Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
Vom Netzwerk:
mir, »damit sich die Muskeln entspannen können, verstehen Sie? Sonst machen Sie durch Ihre Ausweichhaltung nur alles schlimmer.« Sie drückt mir die Pillen in die Hand. »Nehmen Sie zwei heute Abend und dann noch mal zwei morgen Früh.«
    »Na schön. Danke«, flüstere ich am Ende meiner Kraft. »Gute Nacht.« Damit humpele ich auf die beiden gläsernen Fahrstühle am Ende der Eingangshalle zu.
    »Wie immer Weckruf um sechs Uhr fünfundvierzig?«, ruft Frau Meier mir hinterher, und ich nicke dankbar.
    »Ja, bitte.«
    »Gute Nacht!« Als sich die Türen des Aufzugs lautlos öffnen, sehe ich mich Benjamin sowie Carola und Stefan, zwei weiteren Consultants aus meinem Team, gegenüber. Während die beiden anderen in Richtung Hotelbar davongehen, bleibt Benjamin kurz stehen und mustert mich besorgt von oben bis unten.
    »Du bist ja ganz grün im Gesicht. Was ist denn bloß los mit dir?«
    »Ich sag doch, der Rücken, alles bestens sonst, wirklich.« Anscheinend wirke ich nicht besonders überzeugend, denn er dringt weiter in mich:
    »Bist du sicher?«
    »Ja doch.«
    »Hm! Na schön.«
    »Gute Nacht«, versuche ich das Gespräch zu beenden, trete an ihm vorbei in den Fahrstuhl und drücke den Knopf mit der Sechs.
    »Willst du nicht noch auf einen Drink mit an die Bar kommen?«, startet Benjamin einen letzten Versuch, aber ich schüttele vehement den Kopf. So vehement, wie es mein eingebildet kranker Rücken zulässt, jedenfalls.
    »Nein, danke.«
    »Okay. Dann schlaf gut und erhol dich«, meint er achselzuckend. Ich sehe ihm hinterher, wie er aufrechten Gangs, noch immer im Anzug, aber ohne Krawatte und mit aufgeknöpftem Hemdkragen, Stefan und Carola in Richtung Hotelbar folgt, dann schließen sich die Fahrstuhltüren.
     
    Im Hotelzimmer angekommen, das mittlerweile meine zweite Heimat geworden ist, kicke ich als Erstes meine Schuhe von mir und lasse Blazer, Rock und Bluse einfach zu Boden fallen. In Unterwäsche sinke ich auf das weiche, hellblau bezogene Kingsizebett, auf dessen Kopfkissen sich wie immer ein Täfelchen Minzschokolade befindet, und lasse meinen Blick durch den modern eingerichteten Raum schweifen. Auf dem kleinen Tisch, der mit zwei Stühlen an der Fensterfront steht, leuchtet fröhlich ein roter Weihnachtsstern in seinem grünen Übertopf, auf dem Fernsehmonitor mir gegenüber lese ich die Worte »Herzlich willkommen in unserem Hause, Frau Sonntag. Wir hoffen, dass Sie sich bei uns wohlfühlen. Unter der Rufnummer 99 sind wir rund um die Uhr für Sie da.« Ich taste nach der Fernbedienung und drücke wahllos einen Knopf, zappe mich dann über diverse Gameshows, Liebesfilme und Krimiserien zum Nachrichtensender durch, von dem ich mich jeden Abend nach der Arbeit berieseln lasse. In der linken Hand habe ich noch immer den Tablettenstreifen von Frau Meier und drücke entschlossen zwei der rosa Pillen in meine Handfläche. Irgendwie ist es lächerlich, Medikamente gegen Schmerzen zu nehmen, die man sich selber eingeredet hat, aber vielleicht wird der Herzschmerz ja dadurch auch ein wenig gelindert. Simon. Plötzlich fällt mir das Atmen schwer. Mit zusammengepressten Lippen gehe ich zu der in Chrom und dunkelbraunem Holz gehaltenen Pantry-Küche und fülle ein Glas mit Leitungswasser. Nicht an Simon denken, nicht an Simon denken, bete ich wie ein Mantra vor mich hin, während ich die Tabletten an dem Kloß in meinem Hals vorbei hinunterspüle. Halb zehn. Für meine Verhältnisse ein richtig kurzer Arbeitstag. Unter normalen Umständen würde ich mir jetzt einen Salat mit Putenstreifen beim Zimmerservice bestellen und endlich mal Gelegenheit haben, in Ruhe mit Simon zu telefonieren. Leider ist mein Magen wie zugeschnürt, und ich habe die schreckliche Befürchtung, dass Simon nicht das leiseste Interesse daran hat, mit seiner Ex zu sprechen. Schon wieder spüre ich die Tränen aufsteigen, aber ich kämpfe sie zurück. Habe das Gefühl, dass ich, wenn ich jetzt anfangen würde zu weinen, nicht wieder aufhören könnte. Nie wieder. Das geht natürlich nicht. Ich habe eine Präsentation vorzubereiten. Ich muss leistungsfähig sein. Wer würde mich ernst nehmen, wenn ich heulend unsere Ergebnisse der Vorstudie zum Besten gäbe?
    Einige Minuten versuche ich, mich auf die Nachrichten zu konzentrieren, aber ich muss jetzt einfach mit irgendjemandem reden. Also schnappe ich mir mein Handy und schreibe eine SMS an meine Schwester Christiane:
    »Chrissy, kannst du mich im Hotel anrufen? Brauche jemanden zum

Weitere Kostenlose Bücher