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Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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dem Hörer. »Frau Sonntag? Frau Sonntag!«
    »Hhhmmmphhjaaa«, versuche ich zu rufen, aber meine Zunge scheint zu groß für meinen Mund zu sein. Ein widerlicher Geschmack lässt mich angeekelt zusammenfahren.
    »Frau Sonntag? Frau Sonntag?«
    »Hmmph.«
    »Tututututut.« Im Zeitlupentempo versuche ich, mich in eine etwas bequemere Lage zu bringen, doch der Schmerz läuft vom Steißbein durch meine gesamte Wirbelsäule, um dann in meinem Kopf zu explodieren. Was ist gestern geschehen, überlege ich angestrengt. Meine Gedanken kämpfen sich einzeln durch das Watteknäuel in meinem Kopf. Habe ich in meiner Verzweiflung den Schädel gegen die Wand gehauen und mir das Rückgrad gebrochen? Das wird es sein. Der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass ich in diesem Fall ruhig liegen bleiben sollte.
     
    »Vivi? Vivi!« Ich spüre, wie jemand an meinem großen Zeh wackelt. Unwillig ziehe ich mein Bein unter die Decke zurück und stöhne bei der Bewegung auf. »Vivi, was ist los, bist du krank?« Jetzt erkenne ich die Stimme. Sie gehört Benjamin Walsenfels. Vorsichtig öffne ich ein Auge. Ich liege in meinem Hotelbett. Was macht Benjamin hier? Ächzend richte ich mich auf und blicke in das besorgte Gesicht von Frau Meier von der Rezeption, die schüchtern im Türrahmen steht.
    »Ich dachte, wir sollten besser nach Ihnen sehen«, stammelt sie. Jetzt sehe ich auch Benjamin, der ihr beruhigend zunickt:
    »Das war eine gute Idee von Ihnen. Gehen Sie nur, ich habe alles unter Kontrolle.« Während die Rezeptionistin aufatmend verschwindet, kommt er um das Bett herum auf mich zu.
    »Benjamin«, bringe ich mühsam hervor, als er strauchelt und auf den Boden zu seinen Füßen sieht. Sein Ausdruck wechselt von besorgt zu angeekelt. Ich folge seinem Blick und muss feststellen, dass seine blitzblank geputzten, schwarzen Schuhe in einer undefinierbaren, unappetitlichen Masse stehen. Und dann fällt mir siedendheiß ein, dass mir heute Nacht schlecht geworden ist. Sehr schlecht …. Auweia! Schuldbewusst linse ich zu ihm hoch, während er immer noch fassungslos auf die Bescherung sieht.
    »Also, ich nehme an, du bist krank«, schlussfolgert er, um Haltung bemüht, und versucht, seine Sohle an einem sauberen Stück Teppich zu reinigen. Dann fällt sein Blick auf das kaputte Weinglas.
    »Ich vertrage keinen Alkohol«, versuche ich ihm zu erklären und fasse mir an den schmerzenden Kopf.
    »Warum trinkst du dann welchen?«, erkundigt er sich sarkastisch. »Du liebe Güte, was ist denn bloß los mit dir, Vivi? Hast du eine ungefähre Ahnung, wie du aussiehst? Mein Großvater würde sagen: wie Braunbier mit Spucke.« Bei diesem Vergleich spüre ich, wie mir die Galle schon wieder die Speiseröhre hochschießt.
    »Bitte«, flehe ich würgend und presse mir die Hand vor den Mund. Doch Benjamin kennt kein Erbarmen:
    »Und das ausgerechnet jetzt, wo das Projekt in die heiße Phase geht. Wir haben in drei Tagen eine Präsentation. Und du sitzt auf deinem Hotelzimmer und lässt dich volllaufen. Wie kann man nur so unprofessionell sein.«
    »Ich habe mich nicht volllaufen lassen«, versuche ich mich zu verteidigen, als mir plötzlich bewusst wird, dass ich nichts als Unterwäsche trage. Beschämt versuche ich, meinen Körper zu bedecken. »Es war bloß ein Glas Wein, damit ich schlafen kann.«
    »Das konntest du offensichtlich. Es ist gleich acht.« Wirklich? Auweia.
    »Es ist … wegen meines Rückens«, stottere ich und schnappe mir den Tablettenstreifen vom Nachttisch. »Vielleicht hätte ich die nicht mit Alkohol mixen dürfen.«
    »Vermutlich nicht«, kommt es sarkastisch zurück. »Was ist, stehst du jetzt auf, oder ruhst du dich aus und lässt andere deinen Job machen?« Damit meint er wohl sich. Und meine Verspätung von gestern. Auf einmal fühle ich mich genötigt, mich bei ihm zu entschuldigen. Er hat ja recht. Ich benehme mich einfach unmöglich. Benjamin hat genau so auf die Beförderung zum Manager gehofft und hingearbeitet wie ich. Aber nicht er wurde befördert, sondern ich. Jetzt ist er mir unterstellt und muss mir trotzdem permanent den Hintern retten. Schuldbewusst sehe ich zu ihm auf.
    »Es tut mir Leid, ehrlich«, nuschele ich. »Glaub mir, unter normalen Umständen …« Die Schmerzen in meinem Körper ignorierend schlage ich die Decke zur Seite. Eine Sekunde lang saugt sich Benjamins Blick an meiner halbnackten Erscheinung fest, dann schlägt er wohlerzogen die Augen nieder, nicht, ohne mich weiter auszuschimpfen:
    »Glaubst

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