und Benjamin? Meine Augen fliegen über den Fragebogen. Sie mag Mode, Beauty, Sport, Spiel, eigentlich ist fast alles angekreuzt. Kein Wunder, irgendwie muss sie ja ihre Zeit rumkriegen, mit einem Unternehmensberater als Mann. Irgendwie hatte Simon mit den Jahren auch immer mehr Hobbys. Klettern, Squash, Segeln, Skilaufen. Nur ich habe nie dabei mitgemacht … Ah, ihr Lieblingsgericht ist Sushi. Genau wie meins. Ob sie »Raw like Sushi« kennt, das hier in Hamburg direkt neben der Uni liegt? Ich habe den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da durchfährt mich ein Geistesblitz. Siegesgewiss öffne ich mein Outlook.
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Lydia
Hallo Benjamin, mein Mitarbeiter Lutz hat deiner Frau eben fünfunddreißig rote Rosen, Pralinen und eine Geburtstagskarte überbracht (Text: siehe Anhang). Jetzt geht er mit ihr ein Kleid für heute Abend kaufen (dein 2. Geschenk). Heute Abend wird sie mit einem Jaguar von zu Hause abgeholt, der dich dann am Flughafen einsammelt. Von dort fahrt ihr gemeinsam zum Campus (weil ihr euch an der Uni kennengelernt habt), wo euch ein romantisches Dinner (Sushi) bei Kerzenschein erwartet. (Keine Sorge, die Wettervoraussagen sind gut, kein Regen, und natürlich stehen rundherum Heizpilze, also wird es muckelig warm). Ein Geiger wird für euch aufspielen, danach bringt euch der Fahrer ins Spielkasino, wo du den ganzen Abend auf die 35 setzt. Sag ihr, dass du alles aufs Spiel setzen würdest, aber nie wieder eure Beziehung und dass du ihr versprichst, sie im nächsten Jahr nicht mehr zu vernachlässigen. Am Ende des Abends fährt euch der Fahrer nach Hause.
Noch Fragen? Call me!
Ansonsten: Viel Spaß!
Vivi
Lutz ist ziemlich sauer auf mich, als er am frühen Nachmittag von seinem Einkaufsbummel zurückkommt und ich ihm eröffne, dass er heute Abend für Benjamin und seine Frau den Chauffeur spielen soll.
»Ich bin kreativer Berater und nicht das Mädchen für alles«, regt er sich auf.
»Es tut mir Leid, ehrlich, ich würde es ja selbst machen, wenn ich könnte«, rede ich mit Engelszungen auf ihn ein, »aber erstens kennt Lydia mich und zweitens muss ich den Tisch auf dem Campus vorbereiten. Ach so, bedienen müsstest du auch noch«, füge ich kleinlaut hinzu.
»Kommt überhaupt nicht in Frage.«
»Lutz, bitte!«
»Nein.« Ich sehe in sein entschlossenes Gesicht und seufze:
»Bitte denk noch mal drüber nach, während ich einen Geiger auftreibe.« Ich will gerade zum Telefon greifen, als er mich aufhält.
»Einen Geiger kenne ich, kein Problem. Ich rufe ihn an.« Damit nimmt er mir den Hörer aus der Hand. »Hey, Paul, ich bin’s. Hast du heute Abend schon was vor?« Paul? Ist das nicht der Typ, der nur »Jo« sagen kann? »Nein? Willst du dir hundertfünfzig Euro verdienen?«
»Hat er einen Anzug«, wispere ich Lutz zu, der ungeduldig abwinkt.
»Prima. Du musst nur ein Stündchen Geige spielen.«
»Hat er einen Anzug«, wiederhole ich dringlicher, und ein böser Blick trifft mich.
»Natürlich hat er einen Anzug«, sagt er laut und deutlich, und ich schäme mich ein bisschen
»Schon gut«, murmele ich. Nachdem Lutz aufgelegt hat, verlege ich mich aufs Betteln. »Bitte, bitte, es ist doch nur für heute«, aber es wäre leichter, einen Stein zum Erweichen zu bringen.
»Wie sieht denn das aus, wenn ich Blumenlieferant, Einkaufsberater, Chauffeur und Kellner bin? Da muss sie den Braten doch riechen, dass es sich um irgendeine Organisation handelt und dass der gute Benjamin rein gar nichts damit zu tun hat, außer, dass er den ganzen Spaß bezahlt.« Erschrocken sehe ich ihn an. Da hat er Recht.
»Aber wie soll ich innerhalb von«, ich werfe einen Blick auf die Uhr, »fünf Stunden einen Chauffeur und einen Kellner auftreiben?«, frage ich so verzweifelt, dass Lutz mir nun doch beruhigend die Hand auf die Schulter legt.
»Na gut, den Fahrer spiele ich, warte einen Moment.«
»Wo willst du hin«, rufe ich ihm hinterher, aber da klingelt gerade das Telefon, und ich muss abheben.
Zufrieden lege ich zehn Minuten später den Hörer wieder auf. Ein neuer Kunde ist akquiriert, und auch er hat gleich das Premium-Paket bestellt. In diesem Moment höre ich Schritte hinter mir und stoße einen erschrockenen Schrei aus, als ein fremder Mann mit pechschwarzem, zerzausten Haar im Türrahmen erscheint. Er mustert mich mit seinen funkelnden, dunklen Augen, die tief unter den buschigen Brauen liegen. Seine breiten