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Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Hawkins.
    »Das ist gut«, sagte ich.
    »Keine Zähne«, sagte Hawkins.
    »Das ist schlecht«, sagte ich.
    »Kein Schädel.«
    »Nö«, stimmte ich zu.
    Nachdem ich mir meine schützenden Accessoires, abgesehen von der Schutzbrille, übergestreift hatte, öffnete ich den obersten Sack und leerte ihn auf den Tisch.
    »O Mann. Sieht aus wie ein Volltreffer.«
    Insgesamt lagen vor uns acht halb entfleischte Hände und Füße, alle abgetrennt. Ich legte sie in eine Plastikschüssel und bat um Röntgenaufnahmen. Hawkins trug sie kopfschüttelnd davon und wiederholte dabei seinen Kommentar.
    »O Mann.«
    Langsam breitete ich die restlichen Knochen aus, so gut ich konnte. Einige waren frei von Bindegewebe. Andere wurden von ledrigen Sehnen und Muskeln zusammengehalten. Wieder andere ließen noch Überreste verwesenden Fleisches erkennen.
    Irgendwann im späten Miozän, vor etwa sieben Millionen Jahren, begann eine Linie von Primaten, mit dem aufrechten Gang zu experimentieren. Die Veränderung der Fortbewegungsart erforderte einige anatomische Anpassungen, doch schon nach wenigen Epochen waren die meisten Fehler ausgebügelt. Im Pliozän, vor etwa zwei Millionen Jahren, liefen Hominiden herum, die nur noch auf die Erfindung der Birkenstock-Schuhe warteten.
    Die Entwicklung zur Zweifüßigkeit hatte natürlich auch ihre Nachteile. Rückenschmerzen. Erschwertes Gebären. Den Verlust des greiffähigen großen Zehs. Aber alles in allem klappte die Anpassung an den aufrechten Gang erstaunlich gut. Als der Homo erectus die Landschaft auf der Suche nach Mammuts durchstreifte, vor ungefähr einer Million Jahren, hatten unsere Vorfahren eine S-förmige Wirbelsäule, ein kurzes, breites Becken und einen Kopf, der direkt oben auf dem Hals saß.
    Die Knochen, die ich untersuchte, entsprachen nicht dieser Beschreibung. Die Hüftpfannen waren schmal und gerade, die Wirbel waren kräftig, mit langen, nach unten gebogenen Fortsätzen. Die Knochen der Gliedmaßen waren kurz, dick und auf eine Art geformt, die man bei Menschen nicht findet.
    Ich seufzte erleichtert auf.
    Die Opfer in dem Sack waren auf allen vieren gelaufen.
    Oft erweisen sich Knochen, die mir als »verdächtig« vorgelegt werden, als solche von Tieren. Einige sind von Samstagabend übrig geblieben. Kalb. Schwein. Lamm. Truthahn. Andere von der letztjährigen Jagdsaison. Hirsch. Elch. Ente. Wieder andere stammen von Farm- oder Haustieren. Felix. Rover. Bessie.
    Boyds Fund ließ sich in keine dieser Kategorien einteilen. Aber ich hatte so eine Ahnung.
    Ich begann damit, die Knochen zu sortieren. Rechte Oberarmknochen. Linke Oberarmknochen. Rechte Schienbeine. Linke Schienbeine. Ich war fast fertig, als Hawkins mit den Röntgenaufnahmen zurückkam.
    Ein flüchtiger Blick bestätigte meine Vermutung.
    Obwohl die »Hände« und »Füße« verblüffende Ähnlichkeit mit denen eines Menschen hatten, waren skelettale Abweichungen doch deutlich zu erkennen. Verschmolzene Kahnbeine und Mondbeine in den Händen. Tief gefurchte Enden der Mittelfuß- und Zehenknochen. Von der Innen- zur Außenseite zunehmende Länge der Finger- und Zehenknochen.
    Ich sprach das letzte Merkmal an.
    »In einem menschlichen Fuß ist der zweite Mittelfußknochen der längste. In einer menschlichen Hand ist es der zweite oder dritte Mittelhandknochen. Bei Bären ist in beiden der vierte der längste.«
    »Sieht aus, als wäre das Vieh seitenverkehrt.«
    Ich deutete auf Überreste von Bindegewebe an den Sohlen der Füße.
    »Ein menschlicher Fuß wäre gewölbter.«
    »Also, was ist es, Doc?«
    »Bär.«
    »Bär?«
    »Bären, sollte ich wohl sagen. Ich habe hier mindestens drei linke Oberschenkelknochen. Es müssen also mindestens drei Tiere sein.«
    »Wo sind die Klauen?«
    »Keine Klauen, keine distalen Finger- und Zehenglieder, kein Fell. Das heißt, die Bären wurden gehäutet.«
    Hawkins dachte einen Augenblick darüber nach.
    »Und die Köpfe?«
    »Da kann ich auch nur raten.«
    Ich schaltete den Lichtkasten aus und kehrte zum Autopsietisch zurück.
    »Ist die Bärenjagd in diesem Staat legal?«, fragte Hawkins.
    Ich sah ihn über meine Maske hinweg an.
    »Auch da kann ich nur raten.«
    Es dauerte einige Stunden, den Inhalt des ersten Sacks zu sortieren, zu inventarisieren und zu fotografieren.
    Schlussfolgerung: Sack eins enthält die partiellen Überreste von drei Ursus americanus. Schwarzbär. Verifikation der Artbestimmung anhand von Gilberts Mammalian Osteology und Olsens Mammal Remains from

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