsequenzen für den Fall, dass es tatsächlich Ärger gibt, für mich weniger schlimm wären als für Sie. Schließlich geht es bei der Polizei nicht unmenschlich zu, und selbst wenn man in diesem Fall offiziell getadelt würde, bekäme man hinter den Kulissen doch Applaus … Außerdem könnten wir im schlimmsten Fall immer noch behaupten, wir hätten zwischen den Briefen und dem Mordversuch an dem Mädchen einen Zusammenhang vermutet und hätten deswegen der Spur nachgehen wollen. Denn nach allem, was wir wissen« – Humbleby grinste mit demonstrativer Gerissenheit in die Runde – »könnte dieser Zusammenhang ja wirklich existieren.«
»Also ist es abgemacht?«, fragte Fen, und sie nickten. »Gut. Ich werde mich sofort darum kümmern.« Er nahm Wolfe die Blechdose ab. »Oh, aber bevor ich gehe, müssen Sie die Geschichte vom Feldstecher des Pfarrers hören.« Er erzählte sie in aller Kürze.
»Ach, kommen Sie, Sir«, sagte Wolfe vorwurfsvoll. »Ich gebe zwar zu, dass das Ganze ein wenig merkwürdig klingt, aber ich sehe beim besten Willen
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